Das Buch der Geister

- 12 - Einsichtiger, zwischen Gut und Schlecht zu scheiden. Wer aber aus dieser Tatsache den Schluß zieht, daß wir es überhaupt nur mit boshaften Wesen zu tun haben, hat keinerlei Kenntnisse von der Erhabenheit der Mitteilungen, die in Vereinigungen erfolgen, wo sich nur höhere Geister kundgeben. Wollte man aufgrund dieser Umstände über die Geisterfrage ein Urteil fällen, so wäre dies genau so wenig zutreffend, als wenn man den Charakter eines Volkes nach einigen übelbeleumdeten seiner Menschen beurteilen wollte. Auch in der Welt der Geister gibt es eine gute und eine schlechte Gesell- schaft. Möchten doch solche Unwissenden recht gründlich das studieren, was in der Elite der Geister vor sich geht, sie werden dann bald überzeugt sein, daß die himmlische Gemeinde noch andere Elemente enthält, als nur die Hefe des Volkes. Eine andere Ansicht wieder meint, daß man in den spiritistischen Mitteilungen und in allen materiellen Tatsachen, zu denen sie Anlaß geben, nur das Eingreifen einer teuflischen Macht, einen neuen Proteus erblickt, der alle möglichen Gestalten annimmt, um uns besser täuschen zu können. Wir halten sie einer wirklich ernsten Kritik für nicht wert. Was wir soeben gesagt haben, enthält auch die Wider- legung dieser Ansicht. Wie kann man überhaupt glauben, daß Gott es nur dem Geiste des Bösen gestattet, sich kundzutun, um uns zu vernichten, ohne uns als sicheres Gegengewicht die Ratschläge guter Geister zu geben? Kann Er es nicht, so ist dies ein Unvermögen Gottes, kann Er es und tut Er es nicht, so ist dies unverträglich mit Seiner Güte. Die eine wie auch die andere Unterstellung wäre Gotteslästerung! Man beachte, daß eine Anerkennung der Mitteilung böser Geister die Anerkennung des Prinzips der Kundgebungen überhaupt in sich begreift. Seltsam ist es, wenden wieder andere ein, daß immer nur von Geistern bekannter Persönlichkeiten die Rede ist. Hier liegt die Frage nahe, wie es kommt, daß nur sie sich kundgeben. Aber diese Frage birgt einen Irrtum in sich, entstanden durch oberflächliche Beobachtung. Unter den Geistern, die aus eige- nem Antrieb kommen, gibt es viel mehr Unbekannte als Berühmte. Sie zeichnen unter irgendeinem Namen, der oftmals nur allegorisch oder charakteristisch ist. Ruft man aber einen Geist, von dem man etwas wünscht, so wendet man sich natürlich lieber an bekannte als an unbekannte, wenn man nicht gerade einen Verwandten oder Freund wünscht. Der Name berühmter Personen macht einen bedeu- tenderen Eindruck, nur deshalb fallen sie mehr auf. Man findet es ferner merkwürdig, daß die Geister hervorragender, großer Männer so ganz vertraulich zu uns kommen und sich oft mit Dingen befassen, die geradezu banal im Vergleich zu ihren irdischen Taten sind. Niemand wird sich hierüber wundern, der bedenkt, daß Macht und Ansehen, das jene Menschen hier besessen haben, etwas ganz Irdisches ist, daher keinerlei Anspruch auf einen höheren Rang in der Welt der Geister gewährt. Hier bestätigen sich die Worte des Evangeliums: Die Großen werden erniedrigt und die Kleinen erhöht werden. Der, vor dem wir zu Lebzeiten demütig das Haupt neigten, kann wie der ärmste Handwerker zu uns kommen. Da er die Erde verließ, hat er auch seine Macht und Größe zurückgelassen und der mächtigste ehemalige Monarch steht vielleicht dort unter dem letzten seiner Soldaten. In diesem Zusammenhang gibt es eine durch Beobachtung erwiesene Tatsache, daß niedere Geister oft bekannte und hochgeehrte Namen annehmen, um zu täuschen. Wer kann prüfen, ob jene, die sich für Sokrates, Cäsar oder Napoleon ausgeben, im Erdenleben wirklich diese Körper belebt haben? Dieser Zweifel regt sich wohl bei vielen Anhängern der spiritistischen Lehre. Sie lassen zwar die Kundgebung gelten, fragen sich aber nach Kontrollmöglichkeiten. Diese sind aber leider schwer zu finden. Man kann hier nur Mutmaßungen aufstellen. Handelt es sich um einen Verwandten oder Bekannten, pflegt seine Sprache vollständig seinem Charakter zu entsprechen, man kann ihn identifizieren. Bei solchen persönlichen Anrufen kommen oft ergreifende Situationen vor. Oft stehen Skeptiker entsetzt vor Enthüllungen, die über sie von Geistern gemacht werden und die sie nie vermuteten. Noch ein anderer Umstand kann die Identität stützen, nämlich die Handschrift. Wir haben schon gesagt, daß die Handschriften des Mediums ständig wechseln und mit bestimmten Geistern jeweils wiederkehren. So wird man auch bei noch nicht allzulange verstorbenen Menschen noch ihre charak- teristische Handschrift wiederfinden. Es sind Unterschriften von vollkommener Übereinstimmung mit ehemals Verkörperten vorgekommen. Dies sei am Rande vermerkt. Nur Geister, die bis zu einem gewissen Läuterungspunkte gelangt sind, haben sich von jedwedem Körpereinfluß befreit. Haben sie diesen Punkt jedoch noch nicht erreicht, bewahren sie die meisten

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