Psychowissenschaftliche Grenzgebiete
 
Thema: Der Verkehr mit der Geisterwelt Gottes
Der Geisterverkehr im nachapostolischen Zeitalter und in der jetzigen Zeit (1)
   


 
3. 0 Der Geisterverkehr im nachapostolischen Zeitalter und in der jetzigen Zeit

3. 1 Vorbemerkung (von Pfarrer Johannes Greber)

 

Nachdem mir die im zweiten Teil dieses Buches niedergelegten Belehrungen über die Gesetze des Geisterverkehrs sowie über die Geisterkundgebungen in der Bibel erteilt worden waren, blieb es mir überlassen, den sonstigen Geisterverkehr in der Geschichte der Menschheit selbst zu studieren und mit dem zu vergleichen, was ich durch die Geisterwelt erfahren hatte.

Es wurde mir nahegelegt, vor allem das zu prüfen, was in den heutigen spiritistischen und spiritualistischen Sitzungen vor sich geht und was die heutige Wissenschaft über "Medien" und ihre Kundgebungen berichtet.

Gern hätte ich auch aus der Vergangenheit die Berichte der alten Schriftsteller, sowohl der heidnischen als auch der christlichen, einer Prüfung unterzogen, soweit sie etwas über einen Verkehr mit der Geisterwelt enthielten. Dazu hätte ich die Werke der alten griechischen und römischen Philosophen, Dichter und Geschichtsschreiber studieren müssen. Ich hätte alle Werke der Kirchenväter und kirchlichen Schriftsteller der nachapostolischen Zeit bis tief ins Mittelalter hinein und die Werke der Mystiker durcharbeiten müssen. Auch die zahllosen Berichte über das Leben und Wirken der katholischen Heiligen konnte ich dabei nicht außer acht lassen, wenn meine Arbeit Anspruch auf Vollständigkeit machen wollte. Ferner hätte ich dann das unübersehbare Material sichten müssen, das der heutige "Okkultismus" in Büchern und Zeitschriften niedergelegt hat.

Auf den ersten Blick mußte ich einsehen, daß eine solche Arbeit ein ganzes Menschenleben beansprucht hätte.

So entschloß ich mich denn, nur drei Kapitel als Ergänzung diesem Buche beizufügen.

In ihnen wollte ich von mir aus in kurzen Zusammenstellungen zeigen, daß der Geisterverkehr in der nachapostolischen Zeit eine allgemein bekannte und anerkannte Tatsache war und daß er sich auch in der jetzigen Zeit vollzieht, wenn er auch von der heutigen Menschheit noch nicht anerkannt wird, und zwar nach denselben Gesetzen sich vollzieht, die in diesem Buche geschildert sind und in allen Zeiten dieselben waren und für alle Zukunft dieselben bleiben werden.
 
 

So entstanden die folgenden Kapitel:

 

 

3. 2 Der Geisterverkehr in der nachapostolischen Zeit (-1-)
 

 

Kommt einmal etwas vor, von dem man sagen möchte: "Siehe, das ist etwas Neues", so ist es doch längst dagewesen in den Zeiträumen, die hinter uns liegen.

Prediger 1, 10


Zwischen der Welt des Heidentums, in die das Christentum eintrat, und dem Christentum entspann sich ein gewaltiger Kampf. Bei diesem Kampfe auf Leben und Tod war es die allgemeine Überzeugung der Christen der nachapostolischen Zeit, daß die bösen Geistermächte die wirklichen Beherrscher des ganzen Heidentums waren und daß die weltlichen Machthaber und ihre Untertanen nur die menschlichen Werkzeuge jener bösen Mächte bildeten. Die Hölle sah ihre bisherige Herrschaft über die Menschheit durch die Geisterwelt des Guten bedroht, die sich im Christentum kundgab.

Hier gab es einen Kampf mit einem höheren Herrn als dem Kaiser in Rom, mit stärkeren Gewalten als seinen Statthaltern und Beamten. Die Macht dieser Gewalten war schon da, als noch kein Römisches Reich existierte. Sie erstreckte sich auch in die dunklen Provinzen des Reiches, wo römische Verwaltung nur zum Schein bestand. Sie reichte hinein in die Menschenherzen und ihre Gedanken, die keiner Verwaltung unterstehen.

Weinel S. 2 u 3: "Das Leben des Staates wie der Einzelnen war voll von Beziehungen zu dieser jenseitigen Welt der Geister, welche die Heiden Götter, Heroen oder Dämonen nannten. Das Leben des Staates spielte sich unter ihrem Schutze ab. Ein großer Teil öffentlichen gemeinsamen Handelns mit Opfern und Festen galt ihrer Verehrung."

Wenn die Götzenbilder auch äußerlich tot waren, so war man überzeugt, daß hinter jenen Statuen von Stein und Holz wirkliche Geistwesen lebten, die sich kundgaben. Von ihnen sagte der Christ und Märtyrer Justin:

"Jene Bilder tragen Gestalt und Namen der erschienenen schlechten Dämonen."

Diesen Dämonen galt die Verehrung der Heiden.

Justin 1.5, 2: "In alten Zeiten sind die Dämonen (in menschlichen Medien) erschienen und haben mit Frauen Ehebruch getrieben und Knaben geschändet und den Menschen Schreckbilder gezeigt, so daß diejenigen erschraken, welche diese Vorgänge nicht verstanden; sie nannten sie Götter und gaben ihnen den Namen, den sich ein jeder Dämon beilegte. Sie taten es von der Furcht getrieben, weil sie nicht wußten, daß es böse Dämonen waren."

Aber nicht bloß in der Vergangenheit waren die bösen Geister wirksam, sondern die Christen der ersten Jahrhunderte sahen täglich die Kundgebungen dieser Geister mit eigenen Augen.

Da waren zunächst mancherlei Krankheiten, bei denen ein anderer Geist als der des Kranken aus den Leidenden sprach und handelte. Der Wahnsinnige hatte einen Dämonen in sich. Der Hysterische und Epileptische war besessen. Das war allgemeiner Volksglaube bei Juden, Heiden und Christen.

Diese unsichtbaren Geistwesen sprachen auch aus menschlichen Medien. Der Christ Tatian schildert ein weibliches Medium des Apollo mit folgenden Worten:

19. p. 86: "Nachdem sie Wasser getrunken hat, gerät sie in Raserei, und durch Weihrauch kommt sie von Sinnen, und du meinst, sie sage wahr."

Das Rasen der Baalpriester nach den Berichten der Bibel, die rasenden Bewegungen der Bacchantinnen bei den Götzenfesten der Römer und Griechen, die tanzenden Derwische unserer Zeit sowie die große Zahl ähnlicher Erscheinungen bei den heutigen Medien sind auf die Einwirkung böser Geistwesen zurückzuführen.

Jene Geistwesen konnten auch von den Hellsehern der damaligen Zeiten geschaut werden. Menschen, welche die Gabe des Hellsehens oder andere mediale Fähigkeiten besaßen, durch die sie mit der Geisterwelt in Verbindung treten konnten, nannte man damals "Pneumatiker". Dieses Wort ist abgeleitet von dem griechischen Wort "Pneuma", das "Geist" bedeutet. In der heutigen Zeit, die nichts mehr von den Gesetzen des Geisterverkehrs kennt, deutet man das Wort "Pneumatiker" als "Geistbegabten" und erweckt dadurch die Meinung, als sei der eigene Geist jener Menschen die Ursache wunderbarer Wirkungen. In Wirklichkeit waren jedoch die "Pneumatiker" entweder vollständige Medien oder Menschen mit einer medialen Veranlagung oder solche, die mit der Gabe des Hellsehens und Hellhörens ausgestattet waren. Also, nicht bloß jene waren "Pneumatiker", die mit der guten Geisterwelt Berührung hatten, sondern auch diejenigen, welche mit den bösen Geistwesen in Verbindung standen. Die Gesetze, nach denen sich diese Verbindung vollzog, waren ja in beiden Fällen dieselben.

Or. 15 p. 70: "Die Dämonen werden auch den Menschen sichtbar, indem sie sich ihnen zeigen, damit man glauben soll, sie seien etwas Rechtes". – "Leicht und oft werden ihre luft- und feuerartigen Körper allerdings nur von den 'Pneumatikern' gesehen; aber die Tatsache, daß man sie sieht, und häufig sieht, steht fest", sagt Tatian."

Die hier erwähnten luftartigen und feuerartigen Körper der Dämonen sind die Odkörper. Alle Geister besitzen sie. Nur ist ihr Aussehen bei den einzelnen Geistwesen verschieden, je nach der Sphäre, in der sich der Geist befindet.

Auch redeten die Götzenbilder selbst und wirkten Wunder. Das konnten auch die Christen nicht leugnen, da diese Tatsache allgemein bekannt war. Gerade hieraus leiteten die Heiden ihre Überzeugung ab, daß die Götzen, die sie verehrten, lebendige Geistwesen waren, die über eine große Kraft verfügten. Sie sagen:

"Aus welchem Grunde vollbringen einige Bilder Wunderwirkungen, wenn es nicht Götter sind, für die wir Bildsäulen errichten? Es ist doch nicht wahrscheinlich, daß die leblosen unbeweglichen Bilder selbst Kraft entwickeln können, ohne daß sie einer bewegt?"

Der Christ Athenagoras entgegnet:

Athenagoras leg. 23 p. 116: "Daß in einzelnen Plätzen und Städten und Völkern im Namen der Bilder Wunderwirkungen geschehen, leugnen auch wir Christen nicht. Nur halten wir sie nicht für Götter".

Von einer Bildsäule eines gewissen Neryllinus in Troas erzählt er:

"Man glaubt, daß sie wahrsage und Kranke heile. Die Einwohner von Troas opfern ihr daher und schmücken sie mit Gold und bekränzen sie. Ebenso soll in Parion von den Bildsäulen des Alexander und des Proteus die eine weissagen; der anderen aber, der des Alexander, feiert man auf Staatskosten Opfer und Feste wie einem Gott, der erhören kann."

Athenagoras leugnet diese Wirkungen nicht. Nur sagt er, daß diejenigen, die sie vollbringen, böse Geister seien.

Weinel, S. 12: "So erlebte und erfuhr man die Wirkungen und in ihnen den Beweis für die Existenz einer geheimnisvollen Welt geistiger Wesen hinter den Dingen dieser Welt – geistiger Wesen, die mächtiger, wissender, aber auch ruchloser waren als die Menschen. Hinter und über dem Römischen Reich erhob sich das Reich dessen, welcher der wahre Herr der Welt war, der Zeus, der Teufel. Und gerade in diesem Römerreich, dessen führende Kreise dem Christentum so heftigen Widerstand entgegensetzten, schien jenes Geisterreich sich sein mächtigstes Bollwerk geschaffen zu haben."

Mit Entsetzen erfuhren die Christen am eigenen Leibe die Wirkung des unsichtbaren Machthabers der Welt und seiner Werkzeuge.

Und was war der Zweck des Teufels und seiner Dämonen mit all seinem Anstürmen gegen die Christen? Er wollte sie fortlocken von Gott in den Irrtum der Vielgötterei. Er wollte sie fortschleudern von ihrem geistigen Leben und in den geistigen Tod stürzen.

Justin 1, 58: "Denn nichts anderes erstreben die sogenannten Dämonen, als die Menschen wegzuführen von ihrem Gott und Schöpfer und seinem Erstgeborenen, dem Christus. Und die, welche sich über das Irdische nicht zu erheben vermochten, haben sie an irdische, von Menschen gemachte Dinge gebunden (Bildsäulen) und tun es noch."

Justin 1, 56: "Die Dämonen haben dies dadurch erreicht, daß sie durch Erfindung von Mythen und Mysterien den Heilsplan Gottes mit der Menschheit nachgeäfft haben. Sie haben denen, die nach Gottesgemeinschaft trachteten, durch ihre Gebilde einen angenehmen, aber seelenverderbenden Ersatz der wahren Offenbarung geschaffen."

Die bei den Götzenfesten durch die Götzenbilder redenden bösen Geister erzeugten die für menschliche Ohren vernehmbare Stimme dadurch, daß sie das ihnen zur Verfügung stehende Od zur Bildung der sogenannten "direkten Stimme" verwendeten. Es war in der Tat eine Nachahmung des Sprechens Gottes durch die Odwolke über der Bundeslade im Offenbarungszelt. Denn dies erfolgte ebenfalls als "direkte Stimme", wie es in meinen früheren Darlegungen ausführlich klargelegt ist. Und wie bei dem Sprechen Gottes die erforderliche Odwolke durch das Od des Opferblutes und die Räucherungen beschafft wurde, so war auch das Blut der heidnischen Götzenopfer und die dabei vorgenommene Räucherung die Odquelle für die "direkten Stimmen" der bösen Geister.

Weinel, S. 24: "Bei der großen Gefahr, die den Christen ständig durch den Teufel und seinem Heer drohte, war die Furcht vor diesen finsteren Mächten weit verbreitet. Es waren nicht Schatten und Phantasiegebilde, um die es sich handelte, wie es den meisten modernen Menschen erscheint, auch nicht mit Zähigkeit festgehaltene, unbewiesene Glaubenssätze, wie sie die heute lebenden Christen in ihren Religionen haben, sondern die bösen Geister waren erlebte, täglich sich kundgebende Gewalten, welche auf Schritt und Tritt geheimnisvoll, aber machtvoll wirkend ins Leben eingriffen".

Weinel, S. 24 u. 25: "Wir müssen uns einen Christen vorstellen, wie ihn in dem Hause, in dem er lebt, die Laren und Penaten (Bilder der Götzen) von den Wänden anstarren; wie auf den Straßen und Plätzen die Bilder ihm zu drohen scheinen; wie er an den Tempeln vorübergeht, wo in dem dunklen Haus hinter den hellen Säulenreihen die geheimnisvollen Gewalten ihr Wesen treiben, Scharen von Menschen zu sich ziehend. Unter diesen Bildern gab es viele, deren scheußliche Gestalt mit ihrer wundersam grotesken Mischung von Menschen- und Tierleibern abstieß und doch denjenigen mit Grausen erfüllte, der hinter ihnen eine persönliche Geistermacht lebendig und wirksam wußte. Weit gefährlicher aber waren die Dämonen, wenn sie dem zart schimmernden Marmor Leben einhauchten, wenn die schönheitsfrohen Glieder der griechischen Götter und Göttinnen der sinnverlockende Zauber wurden, durch den die Teufel die Menschen knechteten. Der Christ erkannte mit Entsetzen, daß all diese lebensvolle Schönheit Gott gestohlen war, um sie zur Sünde zu gebrauchen; daß alle Majestät, welche die Göttergestalten umfloß, ein Raub an Gottes Herrlichkeit und an seiner Herrschaft über die Menschenherzen war.

Und wenn der Christ dann bei Familienfeiern, bei den Festen der Stadt und der Provinz voll Grauen die ungeheure Macht des Abfalls von Gott erfuhr; wenn er sah, wie bei solchen Festen die schlimmsten Schandtaten der Dämonen und Heroen auf der Bühne sich abspielten, wie die Leidenschaften der Menschen und Götter Habgier, Haß, Rachgier und Sinnenliebe, und was ihnen folgt: Krieg, Mord und Ehebruch, vor den Augen von alt und jung, der Reifen wie der Unreifen, in verführerischem Zauber sich entfalteten: Dann zog ein Schauer der Verachtung und des Hasses gegen diejenigen durch sein Herz, welche die Seelen der Menschen durch ihre Gaukeleien und Schreckbilder von dem wahren Gott und seiner ewigen Güte und Reinheit weggelockt hatten.

Glücklich der Christ, der nur diese Empfindungen kannte. Aber wenn sich die Schönheit der Bilder und der Menschen, wenn sich der Sinnenreiz der Schauspiele ihm ins Herz schlich, wenn bei den Kämpfen der Gladiatoren die im Menschen schlummernde Blutgier auch in ihm erwachte, dann hörte er mit Schrecken und Entsetzen dieselben finsteren Mächte aus den Regungen seines eigenen Trieblebens bald in süßem Schmeicheln, bald in wildem Locken zu sich reden. Er glaubte sie nicht bloß zu hören. Je mehr er auf sich achtete, je mehr er sich versenkte in das Erleben der Geisterwelt, je mehr er ein ‘Pneumatiker‘ wurde, desto klarer und öfter hörte er diese Stimmen, ja er sah die Gestalten der bösen Geister leiblich und erlebte körperlich ihre peinigende Gegenwart.

Und blieb er seinem Gotte treu, so wartete auf ihn vielleicht das Schlimmste. In einer Zeit der Verfolgung entfalteten Satan und seine Geister ihre höchste Macht. Mit Abscheu und bangem Entsetzen erfuhr er dann die Grausamkeit dieser wildgewaltigen Feinde an den Qualen seiner Freunde, oder er erlebte sie in den peinigenden Schmerzen, die seinen eigenen gefolterten Leib zerrissen."

Was für eine Kraft war es nun, welche die Christen befähigte, die bösen Geistermächte zu überwinden? Die Christen selbst antworten uns: Es ist ein Heiliger Geist, ein Geist Gottes, der sie wirkt. Die Geister Gottes kamen zu ihnen in derselben Weise, wie sie zu den ersten christlichen Gemeinden kamen. So sagt Justin von den Christen seiner Zeit:

Justin, Dial. 39 p. 132: "Sie empfangen Gaben, ein jeder nach Würdigung, erleuchtet durch den Namen dieses Christus. Denn der eine empfängt einen Geist der Einsicht, der andere einen Geist des Rates, der andere einen der Kraft, der andere einen Geist der Heilung, der andere einen Geist des Vorherwissens, dieser einen Geist der Lehre, jener einen Geist der Furcht Gottes".

Justin, Dial. 88 p. 318: "Bei uns kann man Frauen und Männer sehen, welche Gnadengaben von einem Geist Gottes haben".

In seinem Gespräch mit dem Juden Tryphon sagt Justin:

Justin, Dial. 82 p. 296: "Bei uns sind noch bis jetzt prophetische Gaben vorhanden, woraus ihr erkennen könnt, daß das, was vor alten Zeiten in eurem Geschlecht war, jetzt zu uns kam. Und wie auch falsche Propheten zu der Zeit lebten, da die heiligen Propheten bei euch auftraten, so gibt es auch jetzt bei uns falsche Lehrer."

Gegen diejenigen, welche die Kundgebungen der Geister Gottes aus der Religion verweisen wollten, tritt Irenaeus auf. Er spricht den Standpunkt der ganzen christlichen Kirche der damaligen Zeit aus, wenn er gegen die Religionsgemeinschaft der Aloger sagt:

"Sie machen die Gabe des Geistes zunichte, welche in der Endzeit nach dem Willen des Vaters über das ganze Menschengeschlecht ausgegossen ist. Sie wollen jene Form des Evangeliums nicht zulassen, welche im Johannes-Evangelium dargestellt ist, wo der Herr versprochen hat, die Geisterwelt zu senden. Und sie verwerfen sowohl das Evangelium als auch den prophetischen Geist".

Wenn Irenaeus den Ausdruck "Endzeit" gebraucht, so meinten die Christen damit die Zeit vom Erscheinen Christi an bis zum Weltende.

Unter "prophetischem Geist" verstanden die Christen einen Geist, der durch ein menschliches Medium die Wahrheiten Gottes verkündete, wie dies in den ersten christlichen Gemeinden der Fall war.

Nach dem altchristlichen Grundsatz konnte man die Wahrheit nur dort lernen, wo Geister Gottes sich kundgaben. Dieser Grundsatz wurde in die Formel gekleidet: "Wo die Gnadengaben Gottes bestehen, dort muß man die Wahrheit lernen."

Da die Verbindung mit der guten Geisterwelt unter denselben Gesetzen und Vorbedingungen sich vollzog und noch vollzieht, wie die mit den bösen Geistern, so sind die Kundgebungen beider Geisterwelten äußerlich gleichartig.

Nur aus dem Inhalt der Kundgebungen und dem Benehmen der Geistwesen in den menschlichen Medien kann man erkennen, ob sie von guten oder bösen, hohen oder niederen Geistwesen stammen.

Aber die Kundgebungen selbst betrachtete damals sowohl der Jude als auch der Heide und der Christ, der katholische Christ sowohl als auch der nichtkatholische, in gleicher Weise als Wirkungen unsichtbarer Geistwesen.

Weinel, S. 64: "Erblickt ein Christ in einer Vision einen Engel oder einen Dämon, Christus oder den Teufel, hat ein Heide oder ein Gnostiker eine Vision, so ist nicht, wie für manche moderne Theologen, bei einem Juden Selbsttäuschung, was bei einem Christen wahres Erleben ist, sondern in jedem der angegebenen Fälle sind für jene Zeit übermenschliche, unsichtbare Geistwesen in Erscheinung getreten. Und das Erlebnis kann sich jedesmal ganz in der gleichen Form abspielen."

Weinel; S. 64: "Die Wirkungen des Heiligen Geistes und der Dämonen sind aber nicht nur im allgemeinen gleichartige Vorgänge, sondern derselbe Vorgang kann bald als Wirkung des guten, bald als Wirkung des bösen Geists beurteilt werden, je nach dem dogmatischen Standpunkt (Glaubensstandpunkt) des Verfassers. Was der Gnostiker (eine christliche Sekte) für gute, heilige Geistwirkung hält, beurteilt der katholische Christ als Blendwerk der Dämonen und umgekehrt."

Weinel, S. 65: "Wo die pneumatischen Vorgänge auf demselben seelisch-leiblichen Gebiet auftreten, ist es höchst auffallend, wie gleichartig sie in allen Jahrhunderten gewesen sind. Der mittelalterliche mönchische Mystiker, der Quäker im protestantischen England, der hugenottische Inspirierte, der Wunderarzt des 19. Jahrhunderts, erlebt und tut dann ganz dasselbe wie die Pneumatiker der werdenden Kirche."

Weinel, S. 67: "Innerhalb des Gebietes der pneumatischen (medialen) Erscheinungen gibt es nach christlicher Überzeugung keine neutrale Wirkung. Der Geist, welcher wirkt, ist entweder ein böser oder ein guter."

Die Art und Weise, wie die Geister in den nachapostolischen Zeiten sich kundgaben, ist dieselbe, wie sie in den früheren Kapiteln dieses Buches über die Medien dargelegt wurde.

Die Geister bedienten sich der Medien zum Sprechen. Es gab sowohl "Teiltrancemedien", bei denen der eigene Geist alles hört, was das fremde Geistwesen durch das Medium spricht, als auch "Tieftrancemedien", bei denen ein anderer Geist redete, während das Medium selbst in vollständig bewußtlosem Zustand sich befand. Ein Medium, das in Teiltrance sprach, schildert seinen eigenen Zustand mit folgenden Worten:

Weinel, S. 77 u. 78: "Stets empfand ich dabei eine außerordentliche Erhebung zu Gott, bei welchem ich daher beteuere, daß ich weder durch irgend jemand bestochen oder verleitet, noch durch eine weltliche Rücksicht bewogen bin, durchaus keine anderen Worte als solche zu sprechen, welche der Geist oder der Engel Gottes selbst bildet, indem er sich meiner Organe bedient. Ihm allein überlasse ich daher in meinen Ekstasen die Lenkung meiner Zunge, indem ich mich nur bestrebe, meinen Geist auf Gott zu richten und die Worte zu merken, welche mein Mund ausspricht. Ich weiß, daß alsdann eine höhere und andere Macht durch mit spricht. Ich denke darüber nicht nach und weiß vorher nicht, was ich reden werde. Meine Worte kommen mir daher wie die Rede eines anderen vor, aber sie lassen einen tiefen Eindruck in meinem Geist zurück."

Oft auch betet ein Geist unter Benutzung eines Mediums in Teiltrance.

Ein Beispiel des "Betens im Geist" berichtet höchst anschaulich das Martyrium des Polykarp. Hier ist auch das große Ergriffensein treffend geschildert. Polykarp begibt sich aus dem Obergemach des Hauses, wohin man ihn geflüchtet hatte, zu der Truppenabteilung hinunter, befiehlt, den Soldaten zu essen vorzusetzen, und bittet sie dann um eine Stunde Verzug für ein ungestörtes Gebet.

"Als sie es ihm gestatteten, trat er hin und betete, voll der Gnade Gottes (im Geiste) so sehr, daß er zwei Stunden lang nicht schweigen konnte und alle Zuhörer erschraken, viele es aber bereuten, daß sie gekommen waren zu einem solch gottbegnadeten Greis, um ihn festzunehmen."

Er konnte nicht schweigen. Denn nicht er selbst redete, sondern etwas anderes sprach aus ihm und ließ ihn nicht zum Schweigen kommen. Dabei vernimmt er nichts von dem, was um ihn vorgeht. Er ist unempfindlich gegen die Müdigkeit, die dem alten Manne doch sonst das Stehen unmöglich gemacht hätte. Alle Anwesenden sahen, daß Polykarp nicht selbst sprach, sondern daß ein anderer aus ihm redete. Eine solche Wahrnehmung hat für den Zuschauer immer etwas Schreckhaftes, wie überhaupt in allen Fällen, wo die jenseitige Geisterwelt mit Menschen in sinnlich wahrnehmbarer Weise in Berührung kommt, vor allem, wenn es das erstemal ist, wo der Mensch so etwas erlebt.

Weinel, S. 83: "Solch ein Beter, wie Polykarp, war ohne Zweifel der schwäbische Pfarrer Blumhardt, bei dessen Gebet die Kranken die Geister der Krankheit von sich weichen fühlten."

Das Stadium der "Tieftrance" oder der eigentlichen "Ekstase" war sehr oft bei den Medien der Montanisten vorhanden. Von Montanus erzählt sein Gegner Eusebius, es sei ihm berichtet worden:

"Montanus, ein Neugetaufter, habe, von unmäßigem Ehrgeiz getrieben, dem bösen Feind Einlaß in sein Inneres gewährt. Er sei von einem Geist erfüllt worden und habe plötzlich, in Besessenheit und Ekstase geraten, in einem Erregungszustand zu reden und fremdartige Worte auszustoßen begonnen. Auch zwei von ihm erweckte Frauen hätten gesprochen 'in bewußtlosem Zustande und ganz plötzlich und fremdartig, ähnlich wie Montanus, von demselben bösen Geist erfüllt'".

Der Geist, der aus Montanus redet, erklärt diesen medialen Zustand mit folgenden Worten:

"Siehe, der Mensch ist wie eine Lyra (Musikinstrument), und ich fliege hinzu wie ein Plektrum (durch das auf das Musikinstrument geschlagen wurde)".

Damit gibt dieser Geist in der richtigen Weise das Verhältnis an, in dem der Geist, der aus einem Medium spricht, zu dem Medium steht. Das Medium ist bloß Werkzeug in der Hand des Geistes. Es ist das Klavier und der fremde Geist ist der Klavierspieler. So ist es bei allen echten Medien ohne Ausnahme.

Das abfällige Urteil, das bei Eusebius über die Geistwirkungen in der montanistischen Religionsgemeinschaft, die doch auch eine christliche war, in den oben angeführten Sätzen gefällt wird, ist das Urteil eines religiösen Gegners.

Bekanntlich sind Religionskämpfe stets die erbittertsten, bei denen die Gegner von den Waffen der Lüge und der Verleumdung und der Entstellung der Wahrheit zu allen Zeiten den ausgiebigsten Gebrauch gemacht haben.

Daß bei den Montanisten die Geisterkundgebungen nicht von der Art gewesen sein können, wie die katholischen Gegner sie hinstellen, geht schon allein aus der Tatsache hervor, daß Tertullian, der gelehrteste und ernsteste Kirchenlehrer der damaligen Zeit, aus der katholischen Religionsgemeinschaft zu der montanistischen übergetreten ist. Wer die Werke dieses Kirchenlehrers kennt, dem ist es ohne weiteres klar, daß die bei den Montanisten zutage getretenen Geistwirkungen etwas Ernstes und Heiliges gewesen sein müssen, sonst hätte sich dieser Mann ihnen nicht angeschlossen.

Da die Geistwirkungen bei den Montanisten unter den Christen sehr viel Aufsehen erregten und der bisherigen christlichen Religionsgemeinschaft, die man die katholische nannte, dadurch großen Abbruch taten, stellte man plötzlich von seiten der damaligen katholischen Kirchenleiter den Grundsatz auf, daß ein wahres Werkzeug Gottes nicht in der Ekstase, also nicht in Tieftrance spreche. Und doch war es allgemein bekannt, daß zu allen Zeiten zahlreiche Menschen als Werkzeuge Gottes in Ekstase gesprochen hatten. So sagt der katholische Athenagoras aus derselben Zeit:

Athenag. leg. 9 p. 42: "Die Propheten haben in der Bewußtlosigkeit der Ekstase, indem sie ein göttlicher Geist in Tätigkeit versetzte, das ausgesprochen, was ihnen eingeflößt wurde, wobei sie ein heiliger Geist benutzte, wie ein Flötenspieler seine Flöte bläst".

Und an einer anderen Stelle sagt er, der Geist habe die "Sprachorgane der Propheten wie Instrumente in Bewegung gesetzt."
   

In der justinischen Coh. ad. Graec. heißt es:

"Das göttliche, aus dem Himmel herabkommende Plektrum hat die gerechten Männer wie ein Instrument, eine Zither oder Lyra, benutzt".

Auch Justin und Theophilus gebrauchen dieselben Bilder. Es ist also das nämliche, was der aus Montanus sprechende Geist gesagt hatte.

Im Montanismus war die Art der Geisterkundgebungen dieselbe wie bei den ersten christlichen Gemeinden.

Das Buch: "Der Hirte des Hermas", ein durch und durch spirituelles Buch, genoß in der nachapostolischen Zeit ein so großes Ansehen, daß man es an die Heilige Schrift anreihte. Darin wird auch ausführlich erklärt, wie man die Sprechmedien der guten Geister von denen der bösen unterscheiden könne.

Aus seinen Ausführungen geht mit voller Deutlichkeit hervor, daß man an der Form des Sprechens "den Geist von oben" und den irdischen Geist nicht zu unterscheiden vermag.

Außer an dem Inhalt des Gesprochenen sind nach Hermas folgende Kennzeichen für ein Sprechen guter Geister durch ein Medium maßgebend:

Kein Geist, von Gott gegeben, läßt sich befragen. Er läßt sich also nicht als Orakel menschlicher Neugierde benutzen.

Selbstverständlich darf der Mensch in den Dingen, die der sich kundgebende Geist vorgetragen hat, auch Fragen an den Geist richten, sobald er die Kundgebung nicht verstanden hat oder ihm der eine oder andere Punkt daraus unklar geblieben ist. Die gute Geisterwelt verlangt in einem solchen Falle sogar, daß die Zuhörer solche Fragen stellen. Er teilt ja seine Belehrungen, Anweisungen und Ermahnungen zum Besten der Anwesenden mit und hat daher den sehnlichsten Wunsch, daß seine Worte richtig verstanden und aufgefaßt werden. Darum will er auch, daß man nötigenfalls Fragen stellt. Oft fordern die Geister sogar die Anwesenden auf, Fragen zu stellen, selbst solche, die mit dem soeben Kundgegebenen in keinem Zusammenhang stehen. Das geschieht in den Fällen, wo der Geist weiß, daß einer der Anwesenden eine Frage stellen möchte, die sich allerdings nie auf rein materielle Dinge beziehen darf. Ein zweites Kennzeichen für die Anwesenheit eines guten Geistes in einem Medium ist:

Nicht Menschen können bestimmen, ob und wann der Geist spricht, sondern er spricht nur dann, wann Gott es will, daß er rede.

Es ist daher bei dem guten Geisterverkehr nicht möglich, ein Medium in Trance zu versetzen, damit eine Geisterkundgebung erfolgen soll. Sie erfolgt, wann sie erfolgen soll. Menschen können sie nicht herbeiführen. Wohl können Menschen durch Beschaffung der erforderlichen Odkraft die Vorbedingungen für eine Geisterkundgebung sicherstellen. Ob aber eine solche Kundgebung erfolgt, hängt nicht von ihnen ab. Den Vorgang selbst deutet Hermas mit den Worten an:

"Der Engel des prophetischen Geistes, der bei ihm wohnt, füllt den Menschen, und der Mensch, erfüllt mit einem Heiligen Geiste, spricht zu der Gemeinde, wie der Herr will".

Von den montanistischen Medien als Tieftrancemedien wird der bei allen Tieftrancemedien eintretende Zustand mit den Worten angedeutet:

"Sie beugen das Antlitz zur Erde."

Es scheint hiermit auf den Eintritt der Tieftrance angespielt zu werden. Denn bei dem Austritt des eigenen Geistes des Mediums fällt der Körper vornüber und wird erst von dem eintretenden fremden Geist wieder emporgerichtet. Das Austreten oder Weggehen des Geistes des Mediums ist in dem Worte "Ekstase" genau wiedergegeben. Denn "Ekstase" heißt "Austritt".

Nach dem Eintritt des fremden Geistes gehen die Kundgebungen in aller Ruhe vor sich, wenn das Geistwesen ein gutes ist. Hat jedoch ein böser Geist von dem Medium Besitz ergriffen, so treten sehr häufig Zustände ein, die selbst auf den in diesen Dingen Unerfahrenen den Eindruck dämonischer Besessenheit machen. "Rasen ist ein Werk der Dämonen" sagt der Christ Tatian.

Auch das Hellsehen, Hellhören und Hellempfinden, wozu auch die Empfindungen des Geschmacks- und Geruchsinnes gehören, ist eine häufige Erscheinung bei den Christen der ersten Jahrhunderte. In dem Buch des Hermas nimmt das Hellsehen und Hellhören einen großen Raum ein. Denn das meiste nimmt Hermas hellsehend und hellhörend wahr. Eine weibliche Gestalt, die er sieht und hört, erklärt ihm die jenseitigen Wahrheiten. Sie ist seine Führerin, wie es bei dem hellsehenden Dante die Beatrice war. Denn auch Dante hat die Hauptsache dessen, was er in seiner "Göttlichen Komödie" niederschrieb, hellsehend geschaut.

Der Märtyrer Polykarp schaut hellsehend sein Todesschicksal. Auf dem Landgut, wohin er entflohen war, weilte er mit einigen wenigen und tat "Tag und Nacht" nichts anderes, als daß er betete für alle und die Gemeinden der ganzen Welt, wie er es zu tun pflegte. Und als er betete hatte er ein Gesicht, drei Tage, bevor er gefangengenommen wurde: Er sah sein Kopfkissen im Feuer verbrennen. Da drehte er sich um und sagte zu denen, die bei ihm waren: "Es ist von Gott bestimmt, daß ich lebend verbrannt werden soll".

Am häufigsten ist bei den hellsehenden Gottesgläubigen das Schauen jenseitiger Gestalten und Gefilde, überhaupt ein Schauen des Geisterreiches als eine Welt gleich der irdischen, nur geistig anstatt materiell.

Daß auch heidnische Hellseher derartige Visionen hatten, ist selbstverständlich. Denn das Hellsehen ist eine Gabe des menschlichen Geistes infolge einer entsprechenden Gestaltung des seinen Geist umgebenden Ods, so daß er ähnlich sieht wie ein körperloser Geist. Das, was der Hellseher schaut, ist als Bild ebenso wahr wie die Bilder der materiellen Welt, die unser körperliches Auge schaut. Die Geisterwelt kann diese Bilder nach Belieben vor den Augen des Hellsehers entstehen lassen. Das Od ist das Material, aus dem sie geformt werden. Es kommt nur auf die innere Einstellung des Hellsehers an, ob die gute oder die böse Geisterwelt bei seinem Schauen jenseitiger Dinge tätig ist. Bei dem Hellsehen, das sich auf Diesseitiges bezieht und von der Odstrahlung der irdischen Geschöpfe abhängig ist, spielt die innere Gesinnung des Hellsehers keine Rolle. Darum konnten die heidnischen Hellseher diesseitige Schicksale ebensogut schauen wie christliche, wenn die Christen ihnen auch vorwarfen, daß auch dies von den Dämonen bei jenen bewirkt werde.

Die Urkunden der ersten christlichen Jahrhunderte sind voll von solchen Tatsachen des Hellsehens und Hellhörens. Als Polykarp in Smyrna als Märtyrer starb, hörte Irenaeus, der sich gerade in Rom aufhielt, eine Stimme wie eine Trompete, welche sagte: "Polykarp ist Blutzeuge geworden".

Was das mediale Schreiben betrifft, so behaupten viele der führenden christlichen Männer jener Zeit, bei ihren Schreiben von der Geisterwelt inspiriert worden zu sein.

Die Ausbildung der Medien in der nachapostolischen Zeit war dieselbe wie bei den Medien der ersten Christengemeinden. Sie erfolgte bei den gottesdienstlichen Versammlungen. Nach Hermas tritt der pneumatische Zustand eines Propheten ein unter allgemeinem Gebet der Gemeinde. Die Gemeinde betete, indem sich alle Anwesenden als Sinnbild der Einheit die Hände reichten. Der dadurch erzeugte geschlossene Odstrom lieferte der Geisterwelt das Material zur Ausbildung der Medien und zu ihren Kundgebungen durch die fertigen Medien.

Wer die Ausbildung von Medien selbst sah, dem sind die aus jenen Zeiten berichteten medialen Vorgänge vollkommen klar. Denn es sind dieselben wie heute.

Wenn Eusebius berichtet, daß die Kirche es nicht gestattete, sich zum Propheten machen zu lassen oder sich selbst dazu zu machen, so sind auch diese Vorgänge für den Kenner sehr verständlich. Denn ebensogut wie ein Mensch in den gottesdienstlichen Versammlungen zum Medium werden konnte, so war dies auch möglich, wenn sich ein medial Veranlagter mit einigen anderen zu einem Privatgottesdienst vereinigte oder auch für sich allein zur geistigen Sammlung hinsetzte. Nur der eine Unterschied war vorhanden, daß die Ausbildung eines Mediums in einer größeren harmonischen Versammlung schneller vor sich ging als im Beisein von nur wenigen oder gar bei vollständigem Alleinsein des Mediums. Denn die konzentrierte Odkraft einer großen Versammlung ermöglicht die Arbeit der Geisterwelt an den Medien in viel wirksamerer Weise als die bedeutend schwächere Odkraft einiger weniger oder die Odkraft eines Alleinstehenden.

Aber nach und nach wird die Odkraft auch bei dem einzelnen, der sich innerlich zu sammeln versteht, so stark, daß seine Ausbildung als Medium, wenn auch in längerer Zeit, erfolgen kann.

Das Verbot einer späteren christlichen, besser gesagt katholischen Kirche, sich selbst zu einem Medium auszubilden oder mit Hilfe anderer dies zu erreichen, stammt aus einer Zeit, wo die Geisteinwirkungen auch in den gottesdienstlichen Versammlungen aufgehört hatten, weil die Leiter der Kirche diese Dinge mit Gewalt unterdrückten. Der Grund hierfür war damals derselbe, der heute bei den christlichen Kirchen vorliegt, wenn sie sich gegen den Spiritismus bzw. Spiritualismus feindselig verhalten.

Die Leiter einer zur geschlossenen weltlichen Organisation gewordenen Kirche können die Konkurrenz einer Geisterwelt nicht gebrauchen.

Schon zur Zeit des Irenaeus war die alte Kirche zu einem festen irdischen Gefüge geworden. Das geistige Beamtentum regierte die Gläubigen. Die Bischöfe wurden nicht mehr von den sich kundgebenden Geistern Gottes bestimmt, sondern von Menschen ernannt oder gewählt. Auch begnügten sie sich nicht mehr mit der dienenden Aufgabe des Episkopos der ersten Christen, sondern betrachteten sich als Träger der überlieferten Glaubenswahrheiten und als deren rechtmäßige Ausleger.

Wo aber Menschen, die nicht von einem Geiste Gottes dazu ausgewählt werden, Hand an das Heilige legen, da folgt die Entweihung auf dem Fuße.

Dasselbe gilt von den späteren "Presbytern", im Gegensatz zu den "Presbytern" der apostolischen Zeit.

Wenn man auch rein religionsgeschichtlich den Unterschied zwischen dem Urchristentum und der späteren "katholischen Kirche" in wenigen Worten kennzeichnen soll, so muß man sagen:

"Im Urchristentum hatten die Geister Gottes alles zu sagen und die Menschen nichts. In der späteren katholischen Kirche hatten die Menschen alles zu sagen und die Geister Gottes nichts".
 

ZurückWebsiteWeiter