Das Buch der Geister

- 150 - Antwort: Nein. Er weiß, daß, wenn er ein Leben voller Kämpfe wählt, für ihn die Möglichkeit bestehen kann, einen Menschen zu töten. Aber er weiß nicht, ob er es tun wird, denn bevor ein Verbrechen begangen wird, findet fast immer eine Überlegung statt. Ihr verwechselt immer zwei verschiedene Dinge, die materiellen Lebensereignisse und die Handlungen des moralischen Lebens. Wenn zuweilen ein Verhängnis eintritt, so liegt das in den materiellen Ereignissen, deren Ursache außer euch liegt und die nicht von eurem Willen abhängen. Die Handlungen des moralischen Lebens dagegen gehen stets vom Menschen selbst aus, der also hier immer Wahlfreiheit ausübt. Für diese Handlungen gibt es somit nie ein Verhängnis. Frage: (958) Es gibt Leute, denen nie etwas gelingt und die in allem, was sie unternehmen, ein böser Geist zu verfolgen scheint. Darf man dies nicht ein Verhängnis nennen? Antwort: Wenn du es so nennen willst, nenne es ein Verhängnis. Aber es beruht auf der Wahl der Existenz, weil diese Menschen durch ein Leben der Enttäuschung geprüft werden wollten, um ihre Geduld und Ergebung zu stärken. Unternähme der Mensch nur Dinge, die im richtigen Verhältnis zu seinen Fähigkeiten stehen, würde ihm fast alles gelingen. Was ihn ins Verderben stürzt, ist seine Eigenliebe und sein Ehrgeiz. Sie bringen ihn vom rechten Wege ab, erwecken in ihm den Wunsch nach Befriedigung seiner Leidenschaften, und das ist sein persönlicher Fehler. Frage: (959) Nötigen die gesellschaftlichen Sitten einen Menschen nicht oft, eher diesen Weg als jenen einzuschlagen? Und ist das, was man die Achtung der Menschen nennt, nicht oft Hindernis für den freien Willen? Antwort: Die Menschen machen die gesellschaftlichen Sitten, und nicht Gott. Unterwerfen sie sich denselben, so tun sie es, weil es ihnen so beliebt, und das ist eben ein Akt des freien Willens. Frage: (960) Wenn es Leute gibt, die das Schicksal gegen sich haben, so erscheinen wieder andere als von ihm begünstigt, weil ihnen alles, was sie unternehmen, gelingt. Woran liegt dies? Antwort: Oft daran, daß sie sich besser zu benehmen wissen. Es kann auch eine Art von Prüfung sein. Der Erfolg berauscht sie, sie vertrauen ihrem Glück, und oft bezahlen sie dann diese Erfolge mit peinvollen Unglücksfällen, die sie hätten vermeiden können. Frage: (961) Wie kann man sich Glück erklären, das gewisse Menschen bei Umständen haben, die weder mit Intelligenz noch Willen etwas zu tun haben, wie etwa das Spiel? Antwort: Gewisse Geister wählten im voraus bestimmte Vergnügungen, und der Zufall, der sie begünstigt, ist eine Prüfung. Wer als Mensch gewinnt, verliert als Geist. Frage: (962) So wäre das Verhängnis, das die äußeren Ereignisse unseres Lebens leitet, abermals die Wirkung unseres freien Willens? Antwort: Du wähltest deine Prüfung selbst. Je strenger sie ist und je besser du sie besteht, desto höher erhebst du dich. Die, die ihr Leben im irdischen Glück und Überfluß hinbringen, sind feige Geister, die nicht vorwärts kommen. Darum übersteigt die Zahl der Unglücklichen weit die Zahl der Glücklichen dieser Erde: Weil die Geister in der Mehrzahl die Prüfungen aufsuchen, die ihnen die fruchtbringendsten sein werden. Sie erkennen zu gut die Nichtig- keiten eurer Herrlichkeiten und Genüsse. Frage: (963) Woher kommt der Ausdruck: "Unter einem glücklichen Stern geboren sein"? Antwort: Ein alter Aberglaube, der die Sterne mit dem Geschick der Menschen in Zusammenhang brachte, ein bildlicher Ausdruck, der von gewissen Leuten buchstäblich genommen wurde. Frage: (964) Kann dem Menschen die Zukunft enthüllt werden?

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