Das Buch der Geister

- 150 - ebenso hohe Wichtigkeit wie die des Mannes? Antwort: Eine noch höhere: Das Weib ist es, das dem Menschen den ersten Begriff vom Leben gibt. Frage: (913) Wenn die Menschen vor dem Gesetz Gottes gleich sind, müssen sie es auch vor dem menschlichen Gesetz sein? Antwort: Der erste Grundsatz der Gerechtigkeit heißt: Tut einem anderen nicht das, was man euch auch nicht tun soll. Frage: (914) Soll demnach eine Gesetzgebung, um völlig gerecht zu sein, die Gleichheit der Rech- te zwischen Mann und Weib aussprechen? Antwort: Der Rechte ja, der Verrichtungen nein. Jeder soll seinen ihm angewiesenen Platz ausfüllen: Der Mann beschäftigte sich mit dem Äußeren, das Weib mit dem Inneren. Die Geschlech- ter existieren übrigens nur als Körper. Da die Geister das eine wie das andere Geschlecht wählen können, gibt es in dieser Beziehung keinen Unterschied zwischen ihnen. Folglich sollen beide gleiche Rechte genießen. Frage: (915) Woher kommt der Wunsch, sein Gedächtnis durch ein Grabmal zu erhalten? Antwort: Es ist die letzte Tat des menschlichen Hochmuts. Frage: (916) Ist aber die Kostbarkeit der Grabmäler nicht oft Sache der Verwandten, die den Verstorbenen ehren wollen? Antwort: Hochmut der Verwandten, die sich selbst verherrlichen wollen. Meinst du, das Andenken an ein geliebtes Wesen sei weniger dauerhaft im Herzen der Armen, weil er nur eine Blume auf das Grab zu legen hat? Frage: (917) Tadelt ihr unbedingt den Pomp der Leichenbegängnisse? Antwort: Nein, wenn er das Andenken eines rechtschaffenen Mannes ehrt, so ist er gerecht und gibt ein gutes Beispiel. Anmerkung: Das Grab ist das Stelldichein aller Menschen. Hier endigen unbarmherzig alle menschlichen Unterschiede. Vergeblich sucht der Reiche sein Andenken durch pompöse Grabmäler zu verewigen, die Zeit wird sie zerstören wie seinen Leib, so will es die Natur. Die Erinnerung an seine guten und bösen Taten wird unvergänglicher sein als sein Grab- mal. Das Gesetz der Freiheit Frage: (918) Gibt es Lagen in der Welt, wo der Mensch wirklich eine unbedingte Freiheit genießt? Antwort: Nein, weil ihr alle einander nötig habt, Große wieKleine. Frage: (919) In welchem Zustande etwa könnte der Mensch eine unbedingte Freiheit genießen? Antwort: Als Einsiedler in der Wüste. Sofern zwei Menschen beisammen sind, haben sie Rechte zu achten und folglich keine unbedingte Freiheit mehr. Frage: (920) Nimmt die Verpflichtung, die Rechte anderer zu achten, dem Menschen das Recht, sich selbst anzugehören? Antwort: In keiner Weise, denn dieses Recht kommt ihm von Natur aus zu. Frage: (921) Wie soll man die freisinnigen Ansichten gewisser Menschen mit dem von ihnen aus- geübten Despotismus in Einklang bringen? Antwort: Sie haben ein Verständnis des Naturgesetzes, aber es findet sein Gegengewicht in ihrem

RkJQdWJsaXNoZXIy MjI1MzY3