PSYCHOWISSENSCHAFTLICHE GRENZGEBIETE
Ausgesuchte Veröffentlichungen aus verschiedenen Bereichen psychowissenschaftlicher Forschung
Quelle: Selbstverlag (WerSch-Verlag)
Prof. Dr. rer. nat. Werner Schiebeler
An den Grenzen der Physik
Die Parapsychologie als Mittlerin zwischen
Naturwissenschaft und Religion
Prof. Dr. rer. nat Werner Schiebeler (1923-2006). Studium der Physik in Göttingen. Promotion mit einer
Arbeit am Max-Planck-Institut für Strömungsforschung. Von 1955-1965 Tätigkeit bei der Firma Standard-
Elektrik-Lorenz A.G. in Pforzheim, davon sieben Jahre als Leiter der Entwicklungsabteilung für elektronische
Fernschreibtechnik. Ab 1965 Dozent für Physik und Elektronik an der damaligen Staatlichen Ingenieurschule in
Ravensburg, der heutigen Hochschule Ravensburg-Weingarten. 1971 Ernennung zum Professor. 1983 Eintritt in
den Ruhestand. Neben den naturwissenschaftlich-technischen Lehrfächern vertrat Schiebeler in regelmäßigen
Sondervorlesungen auch das Lehrgebiet Parapsychologie und Parapsychophysik. Er veröffentlichte zahlreiche
Zeitschriftenartikel, Broschüren und Bücher über verschiedene parapsychologische Themen. Daneben erschie-
nen über das Institut für den wissenschaftlichen Film in Göttingen von ihm zwei Filme über Paranormale Heil-
methoden auf den Philippinen. Hierfür erhielt er 1974 von der "Associazone Italiana Scientifica di Metapsichica"
den "Ernesto Bozzano-Preis" und 1988 den "Ersten Schweizer Preis" von der Schweizerischen Stiftung für Pa-
rapsychologie.
Das vorliegende Manuskript von Prof. Dr. rer. nat. W. Schiebeler, lieferte die Grundlage zu
einer ausgestrahlten Sendung des Südwestfunks Baden-Baden (SWF/ SR/ SDR).
Die Sendung trug den Titel: "Abendstudio aus Baden-Baden".
Sendezeit: 14. Aug. 1984; 20:20 - 21:30 Uhr
Die Regie: Lothar Schock.
Redaktion: Gerhard Adler.
- 2-
Vorwort
Welchem Zweck soll dieser Vortrag dienen?
Er wendet sich nicht so sehr an die Menschen, die ein festes religiöses Fundament haben,
deren Glaube an Gott unerschütterlich ist und die die von ihnen geforderte Gottes- und Nächs-
tenliebe auch in die Tat umsetzen. Der Vortrag richtet sich auch nicht an die, für die nur
Essen und Trinken wichtig sind und deren geistige Interessen durch das Lesen einer
Boulevardzeitung befriedigt werden.
Dieser Vortrag wendet sich an die, die nach wissenschaftlicher Erkenntnis suchen und
an die, die mit ihrem religiösen Glauben Schwierigkeiten haben.
Diejenigen sind angesprochen, die an einen Gott glauben möchten, das aber nicht mit ihrem
Verstand in Einklang bringen können. Sie sagen sich vielleicht: Es gibt so viele unterschied-
liche Religionen und Konfessionen, die sich zum Teil sehr stark voneinander unterscheiden.
Ist vielleicht alles nur menschliche Erfindung?
Wenn diese Menschen sich nicht nur oberflächlich, sondern intensiv mit Parapsychologie
befassen, insbesondere mit dem Fortleben nach dem Tode, werden sie erkennen, welche
übergeordneten Prinzipien den meisten Religionen zugrunde liegen. Sie werden dann nicht
jede Kleinigkeit einer kirchlichen Lehre wörtlich und wichtig nehmen und sich daran
klammern. Dafür aber erlangen sie eine tiefe innere Überzeugung der Grundwahrheiten des
Christentums und dadurch vielleicht auch ein festes Verhältnis zu Gott. Sie können dann das
Grundgebot des Christentums ernst nehmen: Liebe Gott über alle Dinge und deinen Nächsten
wie dich selbst. Dazu führt nicht das äußerliche Phänomen des Hellsehens, der Telekinese
oder einer Wunderheilung, sondern die Erkenntnis dessen, was im Tiefsten die Ursache dafür
ist, nämlich, daß ein Schöpfer, den wir Gott nennen, unser Weltall in seinen für uns sichtbaren
und noch verborgenen wunderbarer Weise gestaltet hat.
Werner Schiebeler
- 3-
An den Grenzen der Physik
Unsere heutigen Wissenschaften, insbesondere die Naturwissenschaften, haben uns in den
letzten Jahrhunderten, besonders aber in den letzten Jahrzehnten, sehr bedeutsame Erkennt-
nisse über unser Universum, unsere Erde, unsere Umwelt und unseren menschlichen Körper
geliefert. Zu dieser starken Erweiterung unserer Kenntnisse haben besonders die Forschungen
in der Physik beigetragen, das heißt in der Lehre von den Vorgängen der unbelebten Natur.
Es ist aber das Wesen und die Aufgabe der Physik als der Grundwissenschaft aller anderen
Naturwissenschaften, die von ihr beobachteten Vorgänge mathematisch zu formulieren,
mathematische Gesetze aufzustellen, aus denen gegenwärtiges, vergangenes und vor allem
zukünftiges Geschehen vorhersagbar und berechenbar wird. Die Physik konnte im Verlauf
ihrer Entwicklung erst dann nennenswerte Fortschritte machen, als es gelang, die ersten
einfachen mathematisch formulierten Gesetze aufzustellen. Eingeleitet wurde diese Entwick-
lung durch Galilei und Kepler.
Die Physik ist eine reine Erfahrungswissenschaft, zunächst der unbelebten Natur, deren
Grundlage Beobachtungen und Messungen sind. Die Ergebnisse der Messungen werden dann,
wenn möglich, in mathematisch formulierten Beziehungen wieder-gegeben.
Mit diesem Rüstzeug hat die Wissenschaft der Physik im Verlaufe der letzten 300 Jahre sehr
große Erfolge errungen. Sie haben uns erkennen lassen, wie Naturvorgänge ablaufen. Die
Physik ist dadurch heute nicht nur die Grundlagenwissenschaft der unbelebten Natur und die
Wegbereiterin der Technik geworden, sondern sie wird in zunehmendem Maße auch zur
Grundlagenwissenschaft der belebten Natur, der Physiologie, Neurologie, Bionik und so wei-
ter.
Diese Erfolge in der Wissenschaft der Physik haben bereits in den zurückliegenden Jahrhun-
derten Nichtphysiker dazu veranlaßt, in unzulässiger Weise Folgerungen auf nichtphysikali-
schem Gebiet zu ziehen, zum Beispiel in der Philosophie und in der Theologie. Es entstand
das philosophische Gedankengebäude des Materialismus. Dieser wurde von dem führenden
Philosophen der deutschen Aufklärung Christian Wolff, der von 1679 - 1754 lebte, definiert:
"Materialisten werden Philosophen genannt, die nur die Existenz von materiellen Dingen oder
Körpern zugeben."
Wolff verlor wegen seiner Lehren auf Betreiben der Pietisten, die ihn als Religionsfeind
ansahen, zeitweise seinen Lehrstuhl in Halle. Jedoch wurde er 1740 von König Friedrich dem
Großen wieder in sein Lehramt in Halle eingesetzt. Um 1750 wurden die Anschauungen
Wolffs an fast allen Lehrstühlen für Philosophie in Deutschland vertreten. Ebenfalls verbreite-
te sie im vorigen Jahrhundert der deutsche Arzt Ludwig Büchner, der von 1824 - 1899 lebte.
Seine ab 1855 in unzähligen Auflagen veröffentlichte Schrift "Kraft und Stoff" stellte die
populäre Materialistenfibel dieser Zeit dar.
Die von den Erfolgen in der Physik verursachte Aufklärung, die auf dem Materialismus fußte,
griff auch auf die Theologie über. Von der Aufklärung sagt der evangelische Theologe
Professor Hans Conzelmann 1963 in einer Arbeit "Entmythologisierung":
"Die Aufklärung, die den bedeutsamsten Einschnitt zwischen Reformation und Gegenwart bildet,
legt an die Bibel bewußt und umfassend den Maßstab der Vernunft an. Was diesem nicht
entspricht, wird preisgegeben, so der Glaube an Wunder, der sich nicht mit der modernen Erkennt-
- 4-
nis der Naturgesetze verträgt. Was übrig bleibt ist ein Kern von "vernünftigen" religiösen und
sittlichen Grundsätzen, die bis heute die Weltanschauung des gebildeten Bürgertums ausmachen.
Zwischen überlieferter christlicher Lehre und modernem Erkennen ist es zur Spaltung gekommen.
Der offene Kampf brach im neunzehnten Jahrhundert infolge der Entwicklung der Naturwissen-
schaften aus. Physik, Astronomie, Geologie und Biologie entwarfen ein Bild vom Aufbau des
Weltalls, von der Entstehung der Erde und des Menschen, das mit dem Bericht von der Schöpfung
am Anfang der Bibel schlechterdings nicht mehr in Übereinstimmung gebracht werden konnte. Es
entspann sich das Ringen zwischen Christentum und Naturwissenschaft, das vom Christentum auf
der ganzen Linie verloren wurde."
Soweit der Bericht von Professor Conzelmann. Die gleichen Anschauungen vertrat bereits der
evangelische Theologe David Friedrich Strauß, der von 1808 - 1874 lebte. Er veröffentlichte
1835 als junger Dozent in Tübingen sein Werk: "Das Leben Jesu kritisch bearbeitet." Gleich
in der Einleitung schreibt er:
"Wir können summarisch alle Wunder, Prophezeiungen, Erzählungen von Engeln, Dämonen und
dergleichen als einfach unmöglich und als mit den bekannten und universalen Gesetzen, welche
den Lauf dieser Ereignisse lenken, unversöhnlich verwerfen."
Strauß erklärte das Christentum zur wahren Humanitätsreligion, das von den zum großen Teil
mythischen Berichten der Evangelien zu unterscheiden sei. Die Gestalt Jesu war ihm histo-
risch kaum faßbar.
Während die Äußerungen von David Friedrich Strauß noch einen Sturm der Entrüstung ent-
fachten und ihn sein kirchliches Lehramt in Tübingen kosteten, wurde ein anderer Theologe
100 Jahre später mit ähnlichen Äußerungen ein angesehener Mann mit einer großen Schule.
Es handelt sich um den evangelischen Theologen Professor Rudolf Bultmann, der von 1884 -
1976 lebte. Er entwickelte 1941 in einem programmatischen Vortrag über "Neues Testament
und Mythologie" seine Thesen zur Entmythologisierung. Nach Bultmanns Vorstellung ist das
gesamte Weltbild der Bibel "Mythos", das heißt Sage oder Dichtung, ebenso die Vorstellung
von der Durchführung des Heilswerkes Gottes durch Christus, nämlich durch Abstieg eines
Himmelswesens auf die Erde und durch seinen Wiederaufstieg in den Himmel. Nach Bult-
manns Auffassung sind diese Vorstellungen an das damalige Weltbild und Denken gebunden,
sind zeitbedingte Einkleidungen des Glaubens, aber nicht der Glaube selbst.
In einer weiteren Arbeit: "Kerygma und Mythos", aus dem Jahre 1951, erläutert Bultmann
seine Auffassung noch folgendermaßen:
"Man kann nicht elektrisches Licht und Radioapparat benutzen, in Krankheitsfällen moderne me-
dizinische und klinische Mittel in Anspruch nehmen und gleichzeitig an die Geister- und Wunder-
welt des Neuen Testamentes glauben. Und wer meint, es für seine Person tun zu können, muß sich
klarmachen, daß er, wenn er das für die Haltung christlichen Glaubens erklärt, damit die christliche
Verkündigung in der Gegenwart unverständlich und unmöglich macht."
Mit diesen Anschauungen wurde Bultmann zum Mitschöpfer der sogenannten "modernen
Theologie". Radikale Schüler von ihm gingen aber noch einige Schritte weiter: Sie sagen,
man könne nur von Gott reden, indem man vom Menschen rede, und Jesus Christus sei allein
der natürliche und wirkliche Mensch. Sie zweifeln daran, daß man heute im Ernst noch zu
Gott beten könne. Die Theologie ohne Gott wird verkündet und zur Theologie der Mit-
menschlichkeit umgestaltet.
- 5-
Ein ganz radikaler Vertreter dieser Richtung war der Doktor der evangelischen Theologie
Joachim Kahl, der 1968 ein Büchlein mit dem Titel veröffentlichte: "Das Elend des Christen-
tums oder Plädoyer für eine Humanität ohne Gott." Er schreibt darin unter anderem:
"Das Neue Testament ist ein Manifest der Unmenschlichkeit, ein groß angelegter Massenbetrug.
Er verdummt die Menschen, statt sie über ihre objektiven Interessen aufzuklären."
Das alles sind Äußerungen aus dem evangelischen Lager. Aus der katholischen Kirche
dringen sie noch nicht so sehr an die Öffentlichkeit. Als sich jedoch 1972 Papst Paul VI.
öffentlich dazu bekannte, daß neben Gott und Christus auch der Satan als lebendiges geistiges
Wesen existiere und daß er der oberste Anführer einer großen Zahl abgefallener Engel sei,
mußte er sich von dem katholischen Theologieprofessor Herbert Haag aus Tübingen öffent-
lich vorwerfen lassen, daß die Äußerung einer solchen Anschauung ein Rückfall in das tiefste
Mittelalter sei.
Das alles sind Meinungen von Nichtphysikern, die von Physik nur laienhafte Vorstellungen
haben, die aber glauben, physikalische Erkenntnisse zur Stützung ihrer philosophischen oder
theologischen Theorien heranziehen zu können.
Was aber sagen bedeutende Physiker zu den angesprochenen Problemen?
Zunächst eine Äußerung von Professor Max Planck, der von 1858 - 1947 lebte. Er begründe-
te 1899 die Quantentheorie und erhielt 1918 den Nobelpreis für Physik. 1938 veröffentlichte
er eine kleine Schrift "Religion und Naturwissenschaft". In ihr schreibt er unter anderem:
"Wohin und wieweit wir also blicken mögen, zwischen Religion und Naturwissenschaft finden wir
nirgends einen Widerspruch, wohl aber gerade in den entscheidenden Punkten volle Übereinstim-
mung. Religion und Naturwissenschaft - sie schließen sich nicht aus, wie manche heutzutage
glauben oder fürchten, sondern sie ergänzen und bedingen einander.
Wohl den unmittelbarsten Beweis für die Verträglichkeit von Religion und Naturwissenschaft,
auch bei gründlich-kritischer Betrachtung, bildet die historische Tatsache, daß gerade die größten
Naturforscher aller Zeiten, Männer wie Kepler, Newton, Leibniz von tiefer Religiosität durchdrun-
gen
waren. Zu Anfang unserer Kulturepoche waren die Pfleger der Naturwissenschaft und die Hüter
der Religion sogar durch Personalunion verbunden."
Zum jeweiligen Aufgabenbereich von Naturwissenschaft und Religion sagt Max Planck:
"Die Naturwissenschaft braucht der Mensch zum Erkennen, die Religion aber braucht er zum
Handeln. Für das Erkennen bilden den einzigen festen Ausgangspunkt die Wahrnehmungen unse-
rer Sinne, die Voraussetzung einer gesetzlichen Weltordnung dient hier nur als die Vorbedingung
zur Formulierung fruchtbarer Fragestellungen. Für das Handeln ist aber dieser Weg nicht gangbar,
weil wir mit unsern Willensentscheidungen nicht warten können, bis die Erkenntnis vollständig
oder bis wir allwissend geworden sind. Denn wir stehen mitten im Leben und müssen in dessen
mannigfachen Anforderungen und Nöten oft sofortige Entschlüsse fassen oder Gesinnungen betä-
tigen, zu deren richtiger Ausgestaltung uns keine langwierige Überlegung verhilft, sondern nur die
bestimmte und klare Weisung, die wir aus der unmittelbaren Verbindung mit Gott gewinnen. Sie
allein vermag uns die innere Festigkeit und den dauernden Seelenfrieden zu gewährleisten, den
wir als das höchste Lebensgut einschätzen müssen."
- 6-
Der bedeutende britische Astronom Sir Arthur Stanley Eddington, der von 1882 - 1944 lebte
und in Cambridge lehrte, schrieb:
"Die moderne Physik führt uns notwendig zu Gott hin, nicht von ihm fort - keiner der Erfinder des
Atheismus war Naturwissenschaftler. Alle waren sie sehr mittelmäßige Philosophen."
Der von Philosophen erdachte Materialismus wird von dem ehemaligen Ordinarius für
theoretische Physik an der Universität Hamburg, Professor Pascual Jordan, der von 1902 -
1980 lebte und ein Mitbegründer der Quantenmechanik war, folgendermaßen beurteilt:
"Wir dürfen nicht vergessen, daß die naturwissenschaftlich begründete materialistische Philoso-
phie eine der stärksten Mächte im geistigen Kampf der letzten hundert Jahre gewesen ist, die
weithin das allgemeine Denken beeinflussen und bestimmen konnte. Diese Philosophie, die in der
Naturwissenschaft ihr stärkstes Bollwerk sah, wird heute vom naturwissenschaftlichen Experiment
aus widerlegt."
Aber trotz dieser Widerlegung seiner angeblichen naturwissenschaftlichen Grundlagen wirkt
der Materialismus als eine der Wurzeln des Marxismus in Form dieser politischen Heilslehre
auch heute noch in weiten Teilen der Welt weiter.
Der deutsche Physiker und Physikochemiker Professor Walter Nernst, einer der Schöpfer der
physikalischen Chemie, der von 1864 - 1941 lebte und 1920 den Nobelpreis für Chemie er-
hielt, schrieb:
"Physik treiben heißt: Hinter dem Schöpfungsakt Gottes hinterhersehen."
Der emeritierte Ordinarius für theoretische Physik an der Universität Zürich, Professor Walter
Heitler, bekundet:
"Jahrhundertelang hat man Theologie und Naturwissenschaft gegeneinander ausgespielt. Es war
und bleibt gänzlich sinnlos, ein Zeugnis menschlicher Engstirnigkeit, und es hat der Menschheit
nicht gutgetan. Heute wird es wohl mehr als je notwendig, darauf hinzuweisen, daß Naturwissen-
schaft keinen Atheismus begründet. Das Gegenteil ist der Fall. Je weiter sie fortschreitet, desto
mehr führt sie zu einem Weg - ich drücke es vorsichtig aus -, der auf etwas Überirdisches,
Übersinnliches, Göttliches hinweist."
Als letzter in dieser Reihe soll der deutschamerikanische Physiker und Raketenforscher
Dr. Wernher von Braun angeführt werden, der von 1912 - 1977 lebte. Er bekannte:
"Über alles stehe die Ehre Gottes, der das große Universum schuf, das der Mensch und seine Wis-
senschaft in tiefer Ehrfurcht von Tag zu Tag weiter durchdringe und erforsche. Die gelegentlich
gehörte Meinung, daß wir im Zeitalter der Weltraumfahrt so viel über die Natur wissen, daß wir es
nicht mehr nötig haben, an Gott zu glauben, ist durch nichts zu rechtfertigen. Bis zum heutigen
Tag hat die Naturwissenschaft mit jeder neuen Antwort wenigstens drei neue Fragen entdeckt! Nur
ein erneuerter Glaube an Gott kann die Wandlungen herbeiführen, die unsere Welt vor der
Katastrophe retten können. Wissenschaft und Religion sind dabei Geschwister, keine Gegensätze."
Die Naturwissenschaften, insbesondere die Physik, beschäftigen sich zunächst mit den
Erscheinungen und Vorgängen dieser Welt, in der wir jetzt leben und die wir mit unseren
Sinnesorganen und unseren Meßgeräten wahrnehmen können. Die Religionen und insbeson-
dere das Christentum befassen sich dagegen auch mit einer Welt, die wir mit unseren Sinnes-
organen und Meßgeräten nicht wahrnehmen können, die Welt, in der Gott und Christus ihre
Existenz haben und in die wir nach unserem Tode - so die Überzeugung der meisten Religio-
nen eintreten werden.
- 7-
Die Religionen können aber nicht wie die Naturwissenschaften auf Forschungsergebnisse als
Grundlage verweisen. Sie berufen sich im allgemeinen auf göttliche Offenbarungen, auf die
der Mensch vertrauen und an die er glauben soll. Vielen Menschen der heutigen Zeit erscheint
aber das Glauben ohne Beweis nicht mehr zeitgemäß zu sein. Da sie über keine tiefen Kennt-
nisse verfügen, scheinen ihnen die Ergebnisse der modernen Naturwissenschaften geradezu
im Widerspruch zu einem religiösen oder christlichen Glauben zu stehen.
Zwischen Naturwissenschaften und Religion gibt es nun aber seit etwas über 100 Jahren eine
Wissenschaft, die wir heute Parapsychologie nennen. Sie kann eine Brücke zwischen beiden
Gebieten schlagen. Als Erfahrungswissenschaft greift sie über die Grenzen der heute beste-
henden Naturwissenschaften hinaus.
Diese Wissenschaft macht auch Aussagen über Gebiete, die man bislang den Religionen
vorbehalten glaubte. Sie nimmt auch dazu Stellung, ob denn der Tod wirklich die Endstation
unseres menschlichen Lebens ist, wie viele Menschen heute meinen. Sie bringt nämlich im
großen Umfang Erfahrungsbeweise für ein persönliches Fortleben nach dem irdischen Tode
bei.
Die Parapsychologie kann schon mit ihrem jetzigen erforschten Kenntnisstand als Bindeglied
zwischen Naturwissenschaften und den Religionen dienen. Sie kann in vielen Fällen durch
heute noch auftretende Vorkommnisse "Beweismaterial" und stützende Indizien für Begeben-
heiten und Behauptungen liefern, die bislang nur vom religiösen Glauben erfaßt wurden.
Insbesondere die sogenannten Wunder, die den meisten heutigen Menschen völlig unglaub-
würdig erscheinen, werden durch parapsychologische Untersuchungen aus dem Zustand der
Nichtnachweisbarkeit herausgehoben, da diese Geschehnisse auch heute noch vorkommen
und hervorgerufen werden können.
Meiner Meinung nach kann man die Wunder und Zeichen, wie sie zum Beispiel Christus
vollbrachte, nicht einfach über Bord werfen, ohne damit nicht zugleich auch die ganze Lehre,
zum Beispiel die Gottessohnschaft Christi, in Frage zu stellen.
Und wenn der Theologe Bultmann behauptet:
"Wer an die Geister- und Wunderwelt des Neues Testamentes glaubt und das für die Haltung
christlichen Glaubens erklärt, muß sich klarmachen, daß er damit die christliche Verkündigung in
der Gegenwart unverständlich und unmöglich macht",
dann sollte er folgerichtig auch Christus zum rein menschlich-irdischen Religionsstifter erklä-
ren. Wahrscheinlich hat Bultmann das innerlich auch getan. Aber nach der Aussage der Bibel
werden die sogenannten Wunder oder Zeichen vollbracht, um den göttlichen Auftrag des Aus-
führenden zu beweisen und um die Augenzeugen zum Glauben daran zu bewegen. So heißt es
bei dem ersten Wunderzeichen Christi, bei der Verwandlung des Wassers in Wein bei der
Hochzeit zu Kana im Johannes-Evangelium Kapitel 2:
"Hiermit machte Jesus den Anfang seiner Zeichen zu Kana in Galiläa. Er offenbarte dadurch
seine Herrlichkeit, und seine Jünger lernten an ihn glauben."
Und ein Kapitel weiter sagt der Pharisäer Nikodemus zu Christus:
"Du bist als Lehrer von Gott gekommen, denn niemand kann solche Wunderzeichen tun, wie du
sie tust, wenn Gott nicht mit ihm ist."
- 8-
Die Forschungsergebnisse der Parapsychologie erbringen aber nicht nur die Aufhellung
derartiger Wunderberichte, sondern sie werden auch einmal das Gebäude der herkömmlichen
Physik bedeutend erweitern und auch über Ursprung, Herkunft und Ziel des menschlichen
Lebens Auskunft geben. Viele der großen ungelösten Rätsel können zum Teil jetzt schon oder
aber vermutlich später durch parapsychologische Forschungen eine Aufhellung erfahren.
Was ist und was will nun die Parapsychologie? Womit befaßt sie sich? Wir haben zunächst
vier herkömmliche Wissenschaften, die sich mit dem Menschen und seinen Lebenserschei-
nungen befassen. Es sind dieses:
1. Die Physiologie; das ist die Lehre von den normalen körperlichen Lebensvorgängen.
2. Die Medizin, also die Lehre und Heilkunde der krankhaften körperlichen
Lebensvorgänge.
3. Die Psychologie; das ist die Lehre der normalen geistigen Lebensvorgänge.
4. Die Psychiatrie, die Lehre und Heilkunde der krankhaften geistigen Lebens-
vorgänge.
Daneben tritt als 5. Wissenschaft die Parapsychologie. Sie ist die Lehre von geistigen und
anderen Lebensvorgängen, die vom normalen Verlauf abweichen, jedoch nicht krankhaft sind.
Die Parapsychologie befaßt sich mit Geschehnissen, die im oder am lebenden Menschen oder
in seiner Umgebung stattfinden und auf irgendeine noch unbekannte Weise mit dem mensch-
lichen Geist oder mit dem Phänomen, das wir Leben nennen, zusammenhängen. Dabei sind
diese Vorgänge derart, daß sie sich nicht in die normale Psychologie, Physiologie oder Physik
einordnen lassen. Man bezeichnet daher diese Abläufe auch als paranormal.
Die Erscheinungen, die die Parapsychologie untersucht, lassen sich in zwei große Gruppen
einteilen:
1. In die parapsychischen Vorgänge. Dazu gehört die Außersinnliche Wahrnehmung
(ASW), das heißt die Aussendung und Aufnahme von Informationen ohne die
Benutzung der uns bis jetzt bekannten Sinnesorgane. Dabei handelt es sich entwe-
der um das Erkennen von Gedankeninhalten anderer Personen, Telepathie genannt,
oder um das Erkennen von räumlich weit entfernten Vorgängen oder von Gescheh-
nissen, die in der Vergangenheit abgelaufen sind oder sich erst in der Zukunft
ereignen werden. Man spricht dann vom räumlichen oder zeitlichen Hellsehen oder
von Präkognition.
Weiter gehören zu den psychischen Vorgängen der Parapsychologie die sogenann-
ten Trance-Phänomene. Sie bestehen darin, daß die Sprechorgane oder Gliedmaßen
eines lebenden Menschen im Zustand der Bewußtlosigkeit, Trance genannt, von
anderen Wesenheiten paranormal angesteuert werden. Bei diesen anderen Wesen-
heiten handelt es sich in der Regel um verstorbene Menschen, die aus ihrer jetzigen,
uns unsichtbaren Daseinsebene in unsere irdische Daseinsebene hineinzuwirken
versuchen.
2. Die zweite große Erscheinungsgruppe der Parapsychologie betrifft physikalische
Vorgänge. Man spricht dann auch von Parapsychophysik oder kurz Paraphysik. Es
handelt sich dabei um Geschehnisse, die zwar ihre Ursache oder ihren Ausgang in
paranormalen geistigen Vorgängen haben, sich jedoch in rein physikalisch-
materiellen Auswirkungen bemerkbar machen. Das betrifft zum Beispiel die
- 9-
mechanische Bewegung von materiellen Gegenständen ohne sichtbaren Urheber
oder erkennbaren physikalischen Wirkungsmechanismus. Man spricht dann je nach
der Art und dem Auftreten der Bewegung von Psychokinese, Telekinese, Levitation
und Apport.
Weiterhin zählen zu den paraphysikalischen Vorgängen die sogenannten Materiali-
sationsphänomene. Man versteht darunter die meist vorübergehende paranormale
Bildung von organischer oder anorganischer Materie aus einem sichtbaren, fühl-
baren und fotografierbaren Stoff, den man Ektoplasma nennt. Hierbei entstehen für
einige Minuten oder etwa höchstens bis zu einer Stunde vollständige Lebewesen
oder isolierte Teile von ihnen, zum Beispiel losgelöste Gliedmaßen. Aber trotz des
Fehlens eines vollständigen Körpers können derartige Gliedmaßen oft relativ große
Kräfte entfalten und manchmal schwere Gegenstände bewegen. In sehr seltenen
Fällen traten bei diesen Materialisationsvorgängen auch sich bewegende und leben-
de Tiere in Erscheinung.
Diese paranormalen Vorgänge treten nur auf, wenn lebende irdische Menschen vorhanden
sind, die eine Eigenschaft verfügen, die wir Medialität nennen. Sehr stark ausgeprägte Media-
lität ist selten, aber doch nicht so selten, wie man zunächst vielleicht annehmen möchte.
Manche Menschen verfügen über diese Eigenschaft, ohne es zu wissen. Durch Zufall wird
diese Gabe manchmal entdeckt und kann entwickelt und trainiert werden. In schwachem
Maße aber verfügen viele Menschen über mediale Eigenschaften. Sie merken es hin und
wieder im Laufe ihres Lebens dadurch, daß sie ein telepathisches Erlebnis oder das Auftreten
einer zeitlichen Vorschau haben oder die Ankündigung eines Sterbenden wahrnehmen.
Aus den parapsychischen und den paraphysikalischen Vorgängen setzt sich die Gesamtzahl
der Erscheinungen der Parapsychologie zusammen. Wir ordnen sie dann Gebieten mit
folgenden Namen zu:
Die geistige oder paranormale Heilung, das heißt die paranormale Behandlung oder
Heilung von organischem oder psychischem Leiden ohne die Anwendung üblicher
Heilmittel oder Heilmethoden. Die geistige Heilung kann für uns unsichtbar ablaufen.
Sie vermag aber auch in der Zeit von Sekunden oder Minuten zur Auflösung von
organischer Materie zu führen, zum Beispiel einer Geschwulst. Sie ist auch fähig, zur
Bildung von organischem Gewebe beizutragen, zum Beispiel die Regeneration eines
fehlenden Knochenstückes oder einer vereiterten großen Wunde zu bewirken.
Die geistige Heilung wird meistens von irdischen paranormal veranlagten Heilern
vorgenommen. Sie legen dabei die Hände auf den Kranken und rufen im Gebet Gott
um Hilfe für ihren Patienten an. In manchen Ländern, zum Beispiel den Philippinen,
bedienen sie sich auch quasi-chirurgischer, blutiger Behandlungsmethoden, bei denen
ohne Verwendung chirurgischer Instrumente nur unter Benutzung der bloßen Hände
blutiges, organisches Gewebe zutage gefördert wird.
Über die Rolle, die der Geistheiler bei den Heilvorgängen spielt, äußert sich der sehr bekannte
und bedeutende britische Heiler Harry Edwards, der von 1893 - 1976 lebte. Er behandelte
jährlich mehrere tausend Patienten, die meisten von ferne, einen Teil aber auch an seinem
Wohnsitz durch Auflegen der Hände und einen anderen Teil in großen öffentlichen Heilungs-
demonstrationen. In einem seiner Bücher schrieb er:
- 10-
"Die erste und vielleicht wichtigste Lehre, die der Heilungsschüler lernen muß, ist jene, daß er
nicht heilt. Des Heilers Körper besitzt keine besonderen Fähigkeiten, die Krankheitsursache eines
anderen Menschen festzustellen. Sein Geist besitzt nicht das Wissen, um den Heilungsvorgang zu
kennen, und es gibt auch keine Technik, es zu lernen. Der Heiler ist lediglich das Werkzeug des
Geistführers, der ihn als "Heilungskanal" benutzt, sofern der Heiler bereit und fähig ist, sich mit
ihm zu verbinden.
Jede Heilung ist eine bewußte intelligente Handlung durch ein Geistwesen. Deshalb ist es nicht
möglich, daß wir uns die Heilungsfähigkeit durch irgendeine Technik selbst erwerben. Die
Heilungskräfte wirken durch uns; sie stammen nicht von uns. Aus dem Grunde, daß die Heilung
von einer anderen Dimension aus erfolgt und wir bis jetzt noch nicht ihre genaue Handhabung
verstehen können, ist kein Heiler in jedem Fall in der Lage, das Ergebnis der Behandlung voraus-
zusagen. Es liegt deshalb also nicht in der Macht des Heilers und außerhalb seiner Verantwortung,
Prognosen zu geben.
Gleichzeitig sollte der Heiler jedoch der Heilungskraft des Geistführers niemals in seiner Vorstel-
lung eine Grenze setzen. Häufig wurde ich einem chronischen Krankheitsfall gegenübergestellt.
Mein 'normaler' Verstand mochte denken, daß in diesem Falle sicher nichts mehr getan werden
könne. Doch zu meiner Überraschung und Freude sah ich auch erfolgreiche Heilungen unter
diesen scheinbar unmöglichen Bedingungen."
Zu diesen Ausführungen von Harry Edwards ist noch zu sagen, daß unter dem erwähnten
Geistführer eine Wesenheit der Daseinsebene zu verstehen ist, in die wir nach unserem Tode
eintreten und die uns zu Lebzeiten unsichtbar und weitgehend verschlossen ist.
Das erfolgreiche Wirken zahlreicher heute noch lebender paranormaler Heiler, die zumeist
aus einer religiösen Grundeinstellung heraus arbeiten, zeigt, daß nicht nur Christus und seine
Apostel Kranke heilen konnten. Diese Heiler nehmen den Auftrag ihres Herrn Jesus Christus
ernst, der ihnen im Matthäus-Evangelium, Kapitel 10, zuruft:
"Heilt Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein."
Und ihnen im Johannes-Evangelium, Kapitel 14, versichert:
"Wer an mich glaubt, wird die Werke, die ich tue, auch vollbringen, ja er wird noch größere als
diese vollbringen."
Paranormale Vorgänge sind zu allen Zeiten von Menschen aller Völker wahrgenommen
worden. Sie haben wegen ihrer Außergewöhnlichkeit immer großes Aufsehen erregt.
Eine große Gruppe paranormaler Vorgänge wird als Spuk bezeichnet. Es handelt sich dabei
um Erscheinungen, die ohne oder gegen den Willen aller davon betroffenen Menschen spon-
tan auftreten. Manchmal verhalten sich die Erscheinungen neutral, in wenigen Fällen günstig
für die betroffenen Menschen. In vielen Fällen sind sie jedoch feindlich und zerstörerisch und
manchmal abgrundtief teuflisch.
Zwei Beispiele sollen das Wesen des Spuks erläutern: Das erste Beispiel betrifft einen soge-
nannten Stallspuk, also ein Geschehen, das im landwirtschaftlichen Bereich auftritt und auch
heute noch fast jährlich irgendwo in Europa auf dem Lande beobachtet werden kann.
Dieser Spukfall hat sich im Jahre 1916 in dem Dorf Grosserlach im Landkreis Backnang bei
Stuttgart ereignet. Ein Dr. Georg Krönert hat ihn nach den Zeugenaussagen, den Ermittlun-
gen der Gendarmerie und den Akten des Landratsamtes Backnang umfassend dargestellt. Das
Spukhaus war ein aus dem 18. Jahrhundert stammendes Bauernhaus mit Stall. Seine Besitze-
- 11-
rin war eine 35jährige Witwe R. K., deren Mann im November 1915 als Soldat in Frankreich
gefallen war. Die Frau bewohnte das Haus mit ihren drei Kindern, Mädchen im Alter von drei
bis elf Jahren, und ihrem 14jährigen Neffen, der ihr bei der Besorgung des Viehs half.
Am 30. April 1916, einem Sonntag, begann der Spuk. Nach dem Melken und Füttern war der
Stall geschlossen worden, als ein Kalb brüllte und man beim Nachsehen merkte, daß es losge-
bunden war. Alles Vieh war sehr aufgeregt, schlug mit den Hinterbeinen aus und schwitzte.
Frau K. band das Kalb wieder fest schloß den Stall. Sogleich brüllte das Kalb wieder, und als
Frau K. nachsah, waren zwei Stück Vieh losgebunden. Die Sache war rätselhaft, da niemand
im Stalle gewesen war.
Frau K. holte einen Nachbarn, der mit ihr den geheimnisvollen Vorgang des Losbindens der
Ketten genau beobachtete. Obgleich man die Tiere mit Ketten und Stricken festband und fünf
Knoten machte, wurden sie sofort wieder losgebunden. Dabei konnte man die Bewegungen
der Ketten genau beobachten. Die Kette lag dann stets zusammengeballt auf dem Fußboden.
Aber die unsichtbaren Hände suchten auch das Vieh zu strangulieren, indem sie die Halskette
solange einwärts drehten, bis sie sich verknotete und das Vieh zu ersticken drohte.
Diese Vorgänge wiederholten sich am 1. und 2. Mai. Am 2. Mai ging der Spuk auch in der
Wohnung los. Das kleinste Kind wurde plötzlich sehr aufgeregt, in der Küche krachte und
polterte es von abends 9 Uhr bis morgens 3 Uhr. Das Kind sah einen schwarzen Geißbock am
Bette der Mutter; die anderen sahen ihn nicht. Man brachte das Kind aus dem Hause. Da
begann das siebenjährige Mädchen unruhig zu werden, behauptete, grüne Augen und Ohren
zu haben, und phantasierte.
Vom 3. bis 5. Mai ließ der Spuk nach und ruhte vom 6. bis 13. Mai völlig. Dann aber ging es
wieder derart los, daß Menschenaufläufe entstanden. Es begann abends um 5 Uhr damit, daß
ein Holzscheit auf dem Herde zu tanzen anfing. Ein Bauer vom Nachbardorf warf das Scheit
zum Fenster hinaus, es kehrte aber blitzschnell zurück, ohne daß man sah, wie dies geschah.
Das wiederholte sich des öfteren. Das Stück Holz spazierte vom Hausgang zum Speicher und
zurück. Auch ein Holzstumpen flog später in der Küche umher. Abends stürzten fünf Milch-
häfen vom Schaft herunter, zerbrachen und vergossen ihren Inhalt.
Vom 15. Mai an gingen die Erscheinungen in Haus und Stall nebeneinander her. Das Vieh
wurde nun auch geschlagen. Alle Milchgeschirre, Mostkrüge, Teller, Pfannen, Wassereimer
sprangen von ihren Plätzen, flogen auf den Boden, ja sogar zur Hintertüre hinaus. Sie wurden
aber auch nach Personen geworfen.
Der Schultheiß K. kam aufgeregt zum Pfarrer und sagte, er könne "sich keinen Vers auf diese
Dinge machen". Er zeigte die Milchspritzer an seinem Beinkleid; vor seinen Augen seien
Milchhäfele vom Bord des Kastens heruntergefallen.
Der junge Lehrer hatte, als er vom Orte des Spukes kam, ebenfalls absichtlich die Spuren
gelassen, um sie dem Pfarrer zu zeigen. Bei ihm waren Gipsspritzer an der Stirn, die von der
freien Wand weg her zu ihm geflogen waren. Beide erzählten übereinstimmend, daß schon
beim Eintritt in den Hausgang, in welchem kein Mensch sich befand, ihnen Steine entgegen-
geflogen seien. Es waren zuletzt nur noch beherzte Männer, die sich ins Haus hineinwagten,
wie A. W., der mit erheblichen Beulen am Kopfe herauskam.
- 12-
Eines Tages kam der Kinderwagen vom Speicher die Treppe herunter gesaust. Das wiederhol-
te sich, als man ihn wieder hinaufgebracht hatte. Als ein Augenzeuge einen schwebenden
Mostkrug packte, flog ihm nachher ein Milchkrug an den Kopf. Ein Wassereimer humpelte
auf dem Fußboden zur Türe hinaus. Dem Amtsdiener wurde die Mütze von hinten vom Kopfe
geschlagen, ohne daß jemand hinter ihm gestanden hätte. Schließlich hoben sich alle Türen
aus den Angeln und stürzten zu Boden. Nachdem der Frau K. noch die Betten zerrissen und
ihre Federn entleert, auch verschiedene Personen durch umherfliegende Gegenstände verletzt
worden waren, wurde das Spukhaus, in dem das Chaos herrschte, am 15. Mai verlassen und
geschlossen.
Schultheiß, Lehrer, Amtsdiener, Bezirksbeamte und viele andere waren Zeugen gewesen.
Das Haus ist heute abgebrochen, obwohl sich nachher nichts Weiteres ereignet hat.
Der zweite Spukfall, über den berichtet werden soll, hat sich 1967 in einer Anwaltskanzlei in
Rosenheim abgespielt. Da in seinem Verlauf seltsame elektrische Erscheinungen auftraten,
wurde er sehr sorgsam von der Revisionsabteilung des Elektrizitätswerkes in Rosenheim und
zwei Münchner Physikern untersucht. Die Anwaltskanzlei gehörte einem Rechtsanwalt Sig-
mund Adam. Dieser hatte Mitte 1965 ein damals 16jähriges Mädchen, Annemarie S., als
Bürohilfe angestellt.
Mitte Juli 1967 traten in dem Büro erstmals Telephonstörungen auf, die darin bestanden, daß
Gespräche unterbrochen wurden, die vier Apparate der Anlage häufig gleichzeitig läuteten
und von einem angeschlossenen Gebührenschreiber Gespräche registriert wurden, ohne daß
jemand die Telephonapparate angefaßt hatte. So erfolgte zum Beispiel am 20. Oktober 1967
in der Zeit von 7.42 - 7.57 Uhr 46mal das Wählen der Zeitansage, ohne daß jemand die
Wählscheibe bediente. Durch diese Störungen ging natürlich die Telefonrechnung stark in
die Höhe.
Ab Anfang November 1967 traten neue Erscheinungen auf. Glühbirnen zerplatzten ohne
ersichtlichen Grund, Leuchtstoffröhren wurden in ihrer Fassung gedreht. Deckenlampen
begannen von alleine zu schwingen und anderes mehr. Sämtliche Vorgänge traten nur auf,
wenn die damals 18jährige Büroangestellte Annemarie S. anwesend war. Wenn sie Urlaub
hatte und an Wochenenden war alles ruhig.
Man vermutete zunächst physikalische Ursachen, insbesondere das Auftreten von Überspan-
nungen im elektrischen Stromversorgungsnetz. Daher wurde die Revisionsabteilung der
Stadtwerke Rosenheim unter Leitung eines Herrn Paul Brunner zur Untersuchung der
Vorgänge eingeschaltet. Dieser verfaßte am 21. Dezember 1967 als Ergebnis seiner Untersu-
chungen einen 25 Seiten langen Revisionsbericht, in dem er seine und seiner drei Mitarbeiter
Beobachtungen schilderte. Darin heißt es unter anderem:
"In der Wohnung mit Büroräumen des Herrn Rechtsanwaltes Sigmund Adam in Rosenheim,
Königstraße 13, II. Stock, sind seit Anfang November Störungen in den elektrischen Anlagen
aufgetreten. Es wurde vermutet, daß Störungen im Versorgungsnetz der Stadtwerke die Ursache
sein müßten, weil in den Installationsanlagen und Geräten des Herrn Rechtsanwaltes Adam keine
direkten Defekte festzustellen waren. Zur Information für die beauftragten Revisoren der Revisi-
onsabteilung wurde angegeben, es sollen:
a) Leuchtstofflampen im Vorzimmer um 90° in den Fassungen sich drehen (damit geht das Licht
aus).
b) Heftige Knallerscheinungen auftreten und gleichzeitig die Sicherungsautomaten der vorhan-
denen vier Stromkreise auslösen,
- 13-
c) Am Fotokopiergerät die Entwicklerflüssigkeit auslaufen, obwohl es zwar an einer Normal-
steckdose angesteckt, jedoch nicht eingeschaltet war.
Diese Äußerungen waren nicht sonderlich glaubwürdig, so daß die Revisoren der Stadtwerke
angewiesen wurden, die Gesamtinstallation des Hauses Königsstraße 13, besonders aber den
Hausanschluß, die Steigleitung und die Installation bei Herrn Rechtsanwalt Adam sorgfältig zu
revidieren."
Im Verlauf der umfangreichen Untersuchungen und Messungen wurde schließlich das ganze
Stockwerk des Rechtsanwaltes Adam vom öffentlichen Elektrizitätswerk abgetrennt und über
ein Notstromaggregat versorgt. Trotzdem zerplatzten weiterhin die daran angeschlossenen
Lampen, traten unverändert Knallerscheinungen auf, häuften sich die Ausschläge angeschlos-
sener Meßinstrumente und pendelten ohne ersichtlichen Grund die Beleuchtungskörper.
Damit war klar, daß das öffentliche Stromversorgungsnetz nicht Ursache der Vorkommnisse
sein konnte. Außer den elektrischen Erscheinungen traten aber immer wieder auch andere
Vorgänge auf, über die Herr Brunner berichtet:
"Es waren mitunter die schon gewohnten Knallerscheinungen zu hören und es verdrehten sich
auch noch andere Bilder in der Kanzlei, im Chefzimmer und im kleinen Flur. Bei einer Kontrolle
hing im Chefzimmer das Bild des Herrn Notars Adam (Vater von Herrn Rechtsanwalt Adam)
schief an der Wand. Auch drehte sich das Bild mit der Kirche in der Kanzlei.
Nach einem dumpfen Knall aus der Richtung des Chefzimmers betrat Herr Brunner als erster
diesen Raum und stellte verwundert fest, daß vier Bilder gleichzeitig schief hingen. Das große Bild
hinter dem Schreibtisch war dabei gerade geblieben. Mit aller Bestimmtheit wird hier festgestellt,
daß vorher kein Personal im Chefzimmer war. Die beiden Bürodamen machten eher einen
verschüchterten Eindruck in der Kanzlei, meist an ihren Schreibtischen sitzend.
Im Laufe des Vormittags fielen noch mehrere Bilder von der Wand, so vor allem das Bild mit der
Kirche in der Kanzlei. Das eigentliche Losspringen vom Bilderhaken konnte nicht gesehen wer-
den, jedoch einmal noch das Poltern am Boden. - Mitunter fiel auch das Bild von Herrn Notar
Adam (senior) vom Haken und auch das große Bild hinter dem Schreibtisch drehte sich. (Später riß
der Haken aus der Wand und das Bild fiel zu Boden.)
Bei einem kurzen Gespräch mit einer Bürokraft am kleinen Tisch vor dem Ölofen stand Herr
Brunner direkt vor dem Blumenbild, als Herr Rechtsanwalt Adam von links kommend das Büro
betrat. In diesem Moment drehte sich das Bild sehr rasch cirka 320 Grad im Linksdrehsinn, so daß
sich der Aufhängedraht am Haken verwickelte.
Mit aller Bestimmtheit hat niemand persönlich diesen Vorgang durch manuelle Betätigung ausge-
löst, da er sich nur in cirka einem Meter Entfernung vom Beobachter abspielte. Der Standpunkt der
Beauftragten der Stadtwerke war meist unter dem Türstock zum Vorzimmer vor dem Registrierge-
rät. Von dieser Stelle aus war in günstiger Position der kleine und große Flur, das Mandantenzim-
mer und die Kanzlei, damit auch die Leuchten und Bilder, zu übersehen. Hier konnte von Herrn
Brunner im Abstand von etwa eineinhalb Metern direkt beobachtet werden, wie das Bild im
kleinen Flur (Motiv Mittertor Rosenheim) vom Haken gefallen in die Mitte des kleinen Flurs am
Boden kollerte. Etwas später fiel es wieder von der Wand ohne Anwesenheit irgendeiner Person.
Dieses Bild hatte sich vorher schon einige Male bis zu cirka 30° verdreht. Das eigentliche Drehen
konnte allerdings nicht beobachtet werden.
Zu dieser Zeit war der Revisor A. Mayr mit anwesend in der Kanzlei. Er persönlich sah mit absolu-
ter Sicherheit das plötzliche Verdrehen des Blumenbildes aus der Ruhestellung heraus, ebenfalls
ohne jegliche Einwirkung von Personen. Die Herren Brunner und Mayr waren im Herrenzimmer
mit anwesend, als Herr Adam junior ein Ferngespräch führte und dabei cirka 5mal unterbrochen
wurde. Dabei fielen jedesmal vier Sicherungsautomaten heraus, die von Revisor Mayr wieder hin-
eingedrückt wurden.
- 14-
Ganz bewußt hatten alle Beauftragten der Stadtwerke unauffällig ihr Augenmerk darauf gerichtet,
ob anwesende Personen sich persönlich an Geräten oder Einrichtungen zu schaffen machten oder
die geschilderten Vorgänge durch sichtbare Manipulationen auslösten. Derartiges konnte jedoch
nie beobachtet werden."
Nach Schilderung aller von der Revisionsabteilung getroffenen Maßnahmen und Untersu-
chungen schließt Herr Brunner seinen Bericht mit folgenden Feststellungen:
"Nachdem schließlich noch in Anwesenheit der begreiflicherweise erstaunten Revisoren und unter
deren teilweiser direkter, bewußt skeptischer und kritischer Beobachtung ohne jede fremde Mani-
pulationen Bilder aller Art und Größen an den Wänden sich drehten, schaukelten oder mehrmals
von den Wänden fielen, war allen Beteiligten der Revisionsabteilung und des Elektrischen Prüfam-
tes klar geworden, daß für diese phänomenalen Erscheinungen für die Techniker bisher unbekann-
te Kräfte verursachend sein müßten, von denen weder die Art noch Größe und Richtung definiert
ist. Es müssen Energien sein, die sich nicht nur einer meßtechnischen Erfassung, sondern offen-
sichtlich auch unserer Sinne entziehen.
Die normale Elektrotechnik ist hier sichtlich nicht mehr zuständig, dennoch bleibt zu überlegen, ob
nicht in bestimmten Fällen aus diesen nun erwiesenermaßen vollen Realitäten der Meßgeräte-
Beeinflussungen und damit unerkannten Meßwert-Vortäuschungen allgemeine Konsequenzen,
zumindest aber in der Feinmeßtechnik, zu ziehen sind.
Nicht minder fatal ist allein schon der Gedanke daran, daß es derartigen Kräften offensichtlich
gelingt, bewegliche Konstruktionsteile mechanisch zu beeinflussen, wie dies im vorliegenden Falle
beim Fotokopiergerät und vor allem beim oftmaligen Auslösen der Sicherungsautomaten der Fall
war, welche bekanntlich in ihrem konstruktiven Aufbau nicht - wie zum Beispiel Schmelzsiche-
rungen - allein von der thermischen Wirkung des elektrischen Stromes abhängen.
Es ist auch geradezu beklemmend, daran denken zu müssen, daß es in allen Bereichen der Technik
wirklich katastrophale Folgen haben kann, wenn unter gewissen Voraussetzungen, außerhalb des
Willens der Verantwortlichen liegend, durch über solche Kräfte beeinflußte Relais, Funktionen
aller Art ausgelöst werden können. - Allein schon aus diesen Gründen wäre es im Interesse der
Allgemeinheit zu wünschen, wenn es der zuständigen Wissenschaft bald gelänge, mehr Licht in
diese noch dunklen Zusammenhänge zu bringen."
Da Rechtsanwalt Adam annahm, daß die zerstörerischen Spukerscheinungen mit einer
medialen Veranlagung seiner Büroangestellten Annemarie S. in Zusammenhang ständen, löste
er ihr Arbeitsverhältnis. Ab dem 19. Januar 1968 war sie nicht mehr in seiner Anwaltskanzlei
beschäftigt. Mit diesem Tage hörten auch schlagartig die Spukerscheinungen in der Königs-
straße 13 auf. Bei der neuen Arbeitsstelle der Annemarie S. traten sie nur kurz und ganz
schwach in Erscheinung und verschwanden dann völlig. Das ist die Regel bei sogenannten
personengebundenen Spukerscheinungen, die überwiegend in der unmittelbaren Umgebung
von Jugendlichen vorkommen.
Der Spuk von Rosenheim hatte noch ein gerichtliches Nachspiel:
Nach Bekanntwerden der Vorgänge verbreiteten Gegner der Parapsychologie aus den
Reihen des Journalismus und der Justiz, daß alle geschilderten Vorgänge nur betrüge-
risch hervorgebracht worden seien. Insbesondere wurde in einem Buch des Zsolnay
Verlages mit dem Titel "Falsche Geister, echte Schwindler" behauptet, das Pendeln
von Lampen und das Herabspringen von Wandbildern sei über Nylonfäden ausgelöst,
die Knallgeräusche seien durch Schläge mit einem Gummiknüppel gegen die Wand
verursacht und die festgestellten Schwankungen in den Anzeigen der Meßgeräte könn-
ten mit Hilfe eines selbstgebastelten Gleichrichters hervorgerufen worden sein.
- 15-
Gegen diese Behauptungen klagte der Rechtsanwalt Adam vor dem Landgericht
Traunstein. Anfang April 1970 untersagte daraufhin die zweite Zivilkammer des
Landgerichtes dem Zsolnay Verlag bei Geld- oder Haftstrafe die weitere Verbreitung
dieser Behauptungen.
Paranormale Vorgänge, wie sie bei Spukvorgängen in unerwünschter Weise auftreten, können
bei Vorhandensein einer entsprechend paranormal veranlagten Versuchsperson, eines soge-
nannten Mediums, auch gewollt experimentell hervorgerufen werden. Diese Möglichkeit
erweckte bereits Ende des vorigen und Anfang dieses Jahrhunderts das Interesse einiger
bedeutender Naturwissenschaftler und veranlaßte sie zu Forschungen auf diesem Gebiet. Zu
diesen Gelehrten gehörten unter anderen:
Der britische Physiker und Chemiker Professor Sir William Crookes, der von 1832-
1919 lebte.
Der britische Physiker Professor Sir Oliver Lodge, der von 1851-1940 lebte.
Der französische Physiologe Professor Charles Richet, der von 1850-1935 lebte und
1913 den Nobelpreis für Medizin erhielt.
Und der deutsche Astrophysiker Professor Friedrich Zöllner, der von 1834-1882 lebte.
Zöllner hatte einen Lehrstuhl in Leipzig. Er war der Begründer der Astrophysik und hatte sich
einen bedeutenden Namen durch photometrische und spektroskopische Untersuchungen und
Abhandlungen über die Natur der Kometen gemacht. Als Astrophysiker vertrat er eine spezi-
elle Hypothese über den Aufbau unseres Weltalls. Er nahm an, daß unser dreidimensionaler
Raum in einen höherdimensionalen, beispielsweise einen vierdimensionalen Raum eingebettet
ist. Um diese Hypothese zu untermauern, ersann er besondere parapsychologische Versuche.
Angeregt wurde er dazu durch einen Besuch bei seinem britischen Kollegen Professor
Crookes, der ihm von seinen eigenen Versuchen auf dem Gebiet des Paranormalen berichtete.
Insbesondere wurde Zöllner auf ein amerikanisches Medium aufmerksam gemacht, auf einen
Zahnarzt Henry Slade. Diesen lud er 1877 und 1878 zu sich nach Leipzig ein und experimen-
tierte mit ihm unter Hinzuziehung der beiden damals sehr bekannten Physiker Professor
Wilhelm Weber und Professor Gustav Theodor Fechner sowie des Ordinarius für Mathematik
Professor Wilhelm Scheibner. In Anwesenheit Slades ereigneten sich unter anderem Erschei-
nungen, wie sie auch bei Spukvorgängen beobachtet werden.
Am 15. Dezember 1877, vormittags 11 Uhr, waren die erwähnten Wissenschaftler zusammen
mit Henry Slade in der Wohnung von Professor Zöllner versammelt und besprachen einen
Versuch vom Vortage. Bei diesem hatte Slade durch zwei gekreuzte Polarisationsfilter hin-
durch gedruckten Text lesen können. Normale Menschen vermögen durch gekreuzte Polarisa-
tionsfilter hindurch nichts zu sehen. Diese sind absolut lichtundurchlässig. Zöllner berichtet:
"Noch während wir in meinem Arbeitszimmer stehend ein kleines Frühstück einnahmen und ich
mich mit Slade über das Experiment mit den gekreuzten Nicolschen Prismen unterhielt, fiel plötz-
lich von der Decke des Zimmers dicht zu unseren Füßen ein faustgroßes Stück Steinkohle herab.
Ein ähnlicher Vorfall ereignete sich eine halbe Stunde später, als mein Kollege Scheibner, sich mit
Slade unterhaltend, eben das Sitzungszimmer verlassen wollte. Statt der Kohle fiel hier plötzlich
ein Stück Holz von der Decke herab.
Am 11. Dezember vormittags, als wir uns nach der Sitzung stehend unterhielten, sahen wir plötz-
lich mein Taschenmesser in der Luft herumfliegen und - glücklicherweise geschlossen - ziemlich
heftig gegen die Stirn meines Freundes Scheibner treffen, so daß derselbe noch am folgenden Tag
- 16-
einen sichtbaren Eindruck auf der Stirn besaß. Da ich mich während des Vorfalls mit Slade unter-
halten hatte und letzterer meinem Freunde, bei einem Abstande von ungefähr 10 Fuß, den Rücken
zugekehrt hatte, konnte jedenfalls nicht Henry Slade das Messer gegen den Kopf meines Freundes
geworfen haben."
Am 14. Dezember 1877, vormittags 11 Uhr, wohnten die vier erwähnten Wissenschaftler
folgendem Versuch mit Henry Slade bei: Zöllner untersuchte eine Stahlstricknadel mit einem
Kompaß und stellte fest, daß diese völlig unmagnetisch war. Dann legte Slade die Stricknadel
mit der Hand auf eine Schiefertafel und hielt diese unter den Wohnzimmertisch Zöllners.
Nach vier Minuten wurde die Tafel wieder hervorgezogen und auf den Tisch gelegt. Die
Stricknadel war jetzt an einem Ende, und zwar seltsamerweise nur an einem Ende so stark
magnetisch geworden, daß Eisenfeilspäne und kleine Nähnadeln an diesem Ende hängenblie-
ben. Der entstandene Pol erwies sich bei Prüfung mit dem Kompaß als magnetischer Südpol.
Während dieses Versuches saß Professor Weber am Tisch und bemerkte um 11.30 Uhr, wie
unter dem Tisch sein Rock aufgeknöpft, ihm die goldene Uhr aus der Westentasche genom-
men und ihm vorsichtig in seine unter den Tisch gehaltene rechte Hand gelegt wurde. Wäh-
rend dieses Vorganges, der etwa drei Minuten dauerte und von Weber in seinen einzelnen
Phasen genau beschrieben wurde, befanden sich Slades Hände vor aller Augen auf dem Tisch
und seine seitwärts übereinandergeschlagenen Beine in einer solchen Stellung, daß sie zu dem
Vorgang nicht verwendet werden konnten. Der Versuch fand in einem durch vier große
Fenster hell erleuchteten Eckzimmer statt.
Man fragt sich hier, wie und durch wen oder was konnte Professor Wilhelm Weber die Uhr
aus der Westentasche gezogen und in die Hand gelegt werden? Über die Möglichkeiten dazu
gaben Beobachtungen vom 8. Mai 1878 Auskunft. In der Zeit von 20.20 Uhr bis 20.35 Uhr
fanden unter Beteiligung von Henry Slade und den Professoren Zöllner, Weber, Fechner und
Scheibe Versuche in einem hellerleuchteten Zimmer statt. Im Verlaufe dieser Sitzung hielt
Professor Zöllner mit seiner rechten Hand eine Schiefertafel unter den Wohnzimmertisch. Er
erwartete das Entstehen von schriftlichen Mitteilungen auf dieser Tafel, was von ihm später
auch mehrfach beobachtet wurde. Über den weiteren Verlauf des Versuches an diesem Abend
berichtet Professor Zöllner:
"Während nun hierbei Slades Hände mir stets sichtbar ruhig auf der Tischplatte lagen, erschien
plötzlich eine große Hand dicht vor mir unter dem Tischrande auftauchend. Alle Finger der Hand
bewegten sich schnell und ich konnte dieselbe während einer Zeit von mindestens zwei Minuten
genau beobachten. Die Farbe der Hand war etwas fahl und spielte schwach ins Olivengrüne.
Während ich nun Slades Hände stets vor mir auf dem Tische liegen sah und er selbst zu meiner
Linken am Tische saß, stieg die oben erwähnte Hand plötzlich pfeilschnell noch höher und umfaß-
te mit kräftigem Drucke meinen linken Oberarm über eine Minute lang. Da meine Aufmerksam-
keit ganz durch die Beobachtung der fremden Hand in Anspruch genommen war und der Griff
nach meinem linken Oberarm so plötzlich, kräftig und mir unerwartet geschah, so bin ich nicht im
Stande, etwas über die Beschaffenheit des Armes zu sagen, der die Verbindung der Hand mit dem
Tischrande herstellte.
Als diese Hand verschwunden war und Slades Hände nach wie vor auf dem Tische lagen, wurde
ich an meiner rechten Hand, welche während dieser vier Minuten noch immer die oben erwähnte
Tafel unter den Tisch hielt, so heftig gekniffen, daß ich unwillkürlich laut aufschreien mußte. Mit
dieser Manifestation schloß die betreffende Sitzung."
Das Auftreten dieser Hände macht deutlich, wie manche der mechanischen Bewegungen bei
paraphysikalischen Versuchen zustande kommen können. Die vorübergehende Bildung von
isolierten Händen oder anderen Gliedmaßen, man spricht hier von Materialisationserschei-
- 17-
nungen, ist in der Parapsychologie oftmals beobachtet worden. Man hat derartige Gliedma-
ßen auch photographieren und Wachsformen von ihnen abnehmen können. In diesen Wachs-
formen, die beispielsweise eine Hand vollständig umschlossen und aus denen eine normale
menschliche Hand nicht herausgezogen werden kann, lösten sich die vorübergehend materia-
lisierten Hände nach kurzer Zeit vollständig auf. Die nun leeren Formen ließen sich dann mit
Gips ausgießen.
Zu einer Gruppe von Versuchen, die Professor Zöllner besonders am Herzen lagen, soll noch
ein Beispiel geschildert werden: Sowohl das Medium Slade als auch Professor Zöllner waren
der Auffassung, daß intelligente Wesenheiten einer anderen Daseinsebene die von ihnen beo-
bachteten Erscheinungen verursachten. Zöllner vertrat als Astrophysiker weiter die
Meinung, daß unser dreidimensionaler Raum, in dem wir jetzt leben, in einen höherdimensio-
nalen, vierdimensionalen Raum eingebettet sei. In Richtung dieser weiteren, vierten Raum-
dimension, die wir Menschen nicht betreten können, die aber möglicherweise anderen intelli-
genten Wesen offensteht, müßte es möglich sein, Gegenstände unserer Welt vorübergehend
zum Verschwinden und wieder zum Auftauchen zu bringen. Weiter meinte Zöllner, daß in
eine Schnur, die an ihren Enden verknotet und versiegelt ist, durch eine Bewegung in die
vierte Raumdimension hinein ein oder mehrere Knoten geschlagen werden könnten, ohne daß
dazu das Siegel gelöst werden müßte.
Der erste Versuch dazu wurde am 17. Dezember 1877 vormittags 11 Uhr vorgenommen.
Zöllner hatte am Vortage einen eineinhalb Meter langen und ein Millimeter dicken Bindfaden
an den Enden verknotet und versiegelt. Die Bindfadenschlinge hängte er sich um den Hals
und legte das Siegel offen vor sich auf den Tisch. Die Bindfadenstücke nahe dem Siegel hielt
er mit beiden Daumen auf dem Tisch fest. Links von Zöllner saß Slade. Seine Hände waren
jederzeit frei sichtbar. Zöllner wünschte nun die Knüpfung eines Knotens in den Bindfaden
hinein. Nach wenigen Minuten waren aber ohne Verletzung des Bindfadens und des Siegels
insgesamt vier Knoten geschlagen worden. Kein Mensch kann derartiges unter den geschil-
derten Umständen durch normale physikalische Hilfsmittel bewerkstelligen, sei es ohne, sei es
mit Trick. Professor Zöllner kommentiert seinen Versuch folgendermaßen:
"Das von mir am 17. Dezember 1877 durchgeführte Knotenexperiment läßt zwei verschiedene
Deutungen zu, je nachdem man einen Raum von drei oder vier Dimensionen voraussetzt. Im ersten
Falle hätte eine sogenannte Durchdringung von Materie stattfinden müssen, oder mit anderen
Worten, es hätten sich materielle Moleküle, welche den Bindfaden aufbauen, an gewissen Stellen
voneinander trennen und dann, nach dem Hindurchgehen des anderen Fadenteils, wieder genau in
der früheren Weise zusammenfügen müssen. - Im zweiten Fall jedoch, wo den Bewegungen des
biegsamen Fadens, meiner Theorie gemäß, ein vierdimensionales Raumgebiet zur Verfügung steht,
wäre eine solche Trennung und Wiederzusammenfügung der Moleküle nicht erforderlich. Dagegen
müßte der Faden während des Vorganges eine Verwindung um seine Längsachse erleiden, deren
Vorhandensein nach der Schürzung des Knotens nachzuweisen wäre."
Diese Verwindung konnte Zöllner 1877 bei dem benutzten Bindfaden noch nicht feststellen.
Jedoch nahm er bei einem neuen Versuch am 8. Mai 1878 zwei versiegelte Lederbänder und
konnte an diesen nach der Knotenschürzung eine Verwindung feststellen.
Die Versuche von Professor Zöllner sind hier zwar nur auszugsweise, aber doch relativ
ausführlich dargestellt worden, weil er sie zusammen mit drei damals sehr bedeutenden
Naturwissenschaftlern durchführte, die die Sorgfalt der Untersuchung und die Echtheit der
Vorgänge stets bezeugten.
- 18-
Trotzdem wurde Zöllner von den heute wie damals vorhandenen heftigen Gegnern
der Parapsychologie scharf angegriffen. Man warf ihm vor, einem Betrüger aufge-
sessen zu sein. Da man keine Beweise dafür hatte, behaupteten die Gegner, Zöllner
selbst habe den Schwindel erkannt und später aus Scham und Gram darüber Selbst-
mord verübt. Nichts davon ist wahr! Zöllner ist am 25. April 1882, an seinem
Schreibpult stehend, von einem Schlaganfall dahingerafft worden.
Unter den physikalischen Phänomenen der Parapsychologie sind besonders eindrucksvoll die
mechanischen Bewegungen von Gegenständen ohne sichtbaren oder physikalisch feststell-
baren Bewegungsmechanismus. Dieses Bewegen von Gegenständen kann auch im paranor-
malen Heben schwerer Gegenstände oder im Heben oder zum Schwebenbringen lebender
Menschen bestehen. Man spricht dann von Levitation. Derartige Vorgänge sind mehrfach
photographiert worden.
1974 gelang es dem Filmregisseur Rolf Olsen sogar, eine eindrucksvolle Levitation zu filmen.
Es handelte sich um einen afrikanischen Priester namens Nana Owaku, der an der Westküste
Afrikas den dortigen Flußgöttern dient. Sein Levitationsphänomen ist Bestandteil einer langen
religiösen Zeremonie, durch die die Flußgötter zum Zeitpunkt der Tag- und Nachtgleiche
gnädig gestimmt werden sollen. Als sichtbares Zeichen ihrer Gewogenheit vor den Gläubigen
verleihen sie dann dem Priester die wunderbare Fähigkeit, für kurze Zeit frei in der Luft
schweben zu können.
Die Zeremonie fand nach Einbruch der Dunkelheit statt. Der Priester stand im Freien auf
sandigem Boden, in einem Kreis brennender Holzscheite, von allen Seiten gut beleuchtet.
Monotoner Gesang und dumpfer Trommelschlag begleiteten das Geschehen. Der Priester,
angetan mit einem langen rot-weißen Gewand, breitete die Arme weit aus und richtete seinen
Blick gegen den Himmel. Dann hob er langsam vom Boden ab und schwebte bis zu einer
Höhe von etwa eineinhalb Meter empor. Dabei balancierte er wie auf einer Art Luftkissen,
ständig die Arme weit ausgebreitet und die Augen nach oben gerichtet. Zwei Kameras filmten
den Vorgang. Die zweite Kamera wurde um den schwebenden Priester herumgeführt. Sie
zeigte deutlich, daß der Priester völlig isoliert und keinerlei Hebe- oder Zugmechanismus
vorhanden war. Die nächsten sehr niedrigen Palmen standen erst in etwas sechs Meter Entfer-
nung. Nach etwa eineinhalb Minuten des Schwebens fiel der Priester wie ein Stein auf den
Sandboden herab. Keuchend und erschöpft sackte er dort in sich zusammen und erhob sich
erst nach einer Weile recht mühsam.
Ein Levitationsvorgang soll noch aus dem europäischen Bereich berichtet werden. Er ereigne-
te sich am 5. November 1927 in einem kleinen Ort Trebian bei Leibnitz in Österreich. Er
betrifft das Grazer Medium Frau Maria Silbert, die von 1866-1936 lebte. Der Bericht stammt
von dem Grazer Zahnarzt Dr. Rotky. Weitere Zeugen des Vorganges waren ein Direktor
Macourek, ein Rittmeister Schwarzer mit Ehefrau und ein Professor Walter. Diese Gesell-
schaft hatte zusammen mit Frau Silbert am Abend des 5. November 1927 in einem Weingast-
haus in Trebian schon eine Reihe beeindruckender und beängstigender Spukerscheinungen
erlebt. Dr. Rotky berichtet nun:
"Da niemand mehr Lust verspürte, an diesem Abend noch mehr zu erleben, beschlossen wir auf
der Terrasse die schöne Mondnacht zu genießen. Kaum hatten wir uns draußen vor dem Haus nie-
dergesetzt und gemütlich zu plaudern begonnen, war Mutter Silbert plötzlich fort - einfach nicht
mehr da - als hätte sie sich "dematerialisiert". Da uns dies im Grunde nichts Neues war und wir aus
unserer Erfahrung mit ihr wußten, daß alles Suchen stets vergeblich war und sie immer wieder von
- 19-
selbst zurückkam, sorgten wir uns auch nicht weiter und blieben in unserer Runde sitzen - nur
ließen wir ab und zu unsere Blicke nach ihr umherschweifen.
Es mochten zwanzig Minuten vergangen sein - da sah ich plötzlich, wie Mutter Silbert einen
steilen, kleinen Weingartenweg heraufgeschwebt kam. Ich kann mich nicht anders ausdrücken - es
war ein Schweben. Rasch lief ich ihr entgegen, nahm sie an der Hand und merkte, daß sich diese
ganz kalt und frostig anfühlte, wie die einer Leiche. Ich ging neben ihr dem Hause zu. Sie schweb-
te etwa einen halben Meter über dem Erdboden und machte keine Bewegung. Mit weit aufgerisse-
nen Augen, Totenblässe im Gesicht, starrte sie unentwegt auf den hellerleuchteten Sirius. So führte
ich sie in das Haus zurück, und die ganze Gesellschaft versammelte sich wieder um den Tisch.
Etwa zehn Minuten mochte sie so dagesessen sein, ohne Pulsschlag, fast nicht atmend - in Tief-
trance. Als sie allmählich zu sich kam, fragte ich sie gleich: 'Mutter, wo warst du denn?' -
'In St. Nikolai am Franzosengrab, ein Lichterl anzünden.' Das war ihre Antwort - noch immer in
leichter Trance. Wir schauten uns alle fragend und erstaunt an, fast ungläubig. Die Luftlinie bis
Nikolai beträgt doch immer sechs Kilometer und führt über Gräben, Wälder und Hügel. Auf der
Straße fährt man mit dem Pferdegespann eineinhalb bis zwei Stunden. Es wäre nur mit einem
modernen Flugzeug möglich gewesen, diese Strecke in so kurzer Zeit zurückzulegen. Wie Mutter
Silbert dieses Glanzstück vollbrachte, beziehungsweise, welche Kräfte, außerirdische Mächte und
Intelligenzen dies bewirkten, bleibt uns vorläufig noch ein tiefes Geheimnis."
Am nächsten Tag sollte nun dieses Franzosengrab in St. Nikolai, ein ehemaliges Massengrab
napoleonischer Soldaten, aufgesucht werden, um festzustellen, ob dort tatsächlich eine Kerze
angezündet worden war. Dabei kam es wiederum zu einer Levitation der Frau Silbert.
Dr. Rotky berichtet darüber:
"Der Weg führte uns an der Kirche, dem Pfarrhaus und der Schule vorbei, von wo es auf einem
Feldweg hinausging in die Acker, Wiesen und Wälder. Wir gingen in einer losen Gruppe - und
plötzlich fiel Mutter Silbert in Trance und begann knapp über dem Erdboden dahinzuschweben, so
rasch, daß wir ihr nur mit Mühe folgen konnten. Es ging über ein holpriges Stoppelfeld, dann über
eine Wiese, und auf einmal, es war eine schmale Ackerparzelle, da fiel sie auf die Knie und
flüsterte ein Gebet, während ihre Hände auf der Brust gefaltet waren. Vor ihr sahen wir in den
Ackerschollen ein abgebranntes Kerzenstümpfchen. - Nach einer Weile erhob sie sich, machte
noch einen etwas abwesenden Eindruck, schaute befremdet um sich und streckte die Hände aus,
hielt sie über dem Boden, als wollte sie von der Allmacht für die an diesen Ort gebundenen Segen
herabflehen."
In diesem Zusammenhang beachte man einen Bericht, der uns über Christus überliefert ist
und der ein Ereignis auf dem See Genezareth beschreibt. Nach der Speisung der Fünftausend
berichtet der Evangelist Matthäus im Kapitel 14:
"Und sogleich nötigte Jesus seine Jünger, ins Boot zu steigen und vor ihm nach dem jenseitigen
Ufer hinüberzufahren, damit er inzwischen die Volksscharen entließe. Als er das getan hatte, stieg
er für sich allein den Berg hinan, um zu beten; und als es Abend geworden war, befand er sich dort
allein; das Boot aber war schon mitten auf dem See und wurde von den Wellen hart bedrängt, denn
der Wind stand ihnen entgegen.
In der vierten Nachtwache aber kam Jesus auf sie zu, indem er über den See dahinging. Als nun
die Jünger ihn so auf dem See wandeln sahen, gerieten sie in Bestürzung, weil sie dachten, es sei
ein Gespenst, und sie schrieen vor Angst laut auf. Doch Jesus redete sie sogleich mit den Worten
an: 'Seid getrost: ich bin es; fürchtet euch nicht!' Da antwortete ihm Petrus: 'Herr, wenn du es bist,
so laß mich über das Wasser zu dir kommen!' Er erwiderte: 'So komm!' Da stieg Petrus aus dem
Boot, ging über das Wasser hin und kam auf Jesus zu; doch als er den Sturmwind wahrnahm,
wurde ihm angst, und als er unterzusinken begann, rief er laut: 'Herr, hilf mir!' Sogleich streckte
Jesus die Hand aus, faßte ihn und sagte zu ihm: 'Du Kleingläubiger! Warum hast du gezweifelt?'
Als sie dann in das Boot gestiegen waren, legte sich der Wind. Die Männer im Boot aber warfen
sich vor ihm nieder und sagten: 'Du bist wahrhaftig Gottes Sohn!'
- 20-
Von besonderer Bedeutung sind in der Parapsychologie die sogenannten Materialisationser-
scheinungen. Bei den Versuchen von Professor Zöllner sind sie bereits erwähnt worden. Es
handelt sich dabei um die vorübergehende Bildung oder Absonderung von organischer
Materie aus dem Körper eines Mediums. Man nennt diese Substanz dann Ektoplasma oder
Teleplasma. Aus ihm können sich menschlich geformte isolierte Gliedmaßen formen, aber
auch vollständige lebende menschliche Gestalten. Der Vorgang vermag in wenigen Sekunden
abzulaufen, aber zu Demonstrationszwecken auch zeitlich gedehnt zu werden.
Diese Gestalten, auch Vollmaterialisationen oder Phantome genannt, können vollständig
menschenähnlich ausgebildet sein. Dabei war es auch möglich, ihre Atmung, den Herzschlag
und den Pulsschlag zu prüfen. Sie sind imstande, sich frei zu bewegen. Sie sind auch fähig,
eine fließende Unterhaltung zu führen. Bekleidet sind sie meist mit weiten, faltigen, weißen
Gewändern, oft in so großer Fülle, daß sie ihnen lang vom Körper und den Armen hernieder-
hängen. Besonders weibliche Gestalten zeigen gerne den Anwesenden ihre verschieden gebil-
dete Kleidung, die von schönen Mustern durchwirkt sein kann. Manchmal ist das Gewand
auch selbstleuchtend, also phosphoreszierend. Gelegentlich wurde normale bürgerliche
Kleidung, Ornat oder Uniform beobachtet.
Die Phantome behaupten, verstorbene, ehemals auf diese Erde gewesene Menschen zu sein.
Sie wollen durch ihr Erscheinen bekunden, daß es ein Fortleben nach dem Tode gibt. Dafür
steht ihnen für einige Minuten, maximal etwa eine Stunde, ein vorübergehend wieder gebilde-
ter irdischer Körper zur Verfügung, der mehr oder weniger vollständig sein kann. Manchmal
fehlen nämlich die Füße oder der Unterkörper. Die Gestalten schweben dann. Meistens sind
irdische Verwandte oder Freunde der Phantome anwesend. Derentwegen kommen sie ja über-
haupt. An ihrer Gestalt, ihren Gesichtszügen, ihrer Ausdrucksweise und ihren Kenntnissen
werden sie von ihren irdischen Bekannten meist auf erkannt und anerkannt. - Die Auflösung
der Phantome kann derart ablaufen, daß sie vor den Augen der Zuschauer immer durchsichti-
ger werden oder aber stufenweise im Boden versinken. Die freiwerdende Materie kehrt dabei
in den Körper des Mediums zurück.
Die mediale Gabe für diese Art von Erscheinungen ist sehr selten. In hohem Maße besaß sie
ein Däne Einer Nielsen, der von 1894 -1965 in Kopenhagen lebte. Nielsen hat seine mediale
Tätigkeit genau 50 Jahre ausgeübt und in dieser Zeit etwa 1.700 Materialisationssitzungen
gegeben. Pro Sitzung erschienen im Mittel 10 Phantome, mal mehr, mal weniger. Manche
Gestalten kamen Hunderte von Malen, doch auch stets neue, je nach den anwesenden zu-
schauenden Teilnehmern dieser Erde. Die Phantome handeln wie normale lebende Menschen
und können dabei nachprüfbare Mitteilungen aus ihrem früheren Leben machen, die noch
keinem der Anwesenden bekannt waren. Einer Nielsen erzählt selbst ein solches Beispiel:
"Ich traf Herrn A. zum ersten Male auf einer Sitzung bei Herrn Bonne. Er interessierte sich sehr
für die Frage, ob es ein Leben nach dem Tode gebe. Er war nie zuvor bei einer Sitzung gewesen
und kannte den Spiritismus nur durch Bücher. Bei der ersten Sitzung war er nun sehr begeistert,
und ein Teilnehmer sagte, die Freunde von drüben hätten alles getan, damit er eine Überzeugung
bekäme. Als wir eines Abends von einer Sitzung heimfuhren, sagte er: 'Es gibt doch Dinge, über
die wir keinen Bescheid bekommen und über die auch die Geister keine Mitteilung geben können!'
Auf meine Frage, was das sei, antwortete er: 'Ja, das ist mein Geheimnis!'
Ein halbes Jahr später kam auf einer Sitzung eine weibliche Gestalt aus dem Kabinett, ging auf ihn
zu und sagte:
'Ich bin deine erste Frau, die du verlassen hast! Du ließest mich allein mit unserem
Kind sitzen, und nach langer Krankheitszeit mußte ich sterben. Jetzt liegt mein Leib
auf dem Kirchhof in H. begraben, und unsere Tochter lebt in Not in der Stadt. Such
- 21-
sie auf und hilf ihr! So kannst du deine Handlungsweise mir gegenüber wieder
gutmachen!'
Dann verschwand sie, indem sie sich draußen auf dem Boden vor uns auflöste. Sie war eine der
letzten Gestalten, die sich an diesem Abend zeigten, und kurz danach wurde die Sitzung geschlos-
sen. Nach der Sitzung konnte ich nur schwer wieder zum Bewußtsein kommen, und als es endlich
geschah, taumelte ich auf einen Diwan, um mich zu ruhen.
Inzwischen versuchte Herr A. den Teilnehmern sein Ehe-Erlebnis auf etwas verschönerte Weise zu
erklären: Seine erste Frau sei geistesverwirrt gewesen, als sie starb, und deswegen habe sie wohl so
gesprochen. Er habe gehört, wie man sterbe, so wache man wieder auf usw. Während er dies
erzählte, fühlte ich, daß jemand an meiner Seite stand, und hellsichtig erblickte ich eine junge
Frau. Im selben Augenblick ging ich in Trance, und die junge Frau sagte nun durch mich:
'Es ist nicht wahr, was er sagt, er verließ mich!'
War Herr A. bei der ersten Mitteilung erregt gewesen, so wurde er es bei diesem Protest noch
mehr; doch statt weitere Aufklärung zu geben, wurde er dann ganz still.
Einige Tage vergingen, ohne daß ich etwas von ihm hörte. Dann aber kam er, um mir die Wahrheit
über sein Jugendleben zu erzählen, von dem niemand nach seiner Meinung etwas wissen konnte.
Den Gedanken, daß seine erste Frau sich eventuell materialisieren könnte, hatte er nicht gehabt.
Nun war es indessen geschehen, und das Phänomen war so überzeugend gewesen, daß er sich vor
der Tatsache beugen mußte: Das war sie!
Und nun erzählte er mir von seiner Jugend, wie er mit 20 Jahren mit einem guten, hübschen
Mädchen gleichen Alters verheiratet worden war, aber kurz danach begonnen hatte, mit seinen
Freunden auszuschweifen, zu zechen und besonders viel Geld für seine Damenbekanntschaften
verbraucht hatte. Das Geld, das er von seinem Vater kurz vor der Hochzeit bekommen hatte, war
verbraucht, und sein Geschäft hatte er unter Aufsicht gestellt. Seine Frau hatte geweint und ihn
gebeten, sich zusammenzunehmen, er sollte daran denken, daß in einigen Monaten ihr erstes Kind
geboren würde. Aber eines schönen Tages, als er seinen vollständigen Ruin sah, war er davonge-
reist, um nicht mehr heimzukehren.
Erst nach Jahren kam er wieder zurück als wohlhabender Mann und erfuhr nun, wie es seiner Frau
ergangen war. Sie hatte von der Einrichtung verkauft, solange noch etwas da war, und kurz nach
der Geburt ihres Kindes, eines kleinen Mädchens, hatte sie eine Stellung als Wirtschafterin bei
einem Witwer in Jütland annehmen müssen. Hier bekam sie Tuberkulose, durfte aber aus Mitleid
ihre Stelle behalten, solange sie arbeiten konnte. Zwei Jahre nach der Geburt des Kindes starb sie
im Krankenhaus, und niemand folgte ihr zum Grab auf dem kleinen Kirchhof. … Das Mädchen
wurde bei fremden Menschen aufgezogen und war jetzt nach den Auskünften, die er erhalten hatte,
verheiratet und im Ort L. ansässig, mußte aber hart um das Dasein kämpfen. Er hatte sie noch nicht
aufgesucht, wollte es aber tun.
Einige Tage später begab sich Herr A. nach dem kleinen Ort, wo seine erste Frau die letzten Jahre
gewohnt hatte, setzte eine hübsche Gedenktafel auf ihr Grab und sandte ein Gebet zu Gott, er
wolle ihr helfen und ihm vergeben. - Seine nächste Handlung war, die Tochter aufzusuchen, die
äußerst erstaunt war, so unerwartet einen wohlhabenden Vater zu sehen. Nach vielen Erklärungen
bewog er sie, die Hilfe anzunehmen, die er brachte.
Nach allen diesen Erlebnissen kam er wieder zu mir, und wir bekamen noch eine Sitzung, bei der
seine Frau wieder erschien! Sie war ihm gefolgt, hatte ihn am Grabe auf dem kleinen Kirchhof
gesehen, seine Bitte zu Gott gehört und war zusammen mit ihm bei der Tochter gewesen, wo sie
über seine Hilfe froh wurde. Als sie so mit ihm gesprochen hatte, knieten sie nieder, sie, der Geist,
und er, der Mensch, auf dem Boden mitten im Sitzungsraum und baten Gott für sie beide…
In einem solchen Augenblick ist es, als würde uns Menschen etwas von dem himmlischen Licht
zuteil! - Ich weiß, daß alle, die an dem Abend zugegen waren, ihn nie vergessen werden. Er wird
immer mit leuchtender Schrift im Buch ihrer Erinnerungen stehen!"
- 22-
Das Auftreten derartiger mehr oder weniger vollmaterialisierter Phantome wird gelegentlich
auch bei Spukfällen beobachtet. Manchmal stehen diese Erscheinungen auch mit Todesfällen
in Zusammenhang. Ein Beispiel dieser Art schildert Dr. Eisenbeiss aus St. Gallen. Er berich-
tet:
"Wir lassen die Schwelle des irdischen Todes endgültig hinter uns zurück und betrachten Fälle, die
auf einem Hereinwirken der Jenseitswelt in unsere materielle Welt basieren. Was liegt uns näher,
als ein 'eigenes' Beispiel anzuführen: Die Schilderung einer mir persönlich bestens bekannten Frau
aus dem Kanton Zürich. Sie kam zu mir, bat nach dem Vorgefallenen um Erläuterungen und Hilfe
in ihrer Angelegenheit.
Der ganze Lebensweg dieser Frau ist begleitet von außersinnlichen Wahrnehmungen und Erlebnis-
sen, zurück bis in die früheste Jugend, so daß die folgende Schilderung keineswegs isoliert dasteht.
Vielleicht ist es gut beizufügen, daß es sich um eine in jeder Beziehung geistig gesunde Person
handelt, die ihre Erlebnisse in keiner Weise nach außen trägt und von deren Medialität die Umwelt
so gut wie nichts weiß. Hier ihr Protokoll:
'Im August 1976 verstarb mein lieber Mann. Er hatte während Jahren unser bäuerli-
ches Heimwesen bearbeitet. Wir haben zwei Töchter, die beide verheiratet sind - die
eine im Ausland, die andere ist nun mit ihrem Mann ins elterliche Haus gezogen.
Zwei Wochen nach dem Tode meines Mannes werde ich in ungewohnter Weise
schon vor drei Uhr morgens hellwach. Ich gehe in die Küche, nehme ein Getränk zu
mir, kehre ins Schlafzimmer zurück - doch an eine Rückkehr des Schlafes ist nicht
zu denken. Kurz vor fünf Uhr beginnt mein ganzer Körper zu vibrieren. Ich sitze im
Bett auf und sehe, wie nach etwa fünf bis zehn Minuten dieses andauernd vibrieren-
den Zustandes eine eigenartige Helligkeit sich verbreitet. Ich sehe, wie aus einer Art
Nebel sich mein verstorbener Mann herausbildet. Teilweise sind seine Umrisse
unscharf, er kommt zu mir, beugt sich über mich und spricht mit trauriger Stimme
nur 'oh Mueti'. - Ich versuche, nach seiner deutlich sichtbaren Hand zu greifen, doch
dann ist er verschwunden. Ich bin sehr erregt durch dieses Geschehen und kann mir
seine Niedergeschlagenheit nicht erklären.
Nun wiederholt sich der in höchstem Maße merkwürdige Vorfall in den nächsten
Monaten noch gegen zehnmal. Stets werde ich zur gleichen Zeit wieder hellwach,
und wieder stellt sich nach etwa zwei Stunden dieses gut fünf Minuten dauernde
vibrierende Gefühl an meinem Körper ein, ehe seine Gestalt für mich sichtbar wird.
Beim zweiten Mal schon sind seine Konturen so scharf, daß ich glaube, er sei gar
nicht gestorben. Er ist in ein schlichtes, weißes Gewand gekleidet. Er setzt sich zu
mir aufs Bett und schildert mir resigniert die großen Schwierigkeiten, die auf mich
zukommen würden. Schwierigkeiten würden sich wegen der Erbschaft ergeben,
unsere im Ausland lebende Tochter würde der Grund eines lange andauernden
Streites sein.
Bei einem dritten nächtlichen Besuch fordere ich ihn auf, doch ins Wohnzimmer zu
kommen, wo wir uns dann etwa fünf Minuten unterhalten können, immer über das
gleiche bedrückende Thema, von dem sich doch in Wirklichkeit noch gar nichts
gezeigt hatte. Bei diesem Gespräch trage ich ihm noch eine Bitte vor: 'Kannst du mir
helfen, deinen Schlüsselbund zu suchen?' Ich muß beifügen, daß mein Mann in der
Gemeinde verschiedene Ämter versah und deshalb unter anderem auch einen
Tresorschlüssel stets bei sich trug, dessen Verlust auch für die Leute der Gemeinde-
verwaltung unangenehm war. 'Mach dir deswegen keine Sorgen', sind seine letzten
Worte, ehe er sich wie in Luft aufzulösen scheint.
Einige Tage später, wiederum nach dem mir schon vertraut gewordenen nächtlichen
Vibrieren, höre ich, wie jemand die Wohnungstüre aufschließt, in den Gang tritt,
meine Schlafzimmertüre öffnet… Es ist mein Mann, der ins Zimmer kommt. Er geht
zu jener Schublade, in welcher er gewöhnlich den Schlüsselbund versorgt hatte,
öffnet die Schublade und legt für mich in normal hörbarer Weise den vermißten
- 23-
Schlüsselbund hinein. Ich stehe von meinem Bett auf, gehe auf ihn zu, danke ihm
und schließe ihn in meine Arme - doch nur für kurze Zeit, denn nach wenigen
Sekunden stehe ich allein da in der normalen Dunkelheit jener frühmorgendlichen
Stunde. Er hat sich in meinen Armen aufgelöst und die vorübergehende Helligkeit
mit sich genommen.
Ein nächstes Mal sehe ich, wie er zur gewohnten Zeit direkt aus der Wand ins Zim-
mer tritt, zunächst in zarten Umrissen, doch sich rasch derart verdichtend, daß ich
glaube, einen normal lebenden Menschen vor mir zu haben. Ich kann ihn anfassen,
doch unser jeweils nur kurzes Gespräch dreht sich stets um das gleiche unerfreuliche
Thema, das mir ja noch bevorstehen sollte. … Tatsächlich beginnen drei Monate
nach meines Mannes Tode die Erb-Auseinandersetzungen. Ich glaube, meine Töch-
ter nicht mehr zu kennen…
Noch einmal, im Februar 1977, also ein halbes Jahr nach seinem Tode, erscheint
mein Mann ein vorläufig letztes Mal. Er trägt eine Schäferkleidung mit großem Hut,
um seinen Hals eine lange Schärpe geschlungen, die er nun auszieht und auf den
Tisch legt. In der Hand hält er einen großen Wanderstab. Ich nehme die Schärpe in
die Hand, rieche an ihr einen Duft, als entstamme sie einer feuchten, modernden
Höhle. Ich habe das Gefühl, als würde mein lieber Mann eine lange Wanderschaft
antreten, schon seiner äußeren Aufmachung wegen, und so bin ich nicht überrascht,
als er sagt: 'Du mußt jetzt selber fertigwerden mit deinen Schwierigkeiten... Ich
werde kaum mehr zu dir kommen können.' Und in den nächsten Sekunden ist er wie
aufgelöst, samt der Schärpe, die er wieder an sich genommen hat.
Das ganze Jahr war denn auch von der Erbschaftsangelegenheit überschattet. Mein
Mann kam nicht mehr... bis zum Jahresbeginn von 1978, als er noch ein weiteres
und letztes Mal erschien. Dabei brachte er gleich noch seinen 1969 verstorbenen
Bruder sowie einen dritten, mir unbekannten Mann mit. Während dieser Unbekannte
fast durchsichtig schien und teilnahmslos auf dem Bette saß, ging mein voll sichtba-
rer Mann vehement aufs Fenster zu, öffnete es, blickte gebannt auf das vor ihm
liegende Gut und rief erregt: 'Das ist das Land meiner Familie!' - Es würde zu weit
führen, hier die entstandenen familiären Differenzen aufzuzeigen, die diesen Ausruf
verständlich erscheinen lassen. …
Der ebenfalls in normaler menschlicher Gestalt erschienene Schwager setzte sich auf
den Stuhl. Da ich in letzter Zeit verschiedene Erlebnisberichte von Verstorbenen ge-
lesen hatte, die auf mediale Weise in der Geistigen Loge Zürich übermittelt worden
sind, stellte ich ihm die Frage, ob er die Richtigkeit dieser Berichte bestätigen
könne. Mein Schwager zögerte nicht mit seiner bestimmten Antwort: 'Ja, so ist es.
Es ist richtig, was du gelesen hast.' Und schon waren alle drei verschwunden, ich
machte Licht, ging zum Fenster, um es wieder zu schließen, denn mein Mann hatte
es offen gelassen.'"
Die hier vorgetragenen Berichte haben in den letzten 130 Jahren bei vielen Menschen stärks-
ten Widerstand hervorgerufen.
So etwas darf einfach nicht wahr sein!
Ein materialistisches Weltbild ist für viele sehr bequem. Es läßt sich auch leicht in ideolo-
gisch-politische Münze umwandeln. Die Anerkennung der hier geschilderten Begebenheiten
jedoch läßt ein wesentlich komplizierteres, unbequemeres Weltbild aufleuchten, dem sich
viele möglichst lange entziehen möchten. In gleicher Weise sind auch Neuerungen in den
herkömmlichen Naturwissenschaften und in der Technik anfangs meist auf Ablehnung gesto-
ßen. In der Regel hat man darüber zunächst gelacht.
- 24-
Über die Lage in der Parapsychologie äußert sich in dieser Beziehung der bereits erwähnte
französische Physiologe und Nobelpreisträger Professor Charles Richet in seinem Buch:
"Grundriß der Parapsychologie und Parapsychophysik" folgendermaßen:
"Bewegungen ohne Berührung, Hellsehen, Gespenster, Vorahnungen sind so ungewöhnliche
Phänomene, daß wir beim Anhören von Berichten darüber zunächst versucht sind zu lachen. Wir
lachen und verneinen, ehe wir untersucht haben. Wir lachen, ohne zu prüfen, und verneinen, ohne
die Sache zu erwägen. Lange verhielt ich mich ebenso, und auch William Crookes, Lombroso,
Russel Wallace, Zöllner, Oliver Lodge, Morselli, Bottazzi verhielten sich zuerst nicht anders. Des-
halb wäre ich nicht überrascht, wenn der Bericht über solche Begebenheiten auf Unglauben und
Spott stoßen sollte. Je weniger aufmerksam man gelesen haben wird, um so mehr wird man
spotten. Übrigens sind es kaum Beweisgründe, die uns überzeugen. Eine einwandfreie mathemati-
sche Beweisführung überzeugt uns nicht. Um ein Phänomen anzunehmen, müssen wir daran
gewöhnt sein."
Richet fährt dann fort:
"Nichts kann uns die Umwälzung voraussehen lassen, welche die Parapsychologie in unseren
Ideen über die letzten Ziele des Menschen hervorrufen wird. Gewiß wird die Wissenschaft der
Atome und der materiellen Kräfte, der Anziehung der Wärme, der Elektrizität und der chemischen
Verwandtschaften nicht umgestoßen werden, denn ihre Grundlagen sind unerschütterlich; aber
man wird diese Wissenschaft vielleicht um neue große Tatsachen bereichern.
Vielleicht wird man den Endzweck des Menschenlebens besser verstehen und wird er nicht mehr
so völlig in den Wolken des Unerforschlichen verborgen bleiben, wenn wir in die positive Wissen-
schaft einige der Tatsachen dieser neuen Wissenschaft eingeführt haben werden.
Heute, wo noch alles dunkel ist, liegt unsere Pflicht klar vor uns. Seien wir zurückhaltend mit eit-
len Spekulationen, ergründen und durchforschen wir die Tatsachen; zeigen wir ebensoviel Strenge
in unseren Experimenten wie Mut in unseren Hypothesen.
Dann wird die Parapsychologie aus dem Okkultismus erstehen, wie einst die Chemie aus der
Alchimie. Und niemand vermag ihre erstaunliche Zukunft vorauszusehen.
Trotzdem darf man sich keinen zu großen Illusionen hingeben. Die Bruchstücke unverstandener
Wahrheiten, die uns die Wissenschaft des Okkulten darbietet, beweisen die Armseligkeit unserer
menschlichen Intelligenz.
Beim Studium der Gestirne ist der Astronom rasch davon überzeugt, daß der Mensch ein unsagbar
unbedeutendes Wesen ist, und wenn in der Parapsychologie fahle, flüchtige Schimmer uns geisti-
ge Welten anzeigen, die um uns und in uns erzittern, so fühlen wir nicht minder, daß diese Welten
vielleicht ebenso fern und unverständlich bleiben werden, wie die fernen Gestirne, die das
Himmelsgewölbe bevölkern.
Aber dies ist kein Grund, unsere Anstrengungen und Mühen nicht zu verdoppeln. Große Rätsel
sind hier zu ergründen! Die Aufgabe ist so schön, daß, selbst wenn ihre Lösung mißlingen sollte,
die Ehre sie versucht zu haben, dem Leben einigen Wert verleihen wird."
Kehren wir noch einmal zu unserem Ausgangspunkt zurück, nämlich zur Mittlerfunktion der
Parapsychologie zwischen Naturwissenschaft und Religion. Der moderne Mensch nimmt an,
daß alle Berichte der Bibel über Prophezeiungen und Wunder, die zur Beglaubigung des gött-
lichen Auftrags von Aposteln, Propheten und Jesus Christus dienen sollten, von den heutigen
Wissenschaften längst widerlegt worden sind. Folgerichtig schließt daraus der heutige
Mensch, daß auch die durch die Berichte gestützte Lehre im Prinzip falsch ist. Bedeutende
Physiker aber widersprechen dieser Anschauung und ihrer Schlußfolgerung.
- 25-
Weiterhin zeigt die Parapsychologie, daß alle sogenannten Wunder wie Krankenheilung,
Entrückung, Levitation, Nahrungsvermehrung, Vorschau auf kommende Ereignisse usw. auch
heute noch beobachtet und untersucht werden können. Damit entfällt der Hauptgrund zur
Ablehnung der christlichen Religion. Diese Erkenntnis faßt der Professor für evangelische
Kirchengeschichte der Universität Zürich, Fritz Blanke (1900-1967), in folgende Worte
zusammen:
"Unsere theologische Parole gegenüber den parapsychologischen Dingen lautet also nicht einfach
in globo: Hände weg! Diese Mahnung gilt gegenüber der Magie. Sie, die sich Gottes selber
bemächtigen will, ist für die Seele eine Gefahr. Aber es wäre unwahr und ungerecht, wollten wir
die Beschäftigung mit der Parapsychologie allgemein als seelengefährlich hinstellen. Es gibt
Menschen, die der Parapsychologie einen inneren Fortschritt verdanken. Menschen, die versunken
im Materialismus und Rationalismus, dem Okkulten begegneten und daraufhin an ihrer bisherigen
Weltanschauung zu zweifeln begannen. Und dieser Zweifel endet damit, daß sie wieder zu Religi-
on und Christentum zurückfanden.
Gewiß, es gibt auch immer wieder Personen, die im Parapsychologischen steckenbleiben und es
geradezu als Ersatzreligion gebrauchen. Aber das muß nicht sein. Es gibt, wie gesagt, andere
Menschen, die auf dem Umwege über die Parapsychologie und ihre Geheimnisse zum erstenmal
wieder auf die Welt Gottes aufmerksam wurden. Ich weiß von solchen, die, angeregt durch die Pa-
rapsychologie, wieder zum Neuen Testament griffen und denen vieles an den biblischen Schriften
wieder glaubwürdig wurde.
Von mir selbst muß ich bekennen, daß mir durch die Kenntnis der parapsychologischen Tatsachen
wieder ein neuer Zugang zur biblischen Wirklichkeit der Engel und Dämonen eröffnet wurde. Ich
bin heute weniger als jemals bereit, die Auffassung der Bibel, daß es Gewalten und Mächte
zwischen Himmel und Erde gibt, als mythologischen Ballast über Bord zu werfen. Nicht, als ob
die Parapsychologie den Glauben ersetzte, aber die Ergebnisse parapsychologischer Forschung
schaffen für den Glauben Raum, und darum ist die junge Wissenschaft der Parapsychologie richtig
verstanden, eine hilfreiche Brücke zum Vollzuge christlicher Existenz. Wenn wir Theologen den
Menschen der Gegenwart wirklich dienen wollen, so haben wir alle Veranlassung, das parapsycho-
logische Forschen ernst zu nehmen und es gewissenhaft zu verarbeiten."
* * * * * * *
- 26-
Literaturangaben
(1)
F. Blanke : "Parapsychologie und Christentum", Neue Wissenschaft H.4/1954, S.97-99
(2)
H. Conzelmann: "ABC protestantischen Denkend. Entmythologisierung. Ein Kapitel Theologie für Nicht-
theologen", Manuskript des Süddeutschen Rundfunks zur Sendung vom 10. 7. 1963 um 21.00 Uhr.
(3)
H. Edwards: "Geistheilung", Verl. Hermann Bauer, Freiburg im Breisgau 1960
(4)
W. Eisenbeiss: "Leben nach dem Tode", Geistige Welt 1981, S. 25-36, ABZ-Verlag, Zürich
(5)
A. Ford: "Bericht vom Leben nach dem Tode", Scherz-Verlag, Bern, München, Wien 1973
(6)
E. Frankenberger: "Gottbekenntnisse großer Naturforscher", Johannes-Verlag, Leutesdorf am Rhein,
5. Aufl. 1973
(7)
H. Gerloff: "Das Medium Carlos Mirabelli", Verlagsanstalt Walter Pustet, Tittmoning / Obb. 1960
(8)
H. Gerloff: "Die Phantome von Kopenhagen", Gerlach'sche Verlagsbuchhandlung, München 1954
(9)
H. Gerloff: "Die Phantome von Kopenhagen. Ein Bilderbuch", Verlag Welt und Wissen, Büdingen-
Gettenbach 1958
(10)
J. Greber: "Der Verkehr mit der Geisterwelt, seine Gesetze und sein Zweck", J. Greber Memorial Founda-
tion, N. J., USA, 139 Hillside Avenue. Buchhandel & Verlag Irmgard Herrmann, 21444 Vierhöfen.
(11)
W. Hinz: "Woher - Wohin", ABZ-Verlag, Zürich 1980
(12)
P. Jordan: "Die Physik und das Geheimnis des organischen Lebens", Verl. Friedrich Vieweg u. Sohn,
Braunschweig 1947
(13)
P. Jordan: "Der Naturwissenschaftler vor der religiösen Frage", Gerh. Stalling Verl., Oldenburg /
Hamburg 1963
(14)
F. Karger u. G. Zicha: "Physikalische Untersuchung des Spukfalls in Rosenheim 1967", Zeitschrift für
Parapsychologie u. Grenzgebiete der Psychologie 1968, S. 113-130
(15)
G. Krönert: "Der Spuk von Grosserlach", Neue Wissenschaft H. 4/5, 1952, S. 127-136
(16)
E. Mattiesen: "Das persönliche Überleben des Todes", 3 Bände, Verl. de Gruyter, Berlin 1936-39,
Nachdruck 1962
(17)
C. Richet: "Grundriß der Parapsychologie und Parapsychophysik", Union Deutsche Verlagsgesellschaft,
Stuttg., Berlin, Leipzig 1923
(18)
W. Schiebeler: "Wir überleben den Tod, Erfahrungsbeweise für ein Weiterleben", Herder Verlag,
Freiburg 1983.
(19)
W. Schiebeler: "Paranormale Heilmethoden auf den Philippinen", Allg. Zeitschrift für Parapsychologie,
H. 2a/1977, S. 41-81, Hamburg.
(20)
W. Schiebeler: "Parapsychologische Probleme und physikalische Forschungsmethoden und Forschungs-
ergebnisse", Allg. Zeitschrift für Parapsychologie, H 2/1978, S. 35-42 u. H. 3/1978, 5. 85-90
(21)
W. Schiebeler: "Die physikalischen Phänomene der Parapsychologie" Allg. Zeitschrift für Parapsycho-
logie H. 3 u. 4/1979, S.73-85 u. 125-132, H. 1 u. 3/1980, S. 10-24 u. 103-111, H. 1/1981, S. 23-31.
(22)
W. Schiebeler: "Kausalität, Willensfreiheit und Vorherbestimmung aus der Sicht von Physik und Pa-
rapsychologie", IMAGO MUNDI Bd. 4, S. 309-332, Resch Verl. Innsbruck 1973
(23)
R. Sekanek: "Mutter Silbert, ein Opfergang", Otto Reichl Verl., Remagen 1959
(24)
A. Stelter: "PSI-Heilung", Scherz-Verlag, Bern, München, Wien 1973
(25)
W. H. C. Tenhaeff: "Außergewöhnliche Heilkräfte", Walter Verl., Olten, Freiburg/Breisg. 1957
(26)
F. Zöllner: "Wissenschaftliche Abhandlungen", 4. Bände, Verl. L. Staakmann, Leipzig 1878-1881