Das Buch der Geister

- 150 - Frage: (932) Ist jeder Glaube zu achten, selbst der offenbar falsche? Antwort: Jeder Glaube ist zu achten, wenn er aufrichtig gemeint ist und zum Guten führt. Frage: (933) Verdient man Tadel, wenn man Andersgläubige in ihrem Glauben ärgert? Antwort: Das heißt die Nächstenliebe vermissen lassen und die Denkfreiheit beeinträchtigen. Frage: (934) Verletzt man die Gewissensfreiheit, wenn man Glaubensmeinungen beschränkt, die die Gesellschaft stören könnten? Antwort: Den Handlungen kann man wehren, der innerste Glaube aber bleibt unzugänglich. Frage: (935) Muß man aus Achtung vor der Gewissensfreiheit schädlichen Lehren freien Lauf lassen? Darf man von falschen Grundsätzen Irregeleitete auf den Weg der Wahrheit zurückführen? Antwort: Gewiß darf man das, man soll es sogar. Lehret dann aber nach dem Beispiel Jesu mit Sanftmut und Überredung, und nicht mit Gewalt. Es wäre schlimmer als der Glaube des zu Überzeugenden. Frage: (936) Alle Glaubensmeinungen wollen der einzig richtige Ausdruck der Wahrheit sein. Welche hat wirklich das Recht, es zu behaupten? Antwort: Es wird diejenige sein, die die meisten rechtschaffenen Leute erzeugt, indem sie das Gebot der Liebe in seiner größten Reinheit und weitherzigsten Anwendung erfüllt. An diesem Zeichen werdet ihr erkennen, ob eine Lehre gut ist oder nicht. Jede Lehre, die Zwietracht sät und eine Grenzlinie zwischen den Kindern Gottes zieht, kann nur falsch sein. Frage: (937) Hat der Mensch freien Willen in seinem Tun und Lassen? Antwort: Ist er frei in seinem Denken, ist er auch frei in seinem Handeln. Ohne freien Willen wäre der Mensch eine Maschine. Frage: (938) Ist der Mensch von Geburt an im Besitze des freien Willens? Antwort: Die Freiheit des Tuns erwacht gleichzeitig mit dem Willen, etwas zu tun. In den ersten Lebensjahren ist die Freiheit gleich Null, sie entwickelt sich und wechselt ihren Gegen- stand mit den Fähigkeiten. Frage: (939) Sind nicht die instinktartigen Neigungen, die der Mensch mit auf die Welt bringt, Hindernis für die Ausübung des freien Willens? Antwort: Die instinktartigen Neigungen sind diejenigen des Geistes vor seiner Inkarnation. Je nach- dem er mehr oder weniger fortgeschritten ist, können sie ihn zu tadelnswertem Tun anrei- zen. Unwiderstehlich ist aber dieser Anreiz nicht, hat man den Willen zum Widerstande. Frage: (940) Hat seine Organisation keinen Einfluß auf das Tun des Menschen, und wenn ja, geschieht dies dann nicht auf Kosten des freien Willens? Antwort: Gewiß wird der Geist vom Stoffe beeinflußt, der ihn in seinen Äußerungen behindern kann. Darum entfalten sich auch auf den Welten, wo die Leiber weniger stofflich sind als auf Erden, die Fähigkeiten mit größerer Freiheit. Nicht aber das Werkzeug verleiht die Fähigkeit! Frage: (941) Nimmt die Beeinträchtigung der Fähigkeiten dem Menschen den freien Willen? Antwort: Ist jemandes Intelligenz aus irgendeiner Ursache gestört, so ist er nicht mehr Herr seines Denkens und hat von da an keine Freiheit mehr. Diese Beeinträchtigung ist oft eine Bestra- fung des Geistes, der in einem anderen Dasein eitel war und einen schlechten Gebrauch von

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