Psychowissenschaftliche Grenzgebiete
 
Thema: Der Verkehr mit der Geisterwelt Gottes
Der Geisterverkehr im nachapostolischen Zeitalter und in der jetzigen Zeit (3)
   


Blumhardt sah von Tag zu Tag mehr ein, daß bei der Kundgebung der leidenden, aber gutgesinnten Geister eine göttliche Leitung waltete. Es kam dabei auch keinerlei Unruhe vor. Doch scheinen ihm die wirklichen Zusammenhänge verborgen geblieben zu sein, nach denen sich das alles abspielte.

Nur ein sehr interessanter Fall soll nach dem Bericht Blumhardts hier noch erwähnt sein. Einer der Geister bat darum, daß ihm ein Aufenthalt in der Kirche gewährt werden möge. Blumhardt gab ihm zur Antwort:

"Du siehst, daß der Herr es ist, der dir den Weg zeigt, und daß es also nicht auf mich ankommt. Gehe hin, wo der Herr dich hingehen heißt."

Dann fuhr der Geist fort:

"Dürfte ich nicht in Ihr Haus gehen?"

Diese Bitte überraschte Blumhardt, und an Frau und Kinder denkend, war er nicht geneigt, die Bitte zu gewähren. Doch er besann sich und sagte:

"Nun denn, wenn du niemand beunruhigst und Jesus es dir erlaubt, mag es geschehen."

Da kam eine Stimme aus dem Munde der Kranken, die rief:

"Nicht unter Dach! Gott ist ein Richter der Witwen und Waisen!"

Der Geist fing an zu weinen und bat, wenigstens in den Garten Blumhardts gehen zu dürfen, was ihm jetzt von der göttlichen Kontrolle gestattet zu werden schien. Es war so, als ob durch diesen Geist bei seinen Lebzeiten als Mensch Witwen oder Waisen um ihr Obdach gekommen seien.

Die Erlebnisse, die Blumhardt in seiner Denkschrift weiter mitteilte, sind in seiner Lebensbeschreibung von Zuendel absichtlich weggelassen. Zuendel begründet es damit, daß er meint, Fernstehenden könnten die schauerlichen und qualvollen Kunststücke der Finsternis, die da zutage traten, den Eindruck der großen göttlichen Hilfe zu überragen und zu beeinträchtigen scheinen, die Blumhardt dabei erlebte. Es wäre jedoch sicherlich besser gewesen, wenn Zuendel alles berichtet hätte. Denn die Wahrheit braucht nie das Tageslicht zu scheuen.

Bei dem, was Zuendel nicht erwähnte, handelt es sich um die Macht der bösen Geister, materielle Substanz in geistige Substanz zu verwandeln, sie in diesem Zustand an andere Plätze, z. B. in einen menschlichen Körper zu bringen und sie dort wieder zur festen Substanz zu verdichten. Die Gesetze einer solchen "Dematerialisierung" und "Materialisierung" sind bei der Odlehre in diesem Buch eingehend besprochen worden. Blumhardt bezeichnet diese Vorgänge mit dem volkstümlichen Ausdruck "Zauberei". Doch hören wir jetzt den Bericht Blumhardts selbst. Blumhardt schreibt:

"Soviel Unbegreifliches und Unerhörtes im Bisherigen auch schon erzählt worden ist, so habe ich das Ärgste noch vor mir. Ich bleibe bei meiner Ehrlichkeit und fahre fort, das mitzuteilen, was mir noch in Erinnerung ist, und bin überzeugt, daß der Herr auch bei dieser Darstellung seine Hand über mir haben wird. Ihm zur Ehre, als dem Sieger über alle finsteren Kräfte, alles zu erzählen, ist auch meine einzige Rücksicht."

Mit dem 8. Februar 1843 begann eine neue Epoche in der Krankheitsgeschichte. Denn von jetzt an kamen noch schlimmere Erscheinungen und Wirkungen der verschiedenartigsten Zauberei zu meiner Beobachtung. Schauerlich war es für mich, wahrzunehmen, daß alles, was bisher zu dem lächerlichsten Volksaberglauben gerechnet wurde, als wirkliches Geschehen vor meine Augen trat.

Unzählige Dinge wurden in die Gottliebin hineingezaubert, um sie zu töten. Es fing mit Erbrechen von Sand und kleinen Glasstücken an. Dann kamen allerlei Eisenstücke, namentlich alte und verbogene Bretternägel zum Vorschein. Einmal fielen nach langem Würgen des Mädchens vor meinen Augen nacheinander zwölf solcher Nägel in das vorgehaltene Waschbecken. Ferner Schuhschnallen von verschiedener Größe und Gestalt, oft so groß, daß man kaum begriff, wie sie durch den Hals hindurchkommen konnten. Auch ein besonders großes und breites Eisenstück, bei welchem ihr der Atem ausging, so daß sie mehrere Minuten wie tot dalag.

Außerdem kamen in unzähligen Mengen Stecknadeln, Nähnadeln und Stücke von Stricknadeln heraus, oft einzeln, oft auch in Massen, mit Papier und Federn zusammengebunden. Es sah öfters aus, als ob Stricknadeln quer durch den Kopf gezogen wären, von einem Ohr bis zum anderen. Einmal kamen mehrere fingerlange Stücke zum Ohr heraus, ein andermal konnte ich es unter Handauflegung fühlen und hören, wie Nadeln im Kopf zerbrachen oder sich drehten und zusammengebogen wurden. Die einen waren stählerne Nadeln, die langsam in kleineren Stücken sich gegen den Schlund hinbewegten und zum Munde herauskamen; die anderen waren von Eisen und ließen sich biegen und fanden, drei- bis viermal gebogen, doch ganz, ihren Ausweg durch den Mund.

 

Bild 1: Röntgenaufnahme des linken Unterarmes einer brasilianischen Frau, in zwei Ebenen. Die Frau wurde durch den Schadzauber einer Umbanda-Priesterin verletzt. Der Chefarzt schloß völlig aus, daß die Stifte wegen ihrer tiefen Lage zwischen den Knochen von außen ma-nuell eingestochen sein könnten.

Aus: "Die Reise ins Jenseits", ein Film über paranormale Geschehnisse, von dem deutschen Filmregisseur Rolf Olsen, aus dem Jahre 1975.

 

Auch aus der Nase zog ich viele Stecknadeln hervor. Einmal kamen 15 solcher Nadeln auf einmal und mit solcher Heftigkeit zur Nase heraus, daß alle in der vorgehaltenen Hand der Gottliebin steckenblieben. Ein andermal klagte sie über Kopfschmerzen, und als ich ihr die Hand auflegte, sah ich überall weiße Punkte vorschimmern. Es waren zwölf Stecknadeln, die bis zur Hälfte noch im Kopfe steckten und einzeln von mir herausgezogen wurden, wobei sie jedesmal durch ein Zucken die Schmerzen kundgab.

Nähnadeln zog ich ferner aus allen Teilen des oberen und unteren Kiefers hervor. Sie fühlte dabei zuerst unerhörte Zahnschmerzen. Man konnte lange nichts sehen, bis man endlich die Spitzen fühlte. Nur unter großer Anstrengung konnte ich sie herausziehen. Zwei alte, fingerlange und verbogene Drahtstücke zeigten sich sogar in der Zunge, und es kostete Zeit und Mühe, bis sie völlig herausgenommen waren. Ferner waren um den ganzen Leib unter der Haut zwei lange, vielfach verbogene Drahtstücke eingewunden. Ich brauchte zusammen mit meiner Frau wohl eine Stunde dazu, bis sie ganz entfernt waren. Mehr als einmal fiel sie dabei, wie dies überhaupt oft der Fall war, in Ohnmacht.

Es kamen aus allen Teilen des Oberleibes ganze und halbe Stricknadeln so häufig hervor, daß ich deren Zahl wohl auf 30 schätzen darf. Sie kamen teils quer, teils senkrecht heraus, und manchmal mitten aus der Herzgrube. Wenn die Nadeln oft schon zur Hälfte heraus waren, hatte ich doch noch eine halbe Stunde mit aller Kraft zu ziehen, um sie ganz zu entfernen. Auch andere Dinge, Nadeln verschiedener Art, große Glasstücke, Steinchen und einmal ein langes Eisenstück kamen aus dem Oberleib.

Ich kann es wahrlich niemand übelnehmen, der mißtrauisch gegen meine Mitteilungen wird; denn es geht zu sehr über alles Denken und Begreifen. Aber bei diesen Beobachtungen, die fast ein ganzes Jahr dauerten, hatte ich immer mehrere Zeugen. Ich mußte schon deswegen streng darauf halten, solche Zeugen bei mir zu haben, um üblen Gerüchten vorzubeugen. Ich kann daher kühn und frei diese Sachen erzählen, da ich völlig sicher bin, daß nicht der geringste Betrug obwaltete noch obwalten konnte. Sooft ich sie in jener Zeit besuchte, gerufen oder ungerufen, regte sich wieder etwas und arbeitete sich aus irgendeinem Teile des Leibes hervor. Der Schmerz war jedesmal fürchterlich und fast immer so, daß sie mehr oder weniger die Besinnung verlor. Sie sagte: "Das mache ich nicht durch, das ist mein Tod!"
 

Wenn sie zu klagen anfing, daß sie irgendwo Schmerzen fühle, so brauchte ich ihr nur unter Gebet die Hand aufzulegen, und sie fühlte alsbald, daß die Sache sich bewegte oder drehte und einen Ausgang suchte. Durch die äußere Haut ging es am schwersten, und man fühlte es oft lange, wie sich von innen heraus etwas vordrückte.

Bisweilen jedoch schnitt sie sich in meiner Abwesenheit, von Schmerz überwältigt, mit einem Messer die Haut auf, und diese Wunden waren fast nicht mehr zu heilen.

Auch lebendige Tiere kamen aus ihrem Munde: Heuschrecken, Fledermäuse, Frösche und einmal eine Natter. Die Natter verursachte ihr nachher eine Wunde am Halse und stach sie so heftig in den Fuß, daß das Bluten fast nicht aufhören wollte."

Ich kann diese Seite des Kampfes nicht schließen, ohne wenigstens noch einen Fall der schauderhaftesten Art zu erzählen.

Zu Anfang Dezember 1843 hatte Gottliebin ein Nasenbluten, das gar nicht aufhören wollte. Wenn sie eine Schüssel von Blut verloren hatte, fing es von neuem an. Es ist unbegreiflich, wie sie bei einem so ungeheuren Blutverlust überhaupt noch am Leben bleiben konnte. Auffallend war, daß das Blut zugleich einen sehr scharfen Geruch hatte und immer besonders schwarz aussah.

Eines Tages, als ich von einem anderen Ort heimkehrte, kam mir jemand entgegengelaufen und sagte, ich möchte doch schnell zu der Gottliebin kommen. Ich eilte und sah überall die Leute voll Schrecken zum Fenster herausschauen und hörte sie rufen: ‘Herr Pfarrer, es tut Not!‘ Ich trat in die Stube der Gottliebin. Aber ein erstickender Blutdunst wollte mich wieder heraustreiben. Sie saß in der Mitte der kleinen Stube, hatte vor sich einen Kübel, der wohl zur Hälfte mit Blut und Wasser gefüllt war. Durch die ganze Länge der Stube vor ihr und hinter ihr floß eine breite Blutlache. Sie selbst war über und über so mit Blut bedeckt, daß man die Kleider kaum mehr erkannte. Das Blut rieselte lebhaft aus beiden Ohren, aus beiden Augen, aus der Nase und sprudelte sogar oben auf dem Kopf in die Höhe. Es war das Gräßlichste, das ich je gesehen habe. Im Augenblick war ich ratlos. Doch faßte ich mich.

Dann ließ ich ihr das Gesicht waschen, das nicht mehr zu erkennen war, ebenso den Kopf. Darauf befühlte ich eine Stelle des Kopfes, an der sich etwas befinden sollte. Oberhalb der Stirne gewahrte ich einen kleinen, aber verbogenen Nagel, der sich emporbohrte. Am Hinterkopf drehte und arbeitete sich innerhalb der Haut etwas weiter herab. Endlich kam ein verbogener Bretternagel zum Vorschein. Das Bluten hatte von nun an ein Ende, und am Abend fühlte sie sich ziemlich wohl und gestärkt.

Gottliebin konnte sich aus früherer Zeit gut erinnern, daß sie bisweilen auf das Essen einer Suppe oder anderer Speisen sogleich etwas Eigentümliches im Hals oder Leib gefühlt habe. Einmal warf sie Überbleibsel von einem solchen Essen einem Huhn vor, daß augenblicklich rasend umherlief und nach einer Weile wie erstickend tot umsank. Sie öffnete Kopf und Hals des Huhnes, und da steckten zu ihrem Schrecken eine Menge Schuhnägel. Wie aber konnten solche Sachen in den Kopf und Leib kommen?

Gottliebin erzählte, daß sie nachts öfters die Geister von Personen aller Arten und Stände zu sich ans Bett kommen sah. Diese hätten ihr entweder etwas wie Brot in den Mund gereicht oder andere Stellen ihres Leibes berührt. Alsbald habe sie Veränderungen in sich gefühlt, und nachher seien dann die Gegenstände aus ihr hervorgekommen.

Jener Bretternagel und der kleinere Nagel, die das heftige Bluten verursachten, wurden ihr abends mitten auf der Straße von einem Geiste, der einen geistlichen Ornat trug und dort wartete, auf eine besondere Weise in den Kopf geschafft, wobei sie nicht den geringsten Widerstand leisten konnte; und bald darauf fing das Bluten an.

Eines Nachts traten drei Männer als Geister vor sie, die in einem Glas eine giftige Essenz in der Hand hielten. Sie konnte sich wiederum nicht bewegen. Der eine öffnete ihren Mund, der andere hielt sie am Kopf und der dritte wollte ihr die Flüssigkeit eingießen. Doch gelang es ihm nur, ihr ein wenig davon in den Mund zu schütten. Um sie zu ersticken, wurde ihr nun wieder der Mund geschlossen und zugehalten. Der Dampf der Flüssigkeit ging jedoch durch die Nase heraus. Sie war nur imstande, während dies geschah, ein kurzes Gebet zu seufzen. Als die Männer merkten, daß sie nichts ausrichteten, schütteten sie ihr den Inhalt des Glases über den Kopf und entfernten sich. Am Morgen war die Nachthaube der Gottliebin von einem gelblichen, häßlich riechenden Stoffe zerfressen und ließ sich leicht zerbröckeln.

Einmal, als sie in ihrer Kammer schlief, hatte sie abends ihren Rock an die Kammertüre gehängt. Die Schwester, die mit ihr in demselben Bette lag, wußte genau, was in der Rocktasche war und daß Gottliebin nicht aus dem Bette aufstand. Gottliebin aber sah des Nachts eine Gestalt zu ihrem Rock gehen, aus der Tasche ein blechernes Geldbüchschen, wie es die Bauersleute haben, nebst anderem herausnehmen und dann vor sie hintreten. Am anderen Morgen wurden von ihr unter heftigem Würgen Geldstücke und das Büchschen erbrochen.

Endlich, als diese Erscheinungen unerschöpflich zu werden drohten, raffte ich meine ganze innere Kraft im Gebet zusammen und flehte zu Gott, er möge, da er die Kraft sei, die alles aus nichts gemacht habe, nun diese Gegenstände in nichts verwandeln, damit die Kunst des Teufels gänzlich zunichte werde. Dieser Art war mein Kämpfen mehrere Tage lang, und der Herr, der verheißen hat: 'Alles, was ihr in meinem Namen bitten werdet, das will ich euch geben‘, hat Wort gehalten. Es gelang.
 
  Aber auch diesem vermeintlichen Ende folgten nun noch einmal entsetzliche Krankheitserscheinungen bei der Gottliebin, die absichtlich auf ihren Tod zu zielen schienen. Als sie einmal sich selbst in unglaublich furchtbarer Weise verwundet hatte, wurden die Wunden wieder wunderbar geheilt. Aber plötzlich brachen sie wieder auf, und eine Freundin kam in größter Bestürzung zu Blumhardt mit der Meldung, jede Minute könne der Tod eintreten. Blumhardt schreibt:

 

"Da stürzte ich in meinem Zimmer auf die Knie nieder und redete kühne Worte. Diesmal wollte ich, so stark war ich geworden, im Augenblick dem Teufel nicht einmal die Ehre antun, selbst hinzugehen, sondern ließ durch die Freundin sagen: ‘Gottliebin solle sich selbst aufmachen und zu mir kommen. Sie könne es im Glauben.‘ Es stand nicht lange an, so kam sie die Treppe herauf. Wie es aber mir dabei wurde, kann mir niemand nachfühlen."

Den Schluß der Geschichte erzählt Blumhardt mit folgenden Worten:

"Es schien sich alles, was nur je früher vorgekommen war, noch einmal zusammenzudrängen. Das Mißlichste war, daß sich in diesen Tagen die finsteren Einwirkungen auch auf den halbblinden Bruder und eine andere Schwester Katharina ausdehnten, und ich also mit dreien zugleich den verzweifelten Kampf durchzumachen hatte, wobei deutlich der innere Zusammenhang zwischen diesen dreien zu erkennen war. Den Verlauf des einzelnen kann ich nicht mehr genau erzählen. Es war viel zu mannigfaltig, als daß ich es im Gedächtnis hätte behalten können. Aber Tage waren es, wie ich keine mehr zu erleben hoffte. Denn es war soweit gekommen, daß ich sozusagen alles aufs Spiel zu setzen wagen mußte, wie wenn es hieße ‘siegen oder sterben‘.

So groß übrigens auch meine Anstrengung war, so fühlbar war mir ein göttlicher Schutz. Der Bruder war am schnellsten wieder frei, und zwar so, daß er sogleich tätige Hilfe im Nachfolgenden leisten konnte. Die Hauptsache kam aber diesmal nicht an Gottliebin, welche im letzten Akt nach vorausgegangenen Kämpfen gleichfalls völlig frei zu sein schien, sondern an ihre Schwester Katharina, die früher nicht das mindeste derart erfahren hatte, nun aber so rasend wurde, daß sie nur mit Mühe festgehalten werden konnte. Sie drohte, mich in tausend Stücke zu zerreißen, und ich durfte es nicht wagen, ihr nahezutreten.

Sie machte unaufhörlich Versuche mit eigener Hand, wie sie sagte, sich den Leib aufzureißen oder lauerte listig umher, als wollte sie etwas Gräßliches an denen, die sie hielten, verüben. Dabei rasselte und plärrte sie so fürchterlich, daß man Tausende von Lästermäulern sich in ihr vereinigt denken konnte. Am auffallendsten war, daß sie ganz bei Besinnung blieb, indem man mit ihr reden konnte, sie auch bei scharfen Ermahnungen sagte, sie könne nicht anders reden und handeln. Man möchte sie nur recht festhalten, damit nichts durch sie geschehe. Auch nachher hatte sie noch von allem, selbst von den gräßlichsten Mordversuchen, bestimmte Erinnerungen, und diese wirkten so niederschlagend auf sie, daß ich mich mehrere Tage ihrer besonders annehmen mußte, bis nach fleißigem und ernstlichem Beten ihr die Erinnerungen allmählich schwanden.

Daneben ließ sich dennoch der Dämon aus ihr ebenso bestimmt vernehmen, der sich diesmal nicht als einen abgeschiedenen Menschengeist, sondern als einen vornehmen Satansengel ausgab, als das oberste Haupt aller Zauberei. Er behauptete, daß mit dem, daß er in den Abgrund fahren müsse, der Zauberei der Todesstoß gegeben werde, an dem sie allmählich verbluten müsse.

"Plötzlich gegen 12 Uhr um Mitternacht dröhnte aus der Kehle des Mädchens zu mehreren Malen, ja wohl eine Viertelstunde andauernd, nur ein Schrei der Verzweiflung mit einer erschütternden Stärke, als müßte das Haus zusammenstürzen. Grausenerregenderes läßt sich nicht denken. Und es konnte nicht fehlen, daß die Hälfte der Bewohner des Ortes nicht ohne besonderen Schrecken Kenntnis von dem Kampfe bekam. Dabei befiel Katharina ein so starkes Zittern, daß es war, als wollten sich alle ihre Glieder voneinander abschütteln. Unter Äußerung von Angst und Verzweiflung mischten sich in der dämonischen Stimme ein riesenhafter Trotz, eine Herausforderung gegen Gott, ein Zeichen zu tun, damit er nicht so gemein wie andere Sünder seine Rolle niederlegen, sondern gewissermaßen unter Ehren in die Hölle fahren müsse. Solch schauerliches Gemisch von Bosheit, Verzweiflung, Trotz und Hochmut ist wohl schwerlich je irgendwo erblickt worden.

Endlich kam der ergreifendste Augenblick, welchen unmöglich jemand genügend sich vorstellen kann, der nicht Augen- und Ohrenzeuge war. Um 2 Uhr morgens brüllte der angebliche Satansengel, wobei das Mädchen den Kopf und Oberleib über die Lehne des Stuhles zurückbog, mit einer Stimme, die man kaum bei einer menschlichen Kehle für möglich halten sollte, die Worte heraus: ‘Jesus ist Sieger! – Jesus ist Sieger!‘ Worte, die, soweit sie ertönten, auch verstanden wurden und auf viele Personen einen unauslöschlichen Eindruck machten. Nun schien die Macht und Kraft des Dämons mit jedem Augenblick mehr gebrochen zu werden. Er wurde immer stiller und ruhiger, konnte immer weniger Bewegungen machen und verschwand zuletzt ganz unmerklich, wie das Lebenslicht eines Sterbenden erlischt, jedoch erst gegen 8 Uhr morgens."

Damit war der zweijährige Kampf zu Ende.
 
 

Was Blumhardt erlebt hatte, waren die Kundgebungen der bösen und niederen Geisterwelt durch menschliche Medien. Es war an und für sich nichts Neues. Nur für ihn war es neu. Hätte er sich dieser in der Gewalt des Bösen befindlichen Medien nicht angenommen, so würde es ihnen ergangen sein, wie es täglich so vielen ergeht, die man in vollständiger Unkenntnis der Vorgänge sich selbst überläßt. Sie wären entweder im Irrenhaus gelandet oder hätten durch Selbstmord ihrem Leben ein Ende gemacht.

Gottliebin Dittus war "Tieftrancemedium". Auf welche Weise sie sich dazu entwickelte, dafür finden sich in den Angaben des Blumhardt keine Anhaltspunkte. Es ist wahrscheinlich, daß sie mit ihren anderen Geschwistern zusammen das sogenannte "Tischrücken" betrieben hatte und daß ihre angeborene Medialität auf diesem Wege immer stärker sich entfaltete.  
 

Die Bewußtlosigkeit trat dann bei ihr ein, wenn der eigene Geist von den fremden Geistwesen aus ihr verdrängt wurde und jene Geistwesen von ihr Besitz ergriffen. Beim Austritt des eigenen Geistes fiel sie wie tot hin und wurde wieder aufgerichtet durch den Geist eines Dämons, der in ihren Körper eingetreten war und seine Kundgebungen machte.

Die Schläge wurden um so lauter, je größer die Odkraft war, die sich bei dem Medium ansammelte. Die Odkraft des Mediums wurde durch die Odmenge verstärkt, welche die anwesenden Menschen ausstrahlten. Da auch Blumhardt, ohne es zu wissen, über bedeutende mediale Kräfte verfügte, so waren die Kundgebungen der Geisterwelt durch das Medium in seiner Gegenwart stärker als in seiner Abwesenheit. Ihre Schwester Katharina war kein Tieftrancemedium, sondern bei ihr stellte sich bloß Teiltrance ein. Infolgedessen war ihr Geist nicht ganz aus dem Körper verdrängt, sondern hörte alles, was der fremde Geist durch sie redete, und sie konnte sich daher aller Vorgänge nachher erinnern, wenn sie auch nicht imstande war, die Kundgebungen selbst zu verhindern, da sie sich ganz in der Gewalt des fremden Geistwesens befand.

Blumhardt lernte nach und nach die einzelnen Arten der Geister unterscheiden. Vor allem wurde ihm die wichtige Tatsache zur Gewißheit, daß bei dem Erscheinen höherer Geister und schwer leidender Geistwesen, die aber guten Willens sind, eine göttliche Kontrolle herrscht, so daß alles in schönster Ordnung vor sich geht. Diese Kontrolle bestimmt, welche Geister zugelassen werden. Darum leisteten diese von der höheren Kontrolle zugelassenen leidenden Geister auch keinen Gehorsam, als Blumhardt sie anfangs ohne Hilfe fortschicken wollte. Sie waren ja auf höhere Anordnung in das Medium eingetreten, um durch Blumhardt belehrt und auf Gott hingewiesen zu werden. Sie hatten daher ein Recht auf diese Belehrung, und es war die Pflicht Blumhardts, ihren Bitten zu willfahren. Leider hat Blumhardt erst spät diese Pflicht erkannt.

Das Lehrreiche an diesen Vorgängen war für Blumhardt die unleugbare Tatsache, daß es einen Verkehr mit der Geisterwelt gibt. Die Geschehnisse, die sich vor seinen Augen abspielten, waren keine Sinnestäuschungen und können von niemand in das Reich der Fabel verwiesen werden. Denn sie spielten sich in voller Öffentlichkeit ab, und eine große Zahl von Augen- und Ohrenzeugen konnte sie bestätigen.

Die Wirklichkeit der Geschehnisse war auch der Grund, weshalb die Kirchenbehörde Blumhardt ersuchte, eine Denkschrift über die Vorgänge an sie einzureichen.

Blumhardt sah bloß die unleugbaren Tatsachen vor sich und lernte erst nach und nach einige Zusammenhänge auf diesem Gebiete kennen. Die ewigen Gesetze, nach denen die Verbindung mit der Geisterwelt vor sich geht, scheinen ihm bis zu seinem Tode unbekannt geblieben zu sein. Darum erkannte er auch nicht den Weg, auf dem sowohl das israelitische Volk als auch die ersten Christen zur Verbindung mit der guten Geisterwelt gelangten. Das Sprechen der bösen und schwer leidenden Geister durch menschliche Medien hat er in erschütternder Weise erlebt. Aber die wunderbaren Kundgebungen der hohen Geister Gottes durch Sprechmedien blieben ihm versagt.

Auch das hat seinen tieferen Grund. Denn alles Geschehen hat seine Zeit.

Sicherlich waren die Zeitverhältnisse, in denen Blumhardt lebte, zu einer derartigen absichtlich herbeigeführten Verbindung mit der guten Geisterwelt nicht geeignet. Sicherlich würde Blumhardt bei der Einstellung seiner Kirche zu solchen Dingen sein ganzes Wirken und seine Stellung gefährdet haben. Hatte er ja schon Anfeindungen von seiner Kirchenbehörde genug auszustehen, als nachher sich die guten Geistwirkungen bei ihm und seinen Pfarrangehörigen zeigten, auf die ich gleich zu sprechen komme. Ein Mehr auf diesem Gebiete, wie es ein Abhalten guter spiritualistischer Zusammenkünfte gewesen wäre, würde ohne Zweifel das schärfste Vorgehen der evangelischen Kirchenleiter gegen Blumhardt veranlaßt haben.

Auch die Geisterwelt Gottes paßt ihr Wirken den Umständen an, die ihnen in den Zeitverhältnissen entgegentreten.

Hatte Blumhardt die Ausgießung der Geister der Finsternis auf die Menschheit an einigen Beispielen in erschreckender Weise gesehen und persönlich erlebt, so sollte er aber auch in noch wunderbarerer Form die Ausgießung der Geister Gottes an sich und seiner Gemeinde erfahren. Sie erinnert an die Ausgießung der göttlichen Geister in den ersten christlichen Zeiten.

Die Geister der Buße und der Gesinnungsänderung waren das erste Geschenk von OBEN, das Blumhardt nach treu überstandenem Kampfe gegen die bösen Mächte für seine ganze Pfarrei und die Umgebung empfing. Nach und nach kamen alle und bekannten, von einer unwiderstehlichen inneren Gewalt genötigt, die Sünden ihres Lebens. Blumhardt wurde innerlich von einem Geiste Gottes eingegeben, wem er die Vergebung der Sünden verkünden solle. Es war also nicht ein gewöhnliches Beichten und Lossprechen, wie es in der katholischen Kirche Sitte ist, sondern eine Reinigung von Sünden infolge einer Offenbarung eines Geistes Gottes. Darum war der Wahlspruch Blumhardts von da an: "Bitten wir und hoffen wir auf eine neue Ausgießung des Heiligen Geistes."

Auch kam der Geist der Heilung auf Blumhardt. Durch seine Handauflegung, sein Gebet, seine Nähe wurden die schwersten Krankheiten geheilt.

Das Wunderbare dieses Geschehens möge man in dem Buche Zündels nachlesen.

Ich schließe diese Darstellung der Wirkungen der bösen und der guten Geisterwelt im Leben Blumhardts mit seinen Worten in einem seiner Briefe:

"Wenn etwa einer untersuchen möchte, ob alles, was der Herr bei mir tut, persönlich sei oder sich nachahmen lasse, so muß ich gestehen, daß infolge meiner Kämpfe mir allerdings etwas Persönliches geworden ist, daß nicht jeder so plötzlich auch haben kann. Indessen ist meine Überzeugung, daß es allgemeiner werden muß und daß man überhaupt um die Erneuerung der ursprünglichen Kräfte in deren ganzem Umfang bitten darf. Bei mir wird eigentlich vorderhand nur der Beweis geliefert, daß man diese Bitte tun darf. Aber ehe gleichsam der Himmel sich auftut, wird es nicht, und es ist eine falsche Meinung, als ob man nur wieder glauben dürfte, um sogleich alles wieder zu haben, was die apostolische Zeit hatte. Nein, die Kräfte sind in Wahrheit wieder zurückgenommen worden und können nur langsam wieder erlangt werden.  

Sie sehen daraus, wie verschieden ich von den Irwingianern bin, die, den jetzigen Zustand der Christenheit übersehend, alles wiederhaben wollen.
 
 

Daß dies werde, muß ernstlicher gekämpft, biblischer gepredigt, dringlicher gebetet werden. Wird ein Geist der Buße ausgegossen im großen, wie ich es im kleinen an meiner Gemeinde erfahren habe, da sich dann sogleich die ersten Spuren der Geistesgaben offenbarten, so gibt sich eins ums andere, bis allerdings eine apostolische Zeit wiederkehrt, neben welcher sich dann freilich der eigentliche Widerchrist aufmachen wird."

Diese Ausführungen Blumhardts sind etwas unklar und nur zum Teil richtig. Die Wahrheit ist folgende:

Was jeder aus dem guten Geisterverkehr empfängt, ist eine Belehrung über den wahren Weg, der zu Gott führt. Es ist die Predigt der Wahrheit, die ihm zuteil wird. Ob dann noch weitere Kräfte der Geister Gottes bei ihm in Wirksamkeit treten, hängt bei jedem davon ab, ob er sein Leben nach der ihm mitgeteilten Wahrheit gestaltet und in welchem Maße er es tut. Wer jedoch die Wahrheit in sich aufnimmt und sein Inneres danach umzugestalten sich bemüht, bei dem machen sich auch die Geisterkräfte bemerkbar, die wir bei den ersten Christen finden, und zwar so, wie es seiner Lebensaufgabe entspricht. Denn auch bei den ersten Christen hatte nicht jeder die gleichen Gaben. Auch waren die einzelnen Gaben nicht dazu bestimmt, daß derjenige, der sie besaß, bloß für sich Nutzen davon haben sollte, sondern damit sie zum allgemeinen Wohl der Gesamtheit dienten. Diese Tatsache wird ja auch von dem Apostel Paulus stets so scharf betont. Auch heute wird der kleinsten Gemeinde gottesgläubiger und gottsuchender Menschen dasselbe von Gottes Geistern gewährt, was die ersten Christen empfingen. Voraussetzung ist bloß, daß man mit allen Kräften nach dem Guten strebt und die Einflüsse des Bösen von sich abwehrt. Ob der Kreis, der dies tut, ein großer oder ein kleiner ist, wird niemals für die Wirkung der Geisterwelt Gottes maßgebend sein.
 
 

Ein ähnliches Bild von den Wirkungen der bösen und guten Geisterwelt, wie wir es bei dem evangelischen Pfarrer Blumhardt sahen, tritt uns bei dem katholischen Pfarrer Vianey von Ars entgegen.
 

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