Das Buch der Geister

- 150 - nicht, ob eine Form der Anbetung besser sei als die andere, es hieße fragen, ob es Gott wohlgefälliger sei, in dieser oder jener Sprache angebetet zu werden. Eure Lobgesänge gelangen nur durch die Türe des Herzens zu Ihm. Frage: (722) Verdient es Tadel, eine Religion auszuüben, die man im Grunde des Herzens nicht glaubt, wenn man es nur aus Respekt tut? Antwort: Hier kommt es auf die Absicht an. Wer den Glauben anderer respektiert, tut nichts Unrech- tes. Wer aber nur aus Interesse und Ehrgeiz handelt, ist in Gottes und der Menschen Augen verächtlich. Frage: (723) Ist die gemeinsame Anbetung der persönlichen vorzuziehen? Antwort: In Gemeinschaft der Gedanken und Gefühle versammelte Menschen haben mehr Macht, die guten Geister anzuziehen. Ebenso verhält es sich, wenn sie sich zur Anbetung Gottes versammeln. Glaubt aber nicht, die Anbetung des einzelnen sei weniger gut, denn jeder kann Gott anbeten, indem er an Ihn denkt. Frage: (724) Haben jene Menschen in Gottes Augen ein Verdienst, die sich einem beschaulichen Leben widmen, nichts Böses tun und nur an Ihn denken? Antwort: Nein. Wenn sie nichts Böses tun, so tun sie auch nichts Gutes und sind unnütz. Gott will wohl, daß man an Ihn denke, aber Er will nicht, daß man nur an Ihn denke, da Er ja dem Menschen Pflichten auf Erden gab. Wer sich in Andacht und Beschaulichkeit aufzehrt, tut vor Gott nichts Verdienstliches, weil sein Leben ein rein persönliches bleibt und für die Menschheit keinen Nutzen bringt. Frage: (725) Ist das Gebet Gott wohlgefällig? Antwort: Das Gebet ist Gott stets wohlgefällig, wenn es aus dem Herzen kommt, wenn es mit Glauben, Inbrunst und Aufrichtigkeit gesprochen wird. Glaube aber nicht, daß Er von dem Gebete des Hochmütigen, Eitlen und Eigensüchtigen gerührt werde, es geschehe denn aus aufrichtiger Reue und wahrhaftiger Demut. Frage: (726) Was ist im allgemeinen das Wesen des Gebetes? Antwort: Es ist eine Handlung der Anbetung. Zu Gott beten heißt an Ihn denken, heißt sich mit Ihm in Verbindung setzen. Im Gebet kann man dreierlei tun: Loben, bitten und danken. Frage: (727) Macht das Gebet die Menschen besser? Antwort: Ja, denn wer mit Inbrunst und Vertrauen betet, ist stärker gegenüber den Versuchungen des Bösen, und Gott sendet ihm gute Geister zur Unterstützung. Es ist eine Hilfe, die nie verweigert wird, wenn man sie aufrichtig erbittet. Frage: (728) Wie kommt es, daß gewisse Personen, obwohl sie viel beten, dennoch einen schlechten Charakter haben, ja, daß sie oftmals geradezu lasterhaft sind? Antwort: Nicht auf das viele Beten kommt es an, sondern darauf, daß man richtig betet. Die Leute meinen, das ganze Verdienst liege in der Länge des Gebetes und schließen die Augen über ihre eigenen Fehler. Das Gebet ist für sie eine Beschäftigung, aber nicht eine Selbstprü- fung. Nicht die Arznei ist unwirksam, sondern die Art ihrer Anwendung. Frage: (729) Kann man Gott bitten, uns unsere Schulden zu vergeben, daß uns auch Nutzen daraus entsteht? Antwort: Gott weiß Gut und Böse zu unterscheiden, das Gebet verbirgt die Fehler nicht. Wer Gott um Verzeihung seiner Fehler bittet, erhält sie auch, wenn er sein Verhalten ändert. Das beste Gebet sind gute Handlungen, denn Taten sind mehr wert als Worte.

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