Das Buch der Geister

- 150 - mit seinem Verstand erfinden muß. Sein Leib vergeht zwar wie der Leib der Tiere, aber sein Geist hat eine Bestimmung, die nur er allein begreifen kann, weil er allein ganz frei ist. Vermögt ihr euch nicht vom Tier zu unterscheiden? Erkennet den Menschen an dem Gedanken Gottes! Frage: (652) Kann man sagen, daß die Tiere nur aus Instinkt handeln? Antwort: Auch dies ist wieder nur System. Er herrscht allerdings bei den meisten Tieren vor. Siehst du aber nicht andere Tiere, die einen entschlossenen Willen zeigen? Das ist Intelligenz, aber sie ist beschränkt. Frage: (653) Haben die Tiere eine Sprache? Antwort: Meint ihr eine aus Worten gebildete, dann nein. Meint ihr ein Mittel, sich untereinander mitzuteilen, dann ja. Sie sagen sich viel mehr Dinge, als ihr es glaubt. Aber ihre Sprache ist, wie ihre Vorstellungen, auf ihre Bedürfnisse beschränkt. Frage: (654) Es gibt Tiere ohne Stimme. Besitzen diese keine Sprache? Antwort: Sie verstehen sich durch andere Mittel. Habt ihr auch nur die Sprache, um euch einander mitzuteilen? Und was ist mit den Stummen? Die Tiere haben im Verkehr miteinander Mittel, sich zu warnen, und ihre Empfindungen auszudrücken. Glaubst du, die Fische verstehen sich nicht untereinander? Der Mensch besitzt somit nicht das ausschließliche Vorrecht der Sprache. Die Sprache der Tiere aber ist eine instinktmäßige, auf den Kreis ihrer Bedürfnisse und Vorstellungen beschränkte, während die des Menschen vervoll- kommnungsfähig ist und alle Errungenschaften seiner Intelligenz ausdrücken kann. Frage: (655) Besitzen die Tiere Wahlfreiheit in ihrem Tun? Antwort: Sie sind keine bloßen Maschinen, aber die Freiheit ihres Tuns ist auf ihre Bedürfnisse beschränkt und erleidet keinen Vergleich mit der des Menschen. Da sie tief unter ihm stehen, haben sie auch nicht dieselben Pflichten. Ihre Freiheit beschränkt sich auf das Tun des materiellen Lebens. Frage: (656) Woher kommt die Befähigung mancher Tiere, die Sprache des Menschen nachzu- ahmen, und warum kommt diese eher bei Vögeln als bei Affen vor, die in der Gestalt doch dem Menschen am meisten ähneln? Antwort: Besondere Bildung der Sprachwerkzeuge, unterstützt vom Nachahmungstrieb. Der Affe ahmt Bewegungen, manche Vogelarten die Stimme des Menschen nach. Frage: (657) Da die Tiere einen gewissen Verstand haben, der ihnen Freiheit des Tuns gewährt, gibt es da in ihnen ein vom Stoff abhängiges Prinzip? Ist dies eine Seele, die der des Menschen ähnelt? Antwort: Ja, und zwar ein Prinzip, das den Leib überlebt. Es ist auch eine Seele, wenn ihr so wollt. Das hängt vom Sinn ab, den man dem Worte beilegt. Aber sie ist niedriger als die des Menschen. Frage: (658) Bewahrt die Tierseele nach dem Tode ihre Individualität und ihr Selbstbewußtsein? Antwort: Die Individualität ja, aber nicht das Bewußtseins ihres Ichs. Das Leben der Intelligenz bleibt verborgen. Frage: (659) Hat die Tierseele die Wahl, sich in ein beliebiges Tier zu verkörpern? Antwort: Nein, sie hat keine Wahlfreiheit. Frage: (660) Ist die den Leib überlebende Tierseele nach dem Tode in einem herumirrenden,

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