Psychowissenschaftliche Grenzgebiete
 
Thema: Der Verkehr mit der Geisterwelt Gottes
Christus - sein Leben und sein Werk (3)
   


 

7. 2 Die Aufgabe Jesu als Gesandter Gottes

Nach der ersten siegreich bestandenen Probe trat Jesus sein öffentliches Lehramt an.

Er sammelte einige arme, schlichte, aber für die Wahrheit empfängliche Männer um sich, die euch unter dem Namen 'Apostel' bekannt sind. Diese wollte er tiefer in das Verständnis der Erlösung einführen. Doch bald stellte sich heraus, daß auch sie schwache Kinder ihrer Zeit und nicht stark genug waren, mehr als bloß einen Bruchteil der Wahrheit zu tragen.

Zunächst hatte Jesus sich sowohl seinen Jüngern als auch dem Volke gegenüber als den Gottgesandten zu erweisen. Er mußte ihnen sagen, wer er sei und was er wolle, und seine Aussage durch die Kraft desjenigen beweisen, als dessen Gesandten er sich ausgab.

So war es ja auch bei Mose, dessen Aufgabe in allen Teilen ein genaues Abbild der Aufgabe des kommenden Christus war. Auf ihn wies Mose auch ausdrücklich mit den Worten hin:

5. Mose 18, 15:
'Einen Propheten wie mich wird Gott der Herr aus eurer Mitte erwecken.'  

Mose sollte als Gottesgesandter ein einzelnes Volk aus dem Lande der Knechtschaft in das Gelobte Land führen. Die Geknechteten waren die Israeliten. Ihre Peiniger waren die Ägypter unter dem Pharao. Die Geknechteten, die Christus von der Knechtschaft befreien sollte, waren alle zum Abfall von Gott verführten Geister. Ihre Beherrscher waren die Mächte der Hölle unter Luzifer. Mose konnte seine Aufgabe nur lösen, wenn ihm zwei Dinge gelangen: Zuerst mußten die Geknechteten bereit sein, das Land der Knechtschaft zu verlassen und sich der Führung des Mose anzuvertrauen. Hatte Mose dies erreicht, dann blieb ihm ein zweites, viel Schwereres zu tun übrig. Er mußte die Ägypter unter ihrem König Pharao zwingen, das bis dahin geknechtete Volk Israel aus Ägypten wegziehen zu lassen. Denn daß der Pharao und sein Volk nicht freiwillig auf die billigen Fronknechte und Sklavinnen verzichtete, war selbstverständlich.

So hing auch die Erlösung durch Christus von zwei Dingen ab:  

Diese beiden Aufgaben waren sowohl bei Mose als auch bei Christus scharf voneinander getrennt.

Mose hatte, was seine eigene Person betraf, vor allem dafür zu sorgen, daß er dem Pharao gegenüber stark blieb, nicht nachgab und sich von ihm weder durch Drohungen noch durch Lockungen von seiner gottgegebenen Aufgabe abbringen ließ und den Rettungsplan Gottes nicht durch eigene Schuld zunichte machte. Das Volk Israel hatte das Seine zu tun und sich zum Auszug bereitzuerklären und bereitzuhalten. Gott war es, der dann den endgültigen Sieg über den Pharao verlieh und die Befreiung des Volkes Israel zur vollendeten Tatsache machte. Auf welche Weise Gott diesen Sieg verlieh, danach hatte weder Mose noch das Volk zu fragen. Das war allein Gottes Sache.

So auch bei Christus.

Auch für ihn war es wertlos, dem Volk darüber Mitteilung zu machen, auf welche Weise die Erlösung erfolgen sollte. Er hatte es bloß darüber zu belehren, daß die Zeit der Befreiung nahe sei, daß es sich der Befreiung würdig machen solle und daß er selbst derjenige sei, der von Gott als Retter zu ihm gesandt worden sei.

Christus hatte für seine Person dafür zu sorgen, daß er nicht den Machthabern des Bösen unterlag, die kein Mittel unversucht ließen, ihn zum Abfall von Gott und dadurch auch von seiner göttlichen Aufgabe zu bringen. Christus mußte wie Mose auf der Hut sein, von dem nicht besiegt zu werden, den er besiegen wollte. Blieb er in seiner Verteidigungsstellung gegen die Angriffe des Bösen fest, dann war es Gottes Sache, zu bestimmen, wie er den Sieg über Satan auch in der Offensive errang. Es war ja klar, daß Christus nicht als Mensch gegen Geister zum Angriff vorgehen konnte. Menschen haben bloß die Möglichkeit, sich gegen den Ansturm der bösen Mächte zu wehren, wenn diese durch Einflüsterungen, Verlockungen, Einjagen von Furcht oder auch durch Erscheinungen sowie durch menschliche Helfershelfer sie zum Bösen zu verleiten suchen. Zum Angriff konnte daher Christus bloß als Geist nach seinem irdischen Tode gegen Satan vorgehen. Dann erst konnte es heißen: 'Abgestiegen zu der Hölle.'

Ich habe dir gesagt, daß Christus als Mensch Satan gegenüber hätte unterliegen können. Dann hätte der Fürst der Unterwelt auch diesen ersten Sohn Gottes zu seinem Vasallen gemacht. In diesem Falle hätte Gott einen anderen der höchsten Himmelsfürsten Mensch werden lassen, um das Werk der Erlösung zu vollbringen, das dem ersten Sohn Gottes wegen seiner Schwachheit als Mensch mißlungen war.

Du schauderst bei dem Gedanken, daß Christus den Angriffen Satans hätte unterliegen können.

Und doch ist es so.

Ihr wißt ja gar nicht die unermeßliche Liebe eures himmlischen Vaters zu schätzen, der seinen eingeborenen Sohn nicht schonte, sondern sich aus Liebe zu euch der Gefahr aussetzte, auch ihn zu verlieren, wie er den zweiten Sohn verloren hatte. Und ihr vermöget euch auch nicht das Furchtbare des Kampfes vorzustellen, den Christus euretwegen gegen die ganze Hölle zu bestehen hatte, wenn er euch erlösen wollte.

Bei euch genügt schon einer der kleinsten Teufel, um euch in wenigen Augenblicken zum Abfall von Gott zu bringen. Er braucht euch bloß eine Handvoll Geld, eine menschliche Ehre oder einen Sinnesgenuß hinzuhalten, und er hat den Sieg errungen. –

Aber auf Christus, euren ältesten Bruder, stürzte sich die ganze Hölle, an ihrer Spitze Luzifer selbst. Und das nicht bloß einmal und für wenige Augenblicke, sondern immer und immer wieder, ein ganzes Menschenleben hindurch. Sturmkolonne auf Sturmkolonne der finsteren Mächte ging Tag für Tag gegen diesen Menschensohn vor, und schließlich nahmen sie als Sturmwaffe die größte menschliche Marter, bis der Gequälte am Kreuze verblutete, zwar als Mensch getötet, aber nicht zum Abfall von Gott gebracht. Satan hatte an ihm nichts ausrichten können. Und doch war der, gegen den die ganze Höllenmacht in dieser Weise anstürmte, ein Mensch wie ihr, euch in allem gleich.

Das ist das wahre Bild des Erlösers, und so sollte sein Erlösungswerk verlaufen.

Wie es für Mose das erste war, sich den Israeliten als Gesandten Gottes und als von Gott bestellten Retter vorzustellen und als solchen durch Wunderwerke zu erweisen, so war es auch Christus zunächst dem Volke schuldig, zu sagen, wer er sei und welche Aufgabe er zu erfüllen habe. Auch er mußte seine Sendung als Erlöser durch Wunderwerke beglaubigen.

Wer war Christus und als was bezeichnete er sich selbst? – 'Ich bin Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.' – Das ist sein Zeugnis von sich selbst. Und dieses Zeugnis stellte ihm auch Gott aus: 'Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.' – Christus war also der Sohn Gottes, und nur das wollte er sein.

Niemals sagte er: 'Ich bin Gott.' Niemals behauptete er, Gott in irgend einem Punkte gleichzusein. Er wurde nicht müde, immer wieder zu betonen, daß er nichts aus sich selbst vermöge, nichts aus sich selbst rede, keine wunderbaren Werke aus sich selbst vollbringen könne. Der Vater ist es, der ihn beauftragt hat. Der Vater ist es, von dem er alle Wahrheit empfangen. Der Vater ist es, der ihm die Kraft gibt, Kranke zu heilen und Tote zu erwecken. Alles tut er so, wie der Vater es will, und zu der Stunde, die der Vater dafür bestimmt hat.

Wie ein Statthalter nur im Namen und Auftrag des Herrschers, der ihn als Statthalter eingesetzt hat, seine Machtbefugnisse ausübt und nur in den Grenzen der empfangenen Machtbefugnisse handeln darf, so auch Christus. Und wenn ein Herrscher seinem Statthalter alle Macht überträgt, die er selbst als Herrscher besitzt, so hat der Statthalter doch nichts aus sich. Er ist nicht der Herrscher, sondern von diesem in allem abhängig. Er kann von ihm jederzeit seines Postens enthoben werden. So war Josef der Statthalter des Pharao. Er hatte von ihm unbeschränkte Macht zur Rettung des Landes erhalten. Der Pharao hatte ihm als Zeichen der ihm übertragenen königlichen Gewalt seinen Siegelring überreicht und in königliche Gewänder gekleidet. Mit dem Siegelring hatte Josef seine Urkunden als königliche Urkunden zu kennzeichnen. In seiner Gewandung glich er dem Pharao. Aber er war nicht der oberste Herrscher. Der war Pharao und blieb es. Josef war bloß der vom ägyptischen Herrscher ernannte, wenn auch mit voller Königsgewalt ausgestattete Statthalter. Er hatte die volle Königsgewalt nicht aus sich. Er hatte sie bekommen durch freien Entschluß des Königs. Dieser konnte sie wieder nach Belieben beschränken oder ganz entziehen oder sie auf einen anderen übertragen.

Hier hast du in der einfachsten und klarsten Weise ein Bild von Christus in seinem Verhältnis zu Gott. Gott ist der Herr und Schöpfer aller Dinge. Auch der Herr und Schöpfer des Sohnes Gottes.

Gott ist aus sich ewig, allmächtig und allwissend.

Der Sohn nicht.

Der Vater hat dem Sohne die Statthalterschaft über die Schöpfung übertragen und ihn vor allem zu der Aufgabe der Erlösung gesalbt. Aber aus sich hat der Sohn nichts, weder das Dasein noch sein Amt als Statthalter noch irgendeine Kraft. Alles hat ihm der Vater gegeben.

Diese Wahrheit ist in den Heiligen Schriften so klar enthalten, daß man sich darüber wundern muß, wie Menschen dazu kommen konnten, Christus zum 'Gott' zu machen, während der Vater und Gebieter alles Geschaffenen feierlich schwört: 'Ich allein bin Gott und sonst keiner.'

Die christlichen Religionen, die Christus als Gott bekennen und ihn dem Vater in allem gleichstellen, wagen selbst nicht zu behaupten, daß Christus gesagt habe, er sei 'Gott'. Aber sie folgern es zunächst daraus, daß er sich 'Sohn Gottes' nannte. Sie urteilen, wie die Hohen Priester, Schriftgelehrten und Pharisäer geurteilt haben, von denen es in der Bibel heißt:

Johannes 5, 18:
'Sie trachteten ihm um so mehr nach dem Leben, weil er nicht nur den Sabbat brach, sondern auch in einem einzigartigen Sinne Gott seinen Vater nannte und sich damit Gott gleichstellte.'  

Gegen den Vorwurf, daß er in einem einzigartigen Sinne Gott seinen Vater nannte, wehrte sich Christus nicht. Denn er war in einem Sinne ein 'Sohn Gottes' wie kein anderer der 'Gottessöhne' oder der Geister Gottes. Er war nicht bloß der höchste der von Gott geschaffenen Geister, sondern auch der einzige Geist, der auch seinem himmlischen Leibe nach von Gott ins Dasein gerufen worden ist. Die anderen Söhne Gottes hatten bloß ihrem Geiste nach von Gott ihr Dasein erhalten, während ihre himmlischen Leiber dem erstgeschaffenen Sohne ihr Entstehen verdankten.

Auch noch aus einem anderen Grunde war er in einzigartigem Sinne der Sohn Gottes. Ihm allein hatte der Vater die Statthalterschaft über die Schöpfung übertragen. Er hatte ihm dieselbe Stellung in seinem Reiche eingeräumt, die der Pharao dem ägyptischen Josef im Reiche Ägypten verliehen hatte.

Also darin hatten die Juden Recht: Christus nannte sich in einer besonderen Bedeutung einen Sohn Gottes. Er war der Sohn Gottes!

Aber wogegen sich Christus bis aufs äußerste wehrte, war die Behauptung seiner jüdischen Feinde, er stelle sich Gott gleich. Er beteuerte immer wieder, daß er keinerlei Macht von sich selbst habe und aus sich selbst nicht das Geringste tun könne. Wenn einer aus sich selbst nichts kann, dann ist damit der unwiderlegliche Beweis erbracht, daß er nicht Gott sein kann. Soviel folgerichtiges Denken mußten auch die Hohen Priester und Schriftgelehrten besitzen. Und sie begriffen es auch sehr gut, was Jesus unter 'Sohn Gottes' verstand. Aber nach außen wollten sie es nicht verstehen. Sie suchten ja eine Grund, ihn zu töten. Und da konnten sie keinen besseren finden, als wenn sie behaupteten, Christus mache sich zum Gott, indem er sich Sohn Gottes nenne. Diesen Scheingrund durften sie um keinen Preis mehr aus der Hand geben. Darum war auch jede Belehrung von seiten Christi zwecklos.

Es ist wahr, Christus hatte alle Macht im Himmel und auf Erden. Aber er hatte sie ebensowenig von sich selbst, wie der ägyptische Josef alle Macht über Ägypten aus sich hatte. Wie Josef nicht der Pharao war, so war Christus nicht Gott.

Nur der Vater ist Gott und sonst keiner. Der Vater hat alle Macht und sonst niemand. Der Vater kann diese Macht nach seinem Gutdünken auf irgendeinen geschaffenen Geist übertragen, indem er in diesem und durch diesen wirkt. Gott hätte daher die Macht, die er Christus verlieh, einem anderen geschaffenen Geiste geben können. Es mußte nicht sein erstgeborener Sohn sein. Und die großen Wunder, die Christus wirkte, konnte auch jeder andere Mensch wirken, wenn ihm Gott die Kraft dazu gab. Christus sagt ja selbst, daß nicht bloß er das alles wirken könne, sondern auch jeder andere, sobald er gläubig werde.

Johannes 14, 12:
'Wer an mich glaubt, wird die Werke, die ich tue, auch tun, ja er wird noch größere als diese vollbringen.'  

An Christus glauben heißt an Gott Glauben, aber nicht etwa, weil Christus selbst Gott ist, sondern weil er die Lehre Gottes verkündet.

Johannes 12, 49:
'Ich habe nicht von mir aus geredet, sondern der Vater selbst, der mich gesandt hat, der hat mir aufgetragen, was ich sagen und was ich lehren soll.'  

Zwischen dem Vater und Christus herrscht die große Einheit der Liebe. Jedes Geschöpf Gottes kann zu dieser Einheit mit dem Vater gelangen. Sie erbittet ja Christus von Gott auch für seine Jünger.

Johannes 17, 22 – 23:
'Sie sollen eins sein, wie wir eins sind: ich in ihnen und du in mir, auf daß sie voll ausgestaltet werden zu einer Einheit mit uns.'

Wenn du dir die Aussprüche Christi zusammenstellst, in denen er sein Verhältnis zu seinem Vater darlegt, so wirst du erkennen, wie frevelhaft es ist, Christus als Gott zu bezeichnen, ihn als den Gebenden hinzustellen, wo er bloß der Empfangende ist und anderen bloß das geben kann, was er selbst von Gott erhalten hat. – Die Lehre Christi über seine eigene Person, über den Ursprung seiner Lehre und die Macht und Kraft, die er besitzt, war also die, daß er alles und jedes vom Vater erhalten hat. Aus sich hat er nichts. Er ist nicht Gott.

Nicht alles hat ihm der Vater übertragen. Gewisse Dinge hat der Vater sich selbst vorbehalten. Zu den Söhnen des Zebedäus sagte Christus:

Matthäus 20, 23:
'Den Platz zu meiner Rechten und Linken habe nicht ich zu vergeben, sondern er wird denen zuteil, für die er von meinem Vater bestimmt ist.'

Auch den Tag des allgemeinen Gerichtes weiß der Sohn nicht, sondern nur der Vater.

Matthäus 24, 36:
'Von jenem Tage aber und von der Stunde hat niemand Kenntnis, auch die Engel im Himmel nicht, auch der Sohn nicht, sondern ganz allein mein Vater.' 

Christus hatte von Gott auch nicht die Erlaubnis bekommen, die Marter des Kreuzestodes von sich abzuwenden. Darum wurde er im Garten Gethsemane nicht erhört, als er den Vater bat, diesen Leidenskelch an ihm vorübergehen zu lassen.

Sowohl die Angehörigen Jesu als auch die Apostel und das gläubige Volk erkannten in ihm bloß den 'Propheten' – den 'Gottesgesandten'. Daß einer der 'Söhne Gottes' in ihm Mensch geworden war, wußte wohl seine Mutter aus der Verkündigung des Engels vor seiner Geburt. Aber sie wußte auch, daß er ein Mensch war mit menschlichen Schwächen. Sie war mit der Art seines öffentlichen Auftretens und seiner Lehrverkündigung nicht einverstanden. Sie wußte wohl, daß seine Glaubensüberzeugung von der Lehre der jüdischen Religion wesentlich abwich. Aber daß er das alles jetzt dem Volke öffentlich predigte, das drückte sie schwer. Sie hatte sich seine Aufgabe ganz anders gedacht. Und als sie hörte, daß Jesus in seinen Predigten so scharfe Worte gegen die geistlichen Führer des jüdischen Volkes gebrauchte und so manches in ihrer althergebrachten Religion in der Öffentlichkeit als unrichtig bezeichnete, da suchte sie das im Verein mit ihren anderen Söhnen zu verhindern. Sie wollte ihn zur Rückkehr in sein Elternhaus zwingen. Dadurch glaubte sie den Anstoß beseitigen zu können, den sein Vorgehen bei den Priestern, Schriftgelehrten und Pharisäern erregt hatte.

Markus 3, 21:
'Als seine Angehörigen es hörten, machten sie sich auf, um sich seiner zu bemächtigen. Denn sie sagten, er sei von Sinnen gekommen.'

Johannes 7, 5:
'Denn nicht einmal seine Brüder glaubten an ihn.'  

Daß seine Mutter und seine Brüder diese Einstellung gegenüber seinem öffentlichen Auftreten hatten, ist menschlich verständlich. Sie hielten die Lehre der jüdischen Kirche für die richtige. Darin waren sie von Jugend auf erzogen. Ihre Vorfahren hatten in dieser Religion gelebt und waren darin gestorben. Und nun sollte der eigene Sohn und Bruder öffentlich predigen, daß diese Religion in vielen Punkten im Irrtum sei. Das war für diese einfachen, unerfahrenen Leute unerträglich. Das, was ihre Geistlichkeit ihnen sagte, war für sie maßgebend. Doch war auch Menschenfurcht dabei im Spiele. Man zeigte mit Fingern auf sie als die Angehörigen eines Mannes, der die Religion seiner Väter angriff. Von dem Synagogenvorsteher ihres Ortes mußten sie oft Vorhaltungen deswegen über sich ergehen lassen. Auch eine geschäftliche Schädigung mußten sie befürchten. Besonders hart aber traf sie die Nachricht, daß die oberste Kirchenleitung Jesu in den Bann getan hätte und alle, die ihm anhingen und als den Messias bekannten, ebenfalls mit dem Banne bedrohten.

Johannes 9, 22:
'Sie hatten schon abgemacht, daß der, welcher Jesus als den Messias bekenne, in den Bann getan würde.'  

Die jüdische Geistlichkeit warnte das Volk vor Jesus und seiner Lehre. Reichlichen Gebrauch machte sie von der Waffe der Verleumdung. Sie nannte ihn einen 'falschen Propheten', einen 'vom Teufel Besessenen', einen 'Volksaufwiegler', einen 'Weinsäufer' und 'sittlich Verkommenen', der sich mit Dirnen abgebe und bei den öffentlichen Sündern zu Gast sei. Kein Mittel war ihr zu schlecht, um denjenigen unschädlich zu machen, von dem sie ihren Einfluß auf das Volk bedroht sah. Sie konnte nicht dulden, daß die große Masse des Volkes etwas anderes als religiöse Wahrheit annahm, als was sie selbst vortrug. Ihr hatte sich das Volk zu fügen. Was sie nicht glaubte, durfte auch das Volk nicht glauben, oder der Fluch traf es.

Johannes 7, 48:
'Ist denn irgendein Mitglied des Hohen Rates oder ein Pharisäer zum Glauben an ihn gekommen? Nein, nur dies gemeine Volk, das vom Gesetz nichts weiß – verflucht sei es!'

Auch du wirst diese Melodie noch reichlicher kennenlernen wie bisher, sobald du die Wahrheiten veröffentlicht hast, die du von mir empfingst. Da wirst du sehen, daß sich das alles wiederholt, was sich damals abspielte. Denn der Knecht ist ja nicht über dem Meister. Man wird dich einen abgefallenen Priester, einen falschen Propheten, einen Irrsinnigen, einen vom Teufel Besessenen, einen verkommenen Menschen nennen. Auch deine Angehörigen werden dir Vorwürfe machen. Sie werden dir sagen, du hättest alles beim alten lassen sollen, und was anderen Geistlichen gut genug war, hätte auch dir genügen können. Doch fürchte dich nicht! Hoffe auf Gott! Was können dir die Menschen tun? Aber auch vielen wirst du durch Vermittlung der Wahrheit die größte Wohltat erweisen. Auch manche Geistliche, die dein Buch lesen, werden zu der Überzeugung kommen, daß es die Wahrheit enthält, wenn sie es auch nicht offen einzugestehen wagen. So war es auch zur Zeit Christi.

Johannes 12, 42 – 43:
'Es glaubten sogar von den Mitgliedern des Hohen Rates viele an ihn, wagten aber um der Pharisäer willen nicht, es offen zu bekennen, um nicht in den Bann getan zu werden. Denn an der Ehre bei den Menschen lag ihnen mehr als an der Ehre bei Gott.'  

Auch die Apostel wurden mehr als einmal irre an ihrem Meister. Auch sie hatten sich den Messias anders gedacht. Daß in Jesus von Nazareth der 'Sohn Gottes' zur Erde gekommen sei, wußten auch sie nicht, bis es ihnen eines Tages durch das Bekenntnis des Petrus zum Bewußtsein kam:

Matthäus 16, 16:
'Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.'  

Diese Überzeugung hatte jedoch Petrus nicht aus den Worten und Taten Christi noch aus dem eigenen Denken heraus gewonnen. Sie war ihm durch eine Offenbarung Gottes eingegeben worden:

Matthäus 16, 17:
'Nicht Fleisch und Blut hat dir das geoffenbart, sondern mein himmlischer Vater.'
 

ZurückWebsiteWeiter