Psychowissenschaftliche Grenzgebiete
 
Thema: Der Verkehr mit der Geisterwelt Gottes
Der Geisterverkehr im nachapostolischen Zeitalter und in der jetzigen Zeit (4)
   

4. 2 Pfarrer Vianey von Ars und die Geisterwelt

Johannes Baptista Maria Vianey lebte von 1786 bis 1840 (-3-). Seine Lebenszeit fällt also noch zu einem großen Teil in die des Pfarrers Blumhardt. Während Blumhardt in der deutschen Pfarrei Möttlingen seine segensreiche Wirksamkeit entfaltete, lebte und wirkte Vianey in der kleinen Gemeinde Ars in Frankreich. Wegen seiner geringen Begabung konnte Vianey nur unter großen Anstrengungen seine Weihe zum Priester erreichen.

Schon als Kind gab sich Vianey täglich der inneren Sammlung im Gebet hin. Diese innere Konzentration übte er, ähnlich wie Blumhardt, sein ganzes Leben. Sie brachte bei ihm die medialen Gaben zur Entfaltung, welche die Vorbedingung für die Wirkungen sind, die von der Geisterwelt auf die Menschen ausgeübt werden. Dasselbe gilt von Blumhardt. Während der evangelische Pfarrer Blumhardt zuerst die dämonischen Kundgebungen durch das Medium Gottliebin Dittus in seiner Pfarrei erlebte und nachher erst die Wirkungen sowohl der guten als auch der bösen Geisterwelt an seiner eigenen Person erfuhr, war der Pfarrer von Ars allein die Persönlichkeit, an der die Kundgebungen der Geister sich zeigten. Bei anderen Personen seiner Umgebung oder seiner Pfarrei machten sich derartige Wirkungen nicht bemerkbar. Im übrigen sind die Geschehnisse bei beiden dieselben.

Die Übereinstimmung in all diesen Dingen erstreckt sich bei diesen beiden Männern bis in die kleinsten Einzelheiten, so daß man das Walten einer göttlichen Gesetzmäßigkeit daraus erkennen kann. Auch die dämonischen Kundgebungen erfolgten bei beiden nach denselben geistigen Gesetzen. Doch lassen wir nun die Tatsachen aus dem Leben Vianeys selbst reden. Beginnen wir mit dem Dämonischen, das sich bei Vianey kundgab. In der Lebensbeschreibung wird der Teil, der von den dämonischen Einflüssen handelt, mit den Worten eingeleitet:

"Doch möge hier zunächst ein Wort für diejenigen gesagt sein, die versucht sind, in dieser Hinsicht zu zweifeln oder bei der Lesung der folgenden Seiten zu lächeln. Sie werden nicht die ersten sein, die das tun. Ja, sie werden nicht einmal etwas in dieser Beziehung denken oder aussprechen, was nicht schon vor ihnen zu Lebzeiten Vianeys die Welt gedacht oder gesagt hat und was nicht mit noch größerem Nachdruck als die Weltleute, die Geistlichkeit damals ausgesprochen hat. Kaum hatte nämlich das Gerücht, der Pfarrer von Ars werden von den Teufeln heimgesucht, sich zu verbreiten begonnen, als ein großes Gelächter in allen umliegenden Pfarrhäusern anhub.

Alsbald setzten die ‘guten‘ Mitbrüder dem Pfarrer von Ars auseinander, daß er ein großer Träumer sei, der ein krankes Gehirn habe; daß ferner die Hölle, aus der seine Dämonen kämen, ganz einfach der Fleischtopf sei, in welchem er seine Kartoffeln verschimmeln lasse. ‘Mein lieber Pfarrer‘, sagten sie ihm, 'leben Sie wie jedermann; nähren Sie sich besser; dann wird Ihr Kopf wieder gesund, und Sie werden sehen, wie die Teufel verschwinden.'"

Vianey lebte nämlich sehr bescheiden und fast nur von Kartoffeln, die er sich am ersten Wochentage für die ganze Woche kochte und dann kalt aß, und die nicht selten am Ende der Woche schimmlig geworden waren.

"Weit davon entfernt, jener schwache Geist zu sein, der solchen Hirngespinsten zum Opfer fällt, wie es sich seine Amtsbrüder eingeredet hatten, war Pfarrer Vianey von Natur aus so wenig leichtgläubig, daß er selbst zuerst nicht annehmen wollte, es seien Teufel, die ihn quälten. Erst dann, als er vergebens nach einer Erklärung für die seltsamen Geräusche gesucht hatte, die ihn immer wieder während der Nacht störten, begriff er ihre Herkunft und Art.

Eines Tages hörte er heftig gegen seine Haustüre stoßen. Er öffnete das Fenster und fragte: ‘Wer ist da?‘ Niemand antwortete ihm. Als das Geräusch sich an seiner Treppentüre wiederholte, stellte er dieselbe Frage. Abermals blieb er ohne Antwort. Da ihm damals prächtige Gewänder für seine Kirche geschenkt worden waren, die er im Pfarrhause aufbewahrte, so dachte er, es hätten Diebe bei ihm einzubrechen versucht. Er hielt es für gut, Vorsichtsmaßregeln zu treffen. Deshalb bat er einige mutige Männer, Wache zu stehen. Sie kamen denn auch während mehrerer Nächte und hörten denselben Lärm. Doch entdeckten sie nichts. Man paßte im Glockenturm auf, indessen gleichfalls ohne Erfolg. Man hörte heftige Stöße, ohne etwas zu sehen. Die Wächter waren sehr erschrocken. Selbst dem Pfarrer wurde recht bange.

Eines Nachts im Winter, als er wieder starke Schläge gegen die Türe vernommen hatte, sprang er eilends aus dem Bett, stieg in den Hof hinab, indem er überzeugt war, daß die Übeltäter, wenn es sich um solche handelte, ihre Spur im frischgefallenen Schnee zurückgelassen hätten und daß man sie so endlich fassen könne. Aber er sah niemanden, hörte nichts mehr und bemerkte auch keine Fußspur im Schnee. Da nun zweifelte er nicht mehr, daß der Satan ihn verfolgen wollte. - Von dem Tage an, wo er überzeugt war, daß die nächtlichen Ruhestörer Dämonen seien, hatte er viel weniger Angst.

Indessen richteten sich die Hauptabsichten der Dämonen zweifellos darauf, seine seelsorgerliche Tätigkeit minder fruchtbar zu machen, indem sie seinem überanstrengten Leibe die nötige Nachtruhe raubten. Alles schien bei diesen Plagen gar trefflich darauf eingerichtet zu sein, daß ihm das Schlafen ganz unmöglich gemacht würde. Meistens vernahm Vianey eines von jenen eintönigen Geräuschen, die mehr als alles andere, wie man weiß, zur Schlaflosigkeit veranlassen. Bald war es ein Geräusch, wie wenn ein Balken durchgesägt oder durchgebohrt würde. Bald schien es, als ob man eine Reihe Nägel einklopfte. Es kam ihm auch vor, als ob Regimenter Soldaten an seiner Tür vorbeizögen; als ob eine Schafherde über seinem Haupt dahintrampelte; als ob ein Pferd über seine Fliesen galoppierte; als ob jemand auf seinem Tisch trommelte; als ob man in seiner Nähe Eisenreifen um ein Faß festschlage; als ob alle Wagen von Lyon über seine Diele rollten; als ob eine lärmende Versammlung in unbekannter Sprache in seinem Hofraum sich unterhalte. Diese letzte Plage dauerte mehrere Nächte hintereinander.

Ein anderes Mal hörte er seine Türe öffnen und sich in barscher Weise bei seinem Familiennamen anreden. Dann hatte er eine Fülle von spöttischen Grobheiten zu ertragen, unter denen am häufigsten die Bezeichnung ‘Kartoffelfresser‘ vorkam. Ferner wurden seine Möbel hin- und herbewegt. Es wurde an seinen Vorhängen mit solcher Wucht gerissen, daß er darüber verwundert war, sie am anderen Morgen noch heil zu finden". (S. 66 - 70)

Groß waren auch die inneren Anfechtungen, die er von seiten der Bösen zu erdulden hatte und mit denen sie ihn zur Verzweiflung zu treiben suchten. Bei Blumhardt treffen wir dieselben Erscheinungen. Leider sind die in seiner Denkschrift enthaltenen dämonischen Einwirkungen, soweit sie seine Person angingen, absichtlich in seiner Lebensbeschreibung unterdrückt worden, wie ich dies bereits früher erwähnte.

Sowohl bei Blumhardt als auch bei Vianey hatten jene dämonischen Machenschaften den einzigen Zweck, das Wirken dieser Männer in der Führung ihrer Mitmenschen zu Gott ganz zu vernichten oder doch zu beschränken. Darum suchten sie Blumhardt in das ihm unbekannte Gebiet des Dämonischen durch die Gottliebin Dittus zu verstricken und ihn, als ihnen das nicht gelungen war, nachher durch äußere und innere Anfechtungen zu verwirren und mutlos zu machen. - Bei Vianey hatten sie es zunächst auf die Einflößung der Mutlosigkeit und Verzweiflung abgesehen und benutzten dazu als Werkzeuge die katholischen Geistlichen der Nachbarbezirke, die einen solchen Feldzug der gemeinsten Verleumdung und Verdächtigung gegen den armen Pfarrer von Ars eröffneten und zehn Jahre lang durchführten, daß jeder andere einem solchen Kampfe hätte erliegen müssen. - Als dies nicht zum Ziele führte, versuchten es die Dämonen mit einer Schwächung seiner Gesundheit durch Entziehung des Schlafes. Von diesem Versuch ließen sie während seines ganzen Lebens nicht ab. Erst in seinen letzten Lebensjahren scheint er nachts nicht mehr belästigt worden zu sein.

Noch ähnlicher, wie im Punkte der dämonischen Erlebnisse, sind sich beide Männer in dem, was ihnen an Göttlichem von seiten der guten Geister zuteil wurde. Hier haben sie alles gemeinsam.

Auch Christus mußte diesen Kampf bestehen. Auch seine öffentliche Tätigkeit mit den Beweisen der Gotteskraft, die in ihm wirksam war, begann erst, als er 40 Tage und 40 Nächte das Dämonische und seine furchtbaren Wirkungen an sich erfahren hatte und dagegen standhaft geblieben war. Der Knecht ist nicht über dem Meister.

Die Bekehrungen infolge der Ausgießung eines Geistes der Buße als innere Umkehr hatten in der Pfarrei Blumhardts denselben Verlauf wie in der Pfarrei Vianeys. Und aus beiden Pfarreien erstreckten sie sich in gleicher Weise nach und nach bis in die entferntesten Gegenden. Die erste Wirkung der Geister der Buße ist in den Herzen der Menschen ein inneres Erschrecken über die Sünden und Vergehen des vergangenen Lebens und über die dadurch herbeigeführte Gottesferne. Dieses innere Erschrecken über sich bei einem vom Geiste der Buße berührten Menschen ist so groß, daß er keine Ruhe mehr findet, bis er sein Inneres einem gottestreuen Menschen offenbart und dessen Urteil gehört hat. Eine unsichtbare Gewalt treibt sie unwiderstehlich, bis sie die Gottesnähe in ihrem Herzen fühlen und die darin enthaltene Gewißheit haben, daß ihre Sünden vergeben sind. Ein solches Gefühl des Glückes strömt dann in ihr Herz, daß es keine menschlichen Worte gibt, ein solches Glück zu beschreiben. Man möge in den Lebensbeschreibungen dieser beiden Männer nachlesen, was die Bekehrten innerlich empfunden haben.

Die Seelen, die seiner Hilfe nicht bedurften, erkannte Vianey auf den ersten Blick. Er bat sie freundlich, seine Zeit nicht zu beanspruchen, und zu manchem sagte er:

"Gehen Sie ruhig heim, Sie haben mich nicht nötig."

Vielen gab Vianey Auskunft über das jenseitige Los ihrer Verstorbenen, sobald dies für ihr eigenes Seelenheil nützlich erschien. Aber auch in die Zukunft schaute er hellsehend. Man kann sagen, daß so, wie zu seinen Lebzeiten über nichts so viel gesprochen wurde, als über seine Kämpfe mit den bösen Geistern, alle Welt nach seinem Tode von seinen Voraussagungen zu reden anfing.

Seine Vorhersagen betrafen fast immer nur das Wohl des einzelnen und nicht das öffentliche Wohl. Manchen Bekehrten sagte er ihren nahen Tod voraus. In anderen Fällen benachrichtigte er dritte Personen von dem bevorstehenden Tode eines ihrer Angehörigen, damit sie sich bereithalten möchten. Auch sah er im Geiste ferne Ereignisse, welche die Personen angingen, mit denen er gerade sprach. Als er eines Tages einen Mann in der auf ihn wartenden Menge erblickte, sagte er zu ihm:

"Kehren Sie schnell nach Lyon zurück, Ihr Haus steht in Flammen!"

Und so war es. Ein anderes Mal schickte Vianey eine Bäuerin, die eben ihr Sündenbekenntnis abgelegt hatte, schleunigst heim, denn eine Schlange sei in ihr Haus gekrochen. Die Frau eilte in ihr Haus zurück und durchsuchte es nach allen Richtungen, fand aber nichts. Schließlich kam sie auf den Gedanken, auch ihren Strohsack zu schütteln, den sie zum Auslüften in die Sonne gelegt hatte. Sie sah aus demselben eine Schlange hervorkriechen.

Einem jungen Mädchen, das er in der Kirche stehen sah, sagte er, sie möge ohne Säumen heimkehren, denn sie werde dort dringend erwartet. Als sie nach Hause kam, fand sie ihre bisher vollständig gesunde Schwester tot daliegen.

Es kam eine Frau nach Ars zur Beichte, die sich von einem "Zauberer" eine Flasche mit einem angeblichen Wundermittel hatte geben lassen. Als Vianey ihr Sündenbekenntnis gehört hatte, bemerkte er ihr:

"Sie sagen mir ja nichts von der Flasche, die Sie in einem Gebüsch vor Ars versteckt haben."

Noch häufiger zeigte sich bei ihm das Schauen der innersten Gedanken und Gefühle anderer. Diese Gabe trat regelmäßig hervor, sobald es sich um besonders schwierige Bekehrungen handelte. Fast täglich ereignete es sich, daß er seinen Beichtstuhl verließ und gerade jene Personen, die am eiligsten oder am unglücklichsten waren, zu sich heranwinkte, damit sie zuerst an die Reihe kamen.

Es kamen auch solche, die seine Gabe auf die Probe stellen wollten. Mit großer Beschämung gingen sie von dannen. Einer bekannte ihm schlimme Sünden, die er sich erdichtet hatte. Vianey hörte ihn ruhig an und sagte dann:

"Sie haben in der Tat viel schwere Schuld auf der Seele; aber das Böse, das Sie in Wirklichkeit getan haben, besteht nicht in jenen Sünden, die Sie mir soeben erzählt haben, sondern es sind folgende Sünden..."

Und nun offenbarte Vianey zur großen Bestürzung des Betrügers alle Schandtaten seiner Vergangenheit.

Vianey heilte, beriet, tröstete und bekehrte aus der Ferne diejenigen, die nicht persönlich zu ihm kommen konnten und darum Vermittler oder auch Briefe schickten. Alle bisher geschilderten Einzelzüge im Bilde der bei Vianey wirkenden Kräfte der Geisterwelt finden sich in derselben Art und in demselben Umfang, und man kann sagen, bis in die kleinsten Linien genau bei Blumhardt. Und es ist schwer, festzustellen, bei wem von beiden die Zahl der Tausenden, die zu ihnen strömten und die wunderbaren Wirkungen jener Kräfte an sich erfuhren, größer war, ob bei Vianey oder bei Blumhardt.

Auch das ereignete sich bei beiden, was man eine wunderbare Brotvermehrung nennen könnte. Bei Blumhardt kam es vor, daß bei dem großen Andrang der Fremden, die von den Pfarrkindern Blumhardts gastlich aufgenommen und beherbergt wurden, sich Mangel an Nahrung einstellte. Aber ein besonderer Segen waltete bei diesen Speisungen. Eine Familie, die nicht genug hatte, 14 Personen zu sättigen, machte mit derselben Speise 42 Personen satt, und es blieb noch Speise übrig. - Von Vianey wird ein noch augenscheinlicheres Wunder berichtet, für das seine ganze Pfarrei Zeuge wurde. Er hatte ein Heim für arme Kinder. Eines Tages waren alle Nahrungsmittel ausgegangen. Auf dem Speicher lagen nur noch einige Handvoll Brotfrucht. Schon hatte er sich schweren Herzens entschlossen, die Kinder zu entlassen. Er betete zu Gott noch einmal um Hilfe. Als er nun auf den Speicher kam, war er hoch mit Korn angefüllt. Die ganze Pfarrei stieg auf den Speicher, um das Korn zu sehen. Dieses Ereignis machte in der ganzen Gegend ein großes Aufsehen. Auch der Bischof kam später und ließ sich zeigen, wie hoch der Speicher angefüllt war.

Wenn wir nun diese beiden Männer als Werkzeuge Gottes nebeneinanderstellen, dann muß uns etwas sehr Wichtiges dabei auffallen:

Auf der einen Seite steht ein katholischer Pfarrer als Anhänger von Heiligen- und Reliquienverehrung, der die Krankenheilungen auf die heilige Philomena zurückführt, ein Mann, der die Messe feiert und die Beichte als notwendiges Sakrament der Sündenvergebung betrachtet, der an die Gegenwart Christi im Altarssakrament glaubt und an allen anderen Lehren seiner Kirche festhält – und auf der anderen Seite der evangelische Pfarrer Blumhardt als schroffer Gegner des Glaubensbekenntnisses eines Vianey. Er lehnt Heiligen- und Reliquienverehrung, Messe und Altarssakrament, katholische Beichte und katholische Sündenvergebung, Papsttum und alles, was damit zusammenhängt, als nicht von Gott gewollt, sondern aus menschlichen Irrtümern herrührend, mit aller Entschiedenheit ab. Und doch sind beide in der Hand Gottes ebenbürtige Werkzeuge der Befreiung der Menschheit von Sünde und Satan und ihrer Führung zum Vaterhaus Gottes. Beide erhalten die höchsten Gaben, die Christus seinen Gläubigen verheißen hat, trotz ihrer Gegensätzlichkeit im kirchlichen Glaubensbekenntnis.

In einem Punkte stimmen beide überein: In dem tiefen Gottesglauben und in dem darin verankerten unerschütterlichen Gottvertrauen sowie in der großen Liebe zu Gott und den Menschen.

Er betrachtet es bloß als ein äußeres Kleid, das man den Menschen umgehängt hat, das jedoch die geistige Persönlichkeit nicht beeinflußt, wenn in ihr Gottesglaube und Gottesliebe wirksam sind. Er läßt den Menschen dieses Kleid, das aus den Flicken menschlicher Irrtümer zusammengenäht ist, solange es die Aufgabe nicht verhindert, die er dem Menschen zugeteilt. Wenn man nun fragen wollte, weshalb die gute Geisterwelt jene Männer nicht über die Irrtümer in ihren religiösen Anschauungen aufgeklärt und ihnen die Wahrheit vermittelt habe, so ist die Antwort darauf nicht schwer.

Zunächst war eine solche Belehrung nicht notwendig, weil die konfessionellen Irrtümer der Arbeit nicht im Wege standen, zu der beide von Gott berufen waren. Sie sollten die Menschen ihrer näheren und ferneren Umgebung zur Einkehr in sich und zur Rückkehr zu Gott bewegen. Dem stand weder das katholische noch das evangelische Glaubensbekenntnis im Wege.

Vor allem aber konnte eine Aufklärung über religiöse Irrtümer deshalb von seiten der Geisterwelt nicht erfolgen, weil sie sowohl einem Blumhardt als auch einem Vianey die Erfüllung ihrer Aufgaben unmöglich gemacht hätte. So hätte der evangelische Pfarrer Blumhardt infolge neuer Wahrheitserkenntnisse auch eine Änderung in seiner Lehre vornehmen müssen. Damit würde er sich außerhalb der evangelischen Kirche gestellt und dadurch sowohl sein Amt als auch seinen Wirkungskreis verloren haben.

Das gilt in noch höherem Maße von dem katholischen Pfarrer Vianey. Wäre seine Glaubenseinstellung auch nur in einem Punkte von der seiner Kirche abgewichen, so wäre er in ganz kurzer Zeit für immer erledigt.

Unter Katholiken konnte an der Aufgabe der Rettung von Seelen nur arbeiten, der in das Gewand des katholischen Bekenntnisses gekleidet war, wie Blumhardt nur als Mann des evangelischen Glaubens unter seinen Glaubensgenossen Aussicht auf Erfolg hatte.

Ohnedies wurde das Wirken beider schon über die Maßen von ihren Amtsbrüdern angefeindet, obwohl jeder seiner Kirche treu ergeben war. Welche Kämpfe würden erst gegen sie eingesetzt haben, wenn sie in dem einen oder anderen Punkte von der Lehre ihrer Kirche abgewichen wären? Besonders bei Vianey kannten die Angriffe seiner Amtsbrüder keine Grenzen. Wie schon vorher angedeutet, wurde er zehn Jahre hindurch von ihnen maßlos verfolgt, bekrittelt, geschmäht, verdächtigt, verleumdet und selbst mit äußerster Gewalt bedroht.

Als die katholische Geistlichkeit seiner näheren und ferneren Umgebung sah, wie ihre Pfarrkinder ebenfalls zu Vianey eilten und mehr auf dessen Urteil gaben als auf das der eigenen Geistlichen, kamen die Regungen des Neides und der Eifersucht. Sie nannten ihn den unwissenden Priester, der nur mit Mühe ein wenig Latein gelernt habe und beinahe aus dem Priesterseminar zurückgeschickt worden wäre. Vor allem die Begeisterung, mit der die Leute von dem Pfarrer von Ars sprachen, brachte den Haß der anderen Geistlichen zum Überlaufen.

Man verleumdete ihn in der schändlichsten Weise.
 
 

Die Pfarrer verboten ihren Pfarrkindern, nach Ars zur Beichte zu gehen, und drohten ihnen im Falle, daß sie doch hingingen, mit dem Ausschluß von den Sakramenten und der Verweigerung der Lossprechung, selbst in der Sterbestunde. Sonntag für Sonntag schmähten sie von der Kanzel herab gegen den Pfarrer von Ars. Vianey sagte später einmal:

"Man ließ das Evangelium auf der Kanzel in Ruhe und statt dessen predigte man gegen den armen Pfarrer von Ars."

Während die einen über seine Unwissenheit spotteten, verdächtigten die anderen seinen Lebenswandel. Briefe ohne Unterschrift liefen in großer Zahl bei ihm ein, in denen man ihm die größten Gemeinheiten in den ekelhaftesten Ausdrücken vorwarf. Auch suchte die Geistlichkeit das Volk gegen ihn aufzuhetzen. Wenn er morgens seine Haustür öffnete, fand er daran Zettel geklebt, auf denen man ihn anklagte, die Nacht in den unsittlichsten Ausschweifungen verbracht zu haben.

Hier wie auch bei Blumhardt wiederholte sich dasselbe, was die jüdische Geistlichkeit gegen Christus ins Werk setzte.

"Was sollen wir tun? Seht, das ganze Volk läuft ihm nach, diesem Weintrinker und Gesellen der Sünder und der Dirnen."

Das Wort von dem "geistlichen Neid" und die Wahrheit, daß ein Geistlicher seinem Mitgeistlichen ein Teufel ist, bestätigte sich auch bei diesen beiden Geistlichen.

Wenn die Angriffe der Amtsbrüder gegen Blumhardt auch nicht das Maß der Gemeinheit erreichten, wie es bei Vianey der Fall war, so hat doch auch er sehr viel Leid und Verfolgung von ihnen zu erdulden gehabt.

Entbrannte bei diesen beiden Männern trotz ihrer kirchlichen Glaubenstreue ein solcher Kampf auf Leben und Tod, was würde da erst geschehen sein, wenn man ihnen ein Abweichen von der kirchlichen Lehre hätte nachweisen können?

Gott und seine Geisterwelt richten sich bei der Auswahl und Zubereitung ihrer Werkzeuge auch nach den Zeitverhältnissen und der religiösen Atmosphäre, die in den Kreisen herrscht, in denen sie wirken sollen. Alle menschlichen Ansichten und Irrtümer läßt die Geisterwelt Gottes unberührt, solange sie nicht ein ernstliches Hindernis für die Erreichung des von ihr gesteckten Zieles bilden. Von den irrigen Ansichten in Glaubenssachen wurde bei Vianey durch die sich kundgebenden guten Geister keine einzige hinweggeräumt, weil sie der Aufgabe, die er zu erfüllen hatte, nicht im Wege standen.

Nur als er in seiner falschen Beurteilung der körperlichen Bußübungen, die er als Gott besonders wohlgefällig betrachtete, seinen Körper mit solchen Bußübungen quälen wollte, griff die Geisterwelt mit einer Belehrung ein. Nun mußte sie es, da eine Schwächung seiner Körperkraft auch geringere Leistungen in seiner Wirksamkeit zur notwendigen Folge gehabt hätte. Durch eine gebieterische Stimme, die er hellhörend wahrnahm, wurde er an seine wahre Aufgabe erinnert. Vianey selbst sagt darüber:

"Ich weiß nicht, ob es wirklich eine Stimme war, die ich hörte, oder ob ich es geträumt habe; aber wie dem auch sein mag, ich erwachte davon. Diese Stimme sagte mir, es sei Gott wohlgefälliger, die Seele eines einzigen Sünders zu retten, als alle möglichen Opfer zu bringen. Damals hatte ich mir nämlich Bußübungen zu meiner eigenen Heiligung vorgenommen."

Vianey, der katholische Pfarrer von Ars, wurde von seiner Kirche heiliggesprochen. Wenn Menschen einen Menschen überhaupt heiligsprechen könnten, dann müßte der evangelische Pfarrer Blumhardt ebenfalls heiliggesprochen werden. Denn er stand in seiner Gesinnung, seiner Wirksamkeit und den staunenerregenden Gaben von oben seinem katholischen Amtsbruder nicht nach.

Das Lebensbild dieser beiden Männer zeigt, daß die guten und die bösen Geisterkräfte auch heute noch in derselben Weise bei den Menschen wirksam sind wie zu allen früheren Zeiten und daß sie nach den gleichen Gesetzen sich vollziehen.

 

 

5.0 Der Spiritismus im Lichte der heutigen Wissenschaft

Vor der Zeit, als ich die Verbindung mit der Geisterwelt kennenlernte, hatte ich keine Kenntnis von der Möglichkeit einer solchen Verbindung. Weder Bücher noch Zeitschriften hatte ich gelesen, die sich damit beschäftigten. Auch während der Zeit, in der ich durch meine Führer aus dem Jenseits die in diesem Buch niedergelegten Belehrungen empfing, kam ich weder mit anderen spiritistischen Kreisen in Berührung, noch nahm ich spiritistische Literatur zur Hand.

Als Geistlicher widmete ich mein ganzes Interesse den Wahrheiten, die mir Woche für Woche durch die Medien zuteil wurden und vor allem mein religiöses Denken von Grund auf änderten. Mein Studium galt der Heiligen Schrift. Ich wollte sehen, ob die mein bisheriges Glaubensgebäude umstürzenden neuen Wahrheiten mit den Lehren der Bibel übereinstimmten.

In den gottesdienstlichen Versammlungen nahm der sich offenbarende Geist ebenfalls stets die Bibel und erklärte ihren Inhalt.

Als ich jedoch das neue Wahrheitsbild nach einer gewissen Zeit in mich aufgenommen hatte und es bei mir zur festen Überzeugung geworden war, wurde ich aufgefordert, die spiritistischen Phänomene der heutigen Zeit kennenzulernen. Dadurch sollte ich Gelegenheit haben, jene Erscheinungen an Hand der mir mitgeteilten Gesetze zu prüfen und zu erklären. Wenn ich etwas finden sollte, was ich nicht verstand, brauchte ich bloß in meinen Sitzungen zu fragen, und die gewünschte Aufklärung wurde mir zuteil.

Von vornherein stand es bei mir fest, daß ich nur solche Phänomene einer Prüfung unterziehen würde, deren Echtheit einwandfrei feststand.

Da lernte ich Anfang des Jahres 1928 eine wissenschaftliche Zeitschrift kennen, die unter der Mitarbeit bedeutender Professoren fast aller Länder herausgegeben wird und solche Erscheinungen behandelt, die mit den bisher bekannten Naturgesetzen nicht erklärt werden können.

Die Zeitschrift führt den Titel: "Zeitschrift für Parapsychologie" (-4-) .

Das Wort "Parapsychologie" bedeutet die Lehre von dem, was über die gewöhnlichen Gesetze des Seelenlebens hinausgeht.

Die ersten Jahrgänge 1926 und 1927 dieser Zeitschrift machte ich zum Gegenstand meiner vergleichenden Studien. Das darin berichtete Tatsachenmaterial ist in einer Weise als echt erwiesen, daß man keinen Grund findet, an der Echtheit zu zweifeln. Es umfaßt alle Erscheinungen, die auf dem Gebiet des Geisterverkehrs vorkommen. Es werden darin allerdings bloß die Tatsachen angegeben. Wie sie zu erklären sind, darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Von einer Geisterwelt als Träger jener Phänomene will die heutige Wissenschaft nichts wissen, und nur schüchtern erwähnt hier und da der eine oder andere der Gelehrten die Möglichkeit einer Einwirkung von seiten geistiger Wesen. Anstatt dessen legt man sich Erklärungen zurecht, die dem Denken eines normalen Menschen als unvernünftig erscheinen müssen.

Da die "Medien" der Geisterwelt als Kraftquellen für die Hervorbringung der verschiedenen Phänomene dienen, so gruppiere ich in der folgenden Darstellung die heute zutage tretenden medialen Erscheinungen um Medien, die in der genannten Zeitschrift besprochen werden. Die Tatsachen entnehme ich dieser Zeitschrift, und die richtige Erklärung der geschilderten Vorgänge gebe ich am Schluß eines jeden Abschnittes.

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