Das Buch der Geister

- 150 - die Unordnung und Verwirrung, die ihn in seinen materiellen Interessen benachteiligen. Wer aber seine Gedanken über die eigene Person hinaus erheben kann, der bewundert die Pläne der Vorsehung, die aus dem Übel das Gute hervorgehen läßt. Frage: (869) Die Verderbtheit des Menschen ist sehr groß. Scheint er nicht eher rückwärts statt vorwärts zu schreiten? Dies besonders in moralischer Beziehung. Antwort: Da irrst du! Beobachte scharf das Ganze, und du wirst sehen, daß er fortschreitet, weil er besser erkennt, was böse ist, und weil er jeden Tag Mißbräuche abschafft. Frage: (870) Worin besteht das große Hindernis für den Fortschritt? Antwort: Im Hochmut und im Eigennutz. Ich meine den moralischen Fortschritt, denn der intellek- tuelle ist ein ununterbrochener. Im Anfange scheint er sogar jene Laster in ihrer Tätigkeit zu verdoppeln, indem er den Ehrgeiz und die Geldgier entwickelt. So hängt alles in der moralischen wie in der physischen Welt zusammen und aus dem Übel selber kann das Gute hervorgehen. Frage: (871) Die Geschichte weist auf eine Menge von Völkern hin, die nach den Erschütterun- gen, durch die sie heimgesucht wurden, wieder in die Barbarei zurücksanken. Wo liegt hier der Fortschritt? Antwort: Wenn deinem Haus der Einsturz droht, so reißt du es ein, um ein neues und festeres Haus zu bauen. Aber bis es wieder aufgebaut ist, herrscht Unordnung und Verwirrung. Erkenne auch dies noch: du warst arm und bewohntest eine Hütte, du wirst reich und verläßt sie, um in einem Palast zu wohnen. Dann kommt ein armer Teufel wie du es warst und nimmt deinen Platz in der Hütte ein. Er ist sogar noch glücklich, denn früher hatte er gar kein Unterkommen. Erkenne, daß die Geister, die in diesem entarteten Volke inkarniert sind, nicht dieselben sind, die es zur Zeit seines Glanzes waren. Die von damals, welche fort- geschritten waren, sind zu vollkommeneren Wohnsitzen gezogen, während andere, weniger Fortgeschrittene ihre Stelle einnahmen. Wenn die Reihe an sie kommt, werden sie sie auch wieder verlassen. Frage: (872) Gibt es auch Rassen, die von Haus aus dem Fortschritt feindlich gesinnt gegenüber- stehen? Antwort: Ja, aber diese vernichten sich leiblich Tag für Tag. Frage: (873) Welches wird das künftige Schicksal der Seelen sein, die sich in diese Rassen inkar- niert haben? Antwort: Sie werden wie alle anderen einmal zur Vervollkommnung gelangen, indem sie andere Daseinsformen durchlaufen. Gott enterbt keinen. Frage: (874) Also können die gebildetsten Menschen einst Wilde und Menschenfresser gewesen sein? Antwort: Du selbst bist es mehr als einmal gewesen, bevor du das wurdest, was du jetzt bist. Frage: (875) Die Völker sind Kollektiv-Individualitäten, welche wie die Einzelmenschen Kind- heit, reiferes Alter und Greisenalter durchmachen. Führt dies nicht auf den Gedanken, daß die fortgeschrittensten Völker unseres Jahrhunderts ihren Verfall und ihr Ende finden werden, wie die Völker des Altertums? Antwort: Völker, die nur ein leibliches Leben führen, dessen Größe nur auf Gewalt und Ausdehnung beruht, sie entstehen, wachsen und vergehen, weil die Kraft eines Volkes sich erschöpft wie die eines Einzelindividuums. Wenn ihre eigennützigen Gesetze dem Fortschritt des Lichtes und der Nächstenliebe entgegenstehen, sterben sie, weil das Licht die Finsternis und die Liebe den Eigennutz tötet. Für die Völker gibt es, wie für den Einzelnen, auch ein

RkJQdWJsaXNoZXIy MjI1MzY3