Psychowissenschaftliche Grenzgebiete
Thema: Naturwissenschaftliche Erkenntnisse bestätigen die Existenz Gottes (Fortsetzung 2)
     

3. Was ist Materie?

Alle Objekte, alles, was wir anfassen können, besteht aus Molekülverbindungen. Moleküle sind Gruppen von Atomen, wobei ein Atom jeweils das kleinste Teilchen eines der rund 100 bekannten Grundelemente dieser Erde ist. 1937 wurde mit dem Feldelektronenmikroskop von Erwin Müller der atomare Aufbau der Materie beschrieben. 1957 entwickelte er ein Feldelektronenmikroskop, welches Atome in 10.000.000-facher Vergrößerung sichtbar macht. Der amerikanische Nobelpreisträger Richard Feynman nannte diese Erkenntnis vom Aufbau der Materie als die bisher wichtigste, wenn er sagt:

"Alle Körper sind aus Atomen aufgebaut, aus kleinen sich ständig bewegenden Teilchen. Wenn Atome einander zu nahe kommen, wirken zwischen ihnen abstoßende Kräfte. Entfernen sie sich etwas voneinander, treten anziehende Kräfte auf." [8]
Dabei ist wesentlich, daß es sich bei den Atomen nicht um eine Art ruhender "Knetkügelchen" handelt, die zusammengeklebt die Materie bilden, sondern um sich bewegende Teilchen mit einem gewissen Bewegungsfreiraum, die durch elektrische Kräfte miteinander gekoppelt sind.

Ein Stein besteht also aus einer sich hin und her bewegenden Menge von Atomen, die nicht starr miteinander verbunden sind, sondern nur durch elektrische Kräfte zusammengehalten werden.

Wenn man sich einmal einige Tropfen Milch unter dem Mikroskop anschaut, so wird man feststellen, daß Milch aus quirligen, sich spontan bewegenden Fetteilchen besteht, was seinen Grund darin hat, daß die schwingenden Atomgruppen, die Moleküle des Wassers, die Fetteilchen anstoßen, was ein Nachweis der sogenannten "Brownschen Molekularbewegung", nämlich der lebhaften Bewegung dieser Kleinstteilchen, ist. Alles ist in Bewegung in einem Tropfen Milch, alles ist in Bewegung in einem Stein, alles ist in Bewegung in jedem Stückchen Materie. Es gibt in unserem gesamten Universum nichts Ruhendes.

Welche ungeheuere Bewegungsenergie erfüllt die gesamte Materie!

Wahrscheinlich können wir uns alle keine Vorstellung davon machen, weil dieses Maß an Energie bei weitem unsere Vorstellungsgabe übersteigt.
   

Ernest Rutherford (Nobelpreis 1908) fand zu Beginn unseres Jahrhunderts heraus, daß Atome keineswegs harte, feste Teilchen sind, sondern das Atom erwies sich zum größten Teil als weiter Raum, in dem sich extrem kleine Teilchen – die Elektronen – um den Kern bewegen. Man erhält eine Vorstellung von der Weite dieses Raumes, wenn man sich das Atom z. B: so groß vorstellt wie den Petersdom in Rom. Der Atomkern hätte dann die Größe eines Salzkörnchens. Ein Salzkörnchen in der Mitte des Petersdoms und Staubteilchen, die durch den weiten Raum des Domes wirbeln – so können wir uns Kern und Elektronen eines Atoms vorstellen. Nur, daß in Wirklichkeit ein Atom lediglich die Größe von einem hundertmillionstel Zentimeter hat, und Elektronen und Atomkern noch viel unvorstellbar kleiner sind.  
 

Wenn aber alle Materie – jeder Stein – aus sich bewegenden Atomen besteht, und diese Atome fast nur weiter Raum sind mit einem kaum erfaßbaren bißchen Etwas (Elektronen und Atomkern) – warum erscheint uns dann Materie so fest? Warum Greifen wir nicht ins Leere?

Dazu ein Beispiel: Bei einem stillstehenden Flugzeugpropeller befinden sich zwischen den Propellerblättern Hohlräume, und würden wir zwischen zwei Blätter greifen, griffen wir tatsächlich ins Leere. Wird dieser Propeller jedoch ganz schnell gedreht, wird man jetzt statt der einzelnen Blätter eine Scheibe wahrnehmen, das heißt ein sich drehender Propeller erscheint uns als Scheibe, obwohl er keine Scheibe ist. Falls wir versuchen wollten, diese Scheibe zu berühren, würden wir sehr wohl merken, daß wir an jeder Stelle der Scheibe einen Widerstand fühlen. Einen leeren Raum könnten wir jetzt durch Anfassen nicht mehr ausfindig machen. Übertragen wir dieses Beispiel auf die Atome. Die Elektronen wirbeln mit einer ungeheuer großen Geschwindigkeit um den Atomkern. Es ergeben sich Geschwindigkeiten von ca. 900 km/sek.! Nur dadurch erscheinen uns die Atome fest und geben der Materie das vertraute, feste Aussehen.

An dieser Stelle könnte man denken, daß letzten Endes alle Materie sich aus Kleinstbausteinen – den Elektronen und dem Atomkern – zusammensetzt. Man könnte meinen, alles Materielle könne zurückgeführt werden auf kleinste, feste Teilchen, die zusammengefügt die Materie bilden. Noch immer könnten wir mit unserem materialistischen Denken die Frage, "Was ist Materie?", beantworten.

In den zwanziger Jahren allerdings war es eine internationale Gruppe von anerkannten und namhaften Physikern, die unser Denken über die Materie aufgrund ihrer Entdeckungen grundlegend revolutionierten. Ich möchte nur einige nennen: der Däne Niels Bohr, der Franzose Louis de Broglie, der Engländer Paul Dirac, die Österreicher Erwin Schrödinger und Wolfgang Pauli, sowie die Deutschen Werner Heisenberg und Albert Einstein.

Daß die Erfahrungen, die diese berühmten Männer bei ihren Erforschungen der inneratomaren Gesetze machten, für sich selbst sehr erstaunlich waren und ihre Ergebnisse in der naturwissenschaftlichen Welt heftige Diskussionen auslösten, zeigen Zitate von ihnen. So schreib Heisenberg:

"Diese heftige Reaktion auf die jüngste Entwicklung der modernen Physik kann man nur verstehen, wenn man erkennt, daß hier die Fundamente der Physik und vielleicht der Naturwissenschaft überhaupt in Bewegung geraten waren und daß diese Bewegung ein Gefühl hervorgerufen hat, als würde der Boden, auf dem die Naturwissenschaft stehe, uns unter den Füßen weggezogen." [9]     Oder hören wir, was Einstein empfand, obwohl er unter den Physikern als sehr mutiger, frei und neu denkender Mann bekannt war: "Alle meine Versuche, die theoretischen Grundlagen der Physik dieser neuen Art von Wissen anzupassen, haben völlig versagt. Es war, als ob mir der Boden unter den Füßen weggezogen würde, mit keinem festen Fundament irgendwo in Sicht, auf dem man hätte bauen können." [10]  
Niels Bohr sagte: "Die große Erweiterung unserer Erfahrungen in jüngster Zeit hat die Unzulänglichkeit unserer einfachen mechanischen Begriffe ans Licht gebracht und als Folge davon die Fundamente erschüttert, auf denen die übliche Interpretation der Beobachtungen basierte." [11]  
Und hier nochmals Werner Heisenberg: "Ich erinnere mich an viele Diskussionen mit Bohr, die bis spät in die Nacht dauerten und fast in Verzweiflung endeten. Und wenn ich am Ende solcher Diskussionen noch allein einen Spaziergang im benachbarten Park unternahm, wiederholte ich mir immer und immer wieder die Frage, ob die Natur wirklich so absurd sein könne, wie sie uns in diesen Atomexperimenten erschien." [12]     Was war es denn, was so verblüffte?  
 

Was war es denn, was die Physiker in ihren Diskussionen bis zur Verzweiflung trieb?    

Es zeigte sich, daß diese subatomaren Einheiten der Materie sehr abstrakte Gebilde sind. Je nachdem, wie wir sie ansehen, erscheinen sie manchmal als Teilchen, manchmal als Welle. Dieselbe Doppelnatur zeigt übrigens auch das Licht, das – wie schon erklärt als elektromagnetische Schwingung, zum anderen aber auch als Teilchen auftreten kann.

Diese Eigenschaft von Materie und Licht ist recht seltsam. Es scheint unmöglich, daß irgend etwas Teilchen, d. h. ein auf kleinsten Raum beschränktes Gebilde, und gleichzeitig eine Welle sein kann, die sich über weite Räume ausdehnt. Es gibt also für ein und dasselbe Gebilde zwei verschiedene Erscheinungsweisen!

Die Erklärung der Doppelnatur stellt nun mal die Realität der Materie selbst vollkommen in Frage.

Auf der subatomaren Ebene existiert Materie nicht mit Sicherheit an bestimmten Orten, sondern zeigt eher eine "Tendenz zu existieren", und die atomaren Vorgänge laufen nicht mit Sicherheit zu definierten Zeiten und auf bestimmte Weise ab, sondern zeigen eher "Tendenzen zu erscheinen".

Das liegt daran, daß man die mit dem Teilchen zusammenhängende Welle bisher nur als Wahrscheinlichkeitswelle interpretieren kann. Zu diesem Schluß kam man, nachdem der englische Physiker und Nobelpreisträger Max Born herausfand, daß das Quadrat der Amplitude der Welle (unter Amplitude versteht man die größte Auslenkung aus der Ruhelage) gleich der Wahrscheinlichkeitsdichte der Lokalisation der Elementarteilchen ist.

Ein Elementarteilchen mit einer großen Amplitude in seiner "Wahrscheinlichkeitswelle" hat demnach eine große Tendenz zu erscheinen, wie die Wahrscheinlichkeit, es in einem bestimmten Raumbereich anzutreffen, groß ist. Entsprechend ist ein Elementarteilchen mit kleiner Amplitude wenig auffindbar.

Wenn man vom Wellencharakter der Elementarteilchen spricht, so wird häufig der falsche Schluß gezogen, das Elementarteilchen bewege sich auf einer Wellenbahn. Das ist jedoch nicht der Fall!

Erscheint uns das Elementarteilchen als Teilchen, so bewegt es sich im ungestörten Fall geradlinig. Und trotzdem verhält es sich in vielen Experimenten so, als sei es eine Welle. Das heißt, dieses Teilchen ist selbst auch wiederum eine Welle. Es liefert uns tatsächlich zwei mögliche Formen, in denen es auftritt: entweder es erscheint als sich geradlinig bewegendes Teilchen, oder es kann als Welle erscheinen.

Die Physik hat bisher – vor allem nach den oben genannten Erkenntnissen von Max Born – nur den Schluß finden können: diese Welle muß eine Welle sein, die die Wahrscheinlichkeit angibt, mit der das Teilchen erscheint – eine Wahrscheinlichkeitswelle also.

Da der Begriff "Wahrscheinlichkeitswelle" aber ein abstrakter Begriff ist, entzieht diese Interpretation uns die Möglichkeit, uns das Teilchen als Welle konkret – also irgendwie bildhaft – vorzustellen.

Wir können folglich den Zustand eines Teilchens nicht in festen Begriffen beschreiben. Es ist nicht an einem definitiven Ort anwesend, noch ist es abwesend. Es ändert einen Ort nicht, noch bleibt es in Ruhe. Was sich ändert und was man beschreiben kann, sind die Wahrscheinlichkeitsstrukturen des sogenannten Teilchens und somit die Tendenz dieses sogenannten Teilchens, an gewissen Orten zu existieren.

Erfassen wir, daß wir schon wieder an der Grenze unserer menschlichen Vorstellungswelt sind?

Für uns, die wir alle im materiellen Denken verhaftet sind, kann ein Ding entweder nur da sein oder nicht da – aber beides zugleich oder keines von beiden?

Allen denjenigen, die sich schon mit Statistik und Wahrscheinlichkeiten beschäftigt haben, möchte ich noch folgendes sagen: Wenn man die Wahrscheinlichkeitsverteilung einer großen Menge von z.B. Kugeln betrachtet, so unterscheidet sich ihre Gesetzmäßigkeit noch von den Wahrscheinlichkeitsstrukturen im inneratomaren Bereich. In dem in der Zeichnung angedeuteten Versuch können wir den Weg einer solchen Kugel zwar nicht genau vorhersagen, sondern nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit, wo sie hinfallen wird. Doch während sie fällt, können wir sie genau beobachten, ihren Ort in jedem Moment benennen, jeden Stoß angeben, ihre Geschwindigkeit messen und so weiter. Diese Beobachtungsmöglichkeit haben wir im inneratomaren Bereich nicht.

Nie können wir während eines Versuchsablaufs genau den Ort eines Elektrons angeben, noch genau seine Geschwindigkeit bestimmen, noch eine exakte Energie- oder Zeitangabe machen. Diese Tatsache hat Heisenberg in seiner sogenannten "Unschärferelation" beschrieben.

Man darf also das Verhalten von Elektronen nicht einfach mit statistischen Teilchen vergleichen. Ähnlichkeiten bestehen lediglich in der Wahrscheinlichkeitsvorhersage, nicht aber – und das ist ja gerade das Umwerfende – in der eigentlichen Versuchsbeobachtung.

Das Paradoxe dabei ist noch: Je genauer wir beobachten wollen, je genauer wir das vermeintliche materielle Teilchen festmachen wollen, desto mehr entzieht es sich unserer Beobachtung. Physikalisch gesprochen, heißt das: Je genauer wir z. B. in einem bestimmten Moment seine Geschwindigkeit messen wollen, desto geringer wird seine Tendenz zu erscheinen, desto weiter wird der Raum, in dem es wahrscheinlich ist, daß es sich aufhält.

Jeder darf jetzt hier sagen: "Das verstehe ich nicht." Denn das verstehen wir alle nicht, solange wir das Teilchen eben doch noch als materielles kleines Etwas ansehen. Das verstanden eben auch die großen Physiker unseres Jahrhunderts nicht, solange sie dem materiellen Denken verhaftet waren.

Auf der einen Seite haben wir das Energetische, dessen Struktur nicht begrenzt ist und das sich frei in den Raum verteilt, wie es in der Physik z. B. durch das elektrische und magnetische Feld beschrieben wird.

Auf der anderen Seite das Materielle – z. B. ein Stein – dessen Struktur abgegrenzt ist und dessen Ort fest bestimmt ist.

Muß nicht etwas Teilmaterielles in beiden Zuständen – dem Materiellen sowie dem Geistigen – zu Hause sein und doch in jedem einzelnen nicht absolut? Muß folglich ein Elektron nicht selbstverständlich mal den Feld- und Wellencharakter zeigen, d. h. den energetischen Zustand annehmen, und ein anderes Mal den materiellen, d. h. als festes Partikelchen erscheinen?

Das Elektron und auch die anderen Elementarteilchen (wie z. B. die Protonen und Neutronen des Atomkerns) stehen jedoch mit ihrem Doppelcharakter, von Geistigem und Materiellen zugleich, nicht allein da, denn das gleiche seltsame Verhalten zeigt auch Licht. Das Licht, das die Physiker vor allem durch Huygens (1629-1695) und Fresnel (1788-1827) als etwas rein Energetisches betrachtet hatten, das Licht, von dem man glaubte, ja dachte, es fest zu wissen, daß es eine Welle aus elektromagnetischen Feldern sei – konnte ebenfalls im materiellen Zustand auftreten!  
 
 

An dieser Stelle möchte ich einflechten, daß man unter einem Magnetfeld den Kraftraum um einen Magneten versteht. Es ist sicherlich allgemein bekannt, daß unsere Erde als ein solcher Magnet mit ihrem Kraftraum weit ins All hinausreicht und in Flugobjekten oder auf Schiffen mit Magnetfeldmeßgeräten, wie die Kompaßnadel eines ist, nachgewiesen werden kann. In ähnlicher Weise umgibt sich auch eine elektrische Ladung mit einem Kraftfeld – dem elektrischen Feld.

Das Licht nun besteht aus beiden Feldern, und das An- und Abschwellen dieser Felder hat die Form einer Welle und wird als elektromagnetische Welle bezeichnet. Experimente wie z. B. der Photoeffekt und der Comptoneffekt haben gezeigt, daß Licht auch als Partikelchen erscheint und sich wie stoßende Kugeln eines Billardspiels verhalten kann. Man bezeichnet diesen materiellen Zustand des Lichtes als Photon.  
 
 

Nun waren die Physiker mit diesem Ergebnis, den Doppelcharakter von Elementarteilchen und Licht zu erkennen, noch keineswegs zufrieden. Vielmehr begann das Erforschen des Wesens der Elementarteilchen erst richtig. Riesige Beschleunigungsanlagen wurden gebaut, um Elementarteilchen mit hohen Geschwindigkeiten aufeinanderprallen zu lassen und bei diesen Zusammenstößen ihr Verhalten zu beobachten – unter anderem in der Hoffnung, ein Elektron könnte vielleicht noch so weit materiellen Charakter zeigen, daß es in Bruchstücke zerfällt.

Eine solche Anlage steht z. B. in Hamburg und wird Deutsches Elektronen-Synchroton – kurz DESY – genannt. Ihre zu beschleunigende Strecke ist ein riesiger Ring mit etwa 3 km Umfang.
 
 

Welche Ergebnisse hat man bei der Beobachtung von Zusammenstößen der Elementarteilchen in den Beschleunigungsanlagen gewonnen?  

Beobachtet werden die Elementarteilchen in den Beschleunigungsanlagen dabei in sogenannten Nebelkammern, wo sie Spuren hinterlassen. Diese Nebelkammeraufnahmen zeigen, daß Elementarteilchen "Lebensdauern" haben, d. h. nur für eine gewisse Zeit in einem bestimmten materiellen Zustand verweilen, dann wieder in andere Zustände übergehen.

Bei Zusammenstößen bilden sich aus den zwei ursprünglichen Zuständen völlig neue verschiedene andere materielle Zustände. Zum Beispiel können aus dem Zusammenstoß eines Pions mit einem Proton die ganz anderen materiellen Zustände entstehen: zwei Kaonen und ein Neutron. Die einzelnen Elementarteilchen unterscheiden sich dabei vor allem durch ihre Masse und ihre Ladung, aber auch durch ihr magnetisches Moment und manches komplizierte Detailverhalten bei Reaktionen.
 
 

Zwei von solchen Nebelkammeraufnahmen habe ich im folgenden dargestellt:

Bild A zeigt eine komplizierte Folge von Teilchenzusammenstößen und Zerfall: Ein negatives Pion (p-) kommt von links und stößt mit einem Proton – d. h. mit dem Kern eines Wasserstoffatoms – zusammen, das in der Blasenkammer "sitzt"; beide Teilchen werden vernichtet, und ein Neutron (n) plus zwei Kaonen (K- und K+) werden erzeugt. Das Neutron fliegt fort, ohne eine Spur zu hinterlassen; das K- kollidiert mit einem anderen Proton in der Kammer. Die beiden Teilchen vernichten sich gegenseitig und erzeugen ein Lambda (L ) und ein Photon (g ). Keines dieser beiden neutralen Partikel ist sichtbar, aber das L zerfällt nach sehr kurzer Zeit zu einem Proton und einem p-, die beide Spuren hinterlassen. Die kurze Entfernung zwischen der Erzeugung des L und seinem Zerfall ist im Foto gut zu erkennen. Das beim ersten Zusammenstoß erzeugte K+ schließlich fliegt eine zeitlang und zerfällt dann zu drei Pionen.

Bild B zeigt eine Folge von Vorgängen, bei der zwei Paare erzeugt werden: ein K- zerfällt in ein p- und zwei Photonen (g ), von denen jedes ein Elektron-Positron-Paar erzeugt, die Positionen (e+) kurven nach rechts, die Elektronen (e-) nach links.  
 

Vor allem auf die zweite Aufnahme möchte ich wegen eines wichtigen Gedankens näher eingehen:

Ein Elementarteilchen (K-, Kaon genannt) wandelt sich um in ein anderes Elementarteilchen (p-, Pion genannt) und zwei Photonen, wobei Photonen ja die materielleren Zustände des Lichts bedeuten. Bei diesem Umwandlungsprozeß entsteht also aus einem Elementarteilchen Licht.

Die zwei Photonen wiederum behalten den Lichtzustand nur eine gewisse Zeit bei, um sich dann wieder in zwei Elementarteilchen zu verwandeln. (Das Wort "verwandeln" habe ich hier bewußt anstelle des in der Fachsprache üblichen "zerstreuen" gewählt, weil es wesentlich besser den eigentlichen Sachverhalt ausdrückt.)

Aus Licht entstehen also jetzt wieder Elementarteilchen, wobei es sich jedoch um andere Teilchen als das Ausgangsteilchen handelt.

Es gibt eine zahlenmäßig nicht mehr erfaßbare Vielzahl von Umwandlungsprozessen, wie diese beiden Aufnahmen sie zeigen, wobei die Anzahl der dabei bis heute bekannten Elementarteilchen weit über die drei ursprünglich bekannten und dann meisten geläufigen Teilchen (Elektron, Proton und Neutron) hinausgeht. Dies möge die folgende Tabelle zeigen, in der lediglich die stabilen und langlebigen Teilchen aufgezeigt sind:

 

Zu jedem Elementarteilchen gibt es ein zweites Teilchen, welches, vereinigt mit dem Elementarteilchen, zu Licht zerstrahlt. Diese Teilchen werden Antiteilchen genannt. In der Regel haben die Antiteilchen entgegengesetzte Ladung zum Elementarteilchen bei gleicher Masse, z. B. ist das Antiteilchen zum Elektron das Positron.

Bei all diesen Umwandlungsprozessen kann zwischen Materie und Energie nicht mehr unterschieden werden.

Licht verwandelt sich wie selbstverständlich in "Materie" und umgekehrt. Es spielt sich ein ständiges Hin und Her zwischen verschiedenen mehr oder weniger materiellen Zuständen ab: Ein Fließen von einem Zustand in einen anderen – eine Abgrenzung zwischen Energie und Materie ist nicht mehr erkennbar! Materie und Energie sind eins, ja müssen nach all den Erkenntnissen der Elementarteilchenphysik ein und dasselbe sein. Verschiedene Teilchen sind nichts anderes als Ausdrücke ein und desselben – nämlich der Energie!

Genau das war es auch, was Albert Einstein zu Beginn des 20. Jahrhunderts herausfand und in seiner berühmten Gleichung

 

  E = m c²

manifestierte. Diese Gleichung drückt aus, wie Masse (m) sich in Energie (E) umformt. Man muß sie mit dem konstanten und sehr großen Faktor des Quadrates der Lichtgeschwindigkeit (c²) multiplizieren.

Einsteins Gleichung ist auf jedes Massestückchen anwendbar. Zum Beispiel kann man daraus erkennen, daß 1 kg Masse – vielleicht 1 kg Äpfel – die enorm hohe Energie von 90.000.000.000.000.000 Joule (90 Billiarden Joule) beinhaltet. Mit dieser Energie könnte man 1.000 Stück 90-Watt-Glühlampen etwa 1 Million Jahre ununterbrochen leuchten lassen!  
 
 

Die Erforschung der Umwandlungsprozesse der Elementarteilchen hat die Physik zu der entscheidenden Einsicht geführt, was Materie ist, und was in der sogenannten Quantenfeldtheorie beschrieben wird.

Dieser modernste und in seinen Forschungen noch nicht abgeschlossene Zweig der Physik wurde schon von Albert Einstein durch die vergebliche Suche nach einem einheitlichen Feld und von Werner Heisenberg, durch den Versuch, eine Weltformel zu finden, eingeleitet.

Bekannt wurden in der Quantenfeldtheorie auch die amerikanischen Physiker und Nobelpreisträger Richard Feynman – seine Feynman-Diagramme ermöglichen eine gute Darstellung der Umwandlungsprozesse – und Murray Gell-Mann, auf den die Überlegungen zu den "Quarks" zurückgehen.

Die Quantenfeldtheorie besagt nichts anderes, als daß die Grundlage aller Materie fließende Energie ist, daß der freie, unbegrenzte Zustand das Eigentliche ist, das Geistige also, das räumliche nicht zu begrenzende, alles durchdringende und auch alles formende Feld:

Hören wir am besten Albert Einstein selbst dazu: "Wir können daher Materie als den Bereich des Raumes betrachten, in dem das Feld extrem dicht ist... In dieser neuen Physik ist kein Platz mehr für beides, Feld und Materie, denn das Feld ist die einzige Realität." [13]   Oder hören wir, was der Mathematiker Hermann Weyl dazu sagt: "Nach der Feldtheorie der Materie ist ein Masseteilchen wie ein Elektron nur ein kleiner Bereich des elektrischen Feldes, in dem die Feldstärke enorm hohe Werte annimmt, so daß eine vergleichsweise sehr große Feldenergie sich in einem sehr kleinen Raum konzentriert. Solch ein Energieknoten, der keineswegs klar gegen das übrige Feld abgegrenzt ist, breitet sich wie eine Wasserwelle auf der Oberfläche eines Sees durch den leeren Raum aus. So etwas wie ein und dieselbe Substanz, aus der das Elektron die ganze Zeit besteht, gibt es nicht." [14]   Was muß ein Physiker folglich sagen, wenn er gefragt wird: Was ist Materie?

Ich formuliere die Antwort jetzt einmal so, wie es viele Materialisten nicht hören möchten, obwohl ich es sagen muß, weil es wahr ist:

Geistsubstanz, d. h. strömende Energie – in hohem Maße verdichtet – das wird Materie.