Das Buch der Geister

- 160 - halten. Wie soll nun die Wirkung durch die Ursache vernichtet werden? Antwort: Je größer das Übel, desto häßlicher wird es. Die Selbstsucht muß viel Übel und Unglück anrichten, um die Notwendigkeit ihrer eigenen Ausrottung darzulegen. Frage: (1019) Welches ist das Mittel, die Selbstsucht auszurotten? Antwort: Von allen menschlichen Unvollkommenheiten ist die Selbstsucht am schwersten auszurot- ten, weil sie auf dem Einfluß des Stoffes beruht. Der Mensch steht dem Stoff noch zu nahe, um sich ihm und seiner Wirkung entziehen zu können. Die Selbstsucht wird abnehmen, je mehr die Vorherrschaft des sittlichen Lebens über das stoffliche Leben zunimmt, und besonders, je weiter sich die Erkenntnis eures künftigen Zustandes durch den Spiritismus verbreiten wird. Was den Menschen oft zum Egoisten macht ist, daß er sich von der Selbstsucht der anderen verletzt fühlt. Sieht er, daß die anderen nur an sich und nicht an ihn denken, so führt ihn dies dazu, sich mehr mit sich als mit den anderen zu beschäftigen. Man mache das Prinzip der Menschen- und Bruderliebe zur Grundlage der gesellschaft- lichen Einrichtungen, und der Mensch wird weniger an seine eigene Person denken. Er wird den versittlichenden Einfluß des Beispiels und Umgangs fühlen. Denen, die diese Tugend besitzen, öffnet sich das Himmelreich, ihnen vor allen ist die Seligkeit der Auser- wählten vorbehalten. Denn am Tage des Gerichtes wird jeder, der nur an sich selbst gedacht hat, Pein leiden in seiner Verlassenheit. Anmerkung: Die Selbstsucht ist die Quelle alles Übels und aller Fehler und Laster auf Erden, so wie die Menschenliebe die Quelle aller Tugenden ist. Die eine auszurotten, die andere zu entwickeln, muß das Ziel aller Anstrengungen des Menschen sein, wenn er sich sein Glück sowohl auf Erden als auch in der künftigen Welt sichern will. Frage: (1020) An welchem Zeichen kann man bei einem Menschen jenen wirklichen Fortschritt erkennen, der ihn in der Rangordnung der Geister erhöhen muß? Antwort: Der Geist beweist seine Erhöhung, wenn all sein Tun im leiblichen Leben eine Erfüllung des Gesetzes Gottes ist und wenn er das geistige Leben schon jetzt im voraus erkennt. Frage: (1021) Was ist das wirksamste praktische Mittel, um sich in diesem Leben zu vervollkom- mnen und den Lockungen des Bösen zu widerstehen? Antwort: Ein Weiser des Altertums hat es euch bereits gesagt: "Erkenne dich selbst!" Frage: (1022) Wir anerkennen die ganze Weisheit dieses Grundsatzes, doch die Schwierigkeit liegt ja gerade darin, sich selbst zu erkennen. Wie gelangt man zu dieser Erkenntnis? Antwort: Tut, was ich selbst tat, als ich auf Erden lebte: Am Schlusse des Tages befragte ich mein Gewissen, was ich getan habe, ließ es an mir vorüberziehen und fragte mich, ob ich nicht irgend eine Pflicht verletzt habe, ob niemand sich über mich zu beklagen brauche. So gelangte ich dazu, mich selbst zu kennen und zu wissen, was an mir gebessert werden müsse. • Wer jeden Abend alles, was er den Tag über getan hat, sich ins Erinnern zurückruft und dabei Gott und seinen Schutzengel um Erleuchtung bittet, der würde sich eine große Kraft zu seiner Vervollkommnung erwerben. Stellt euch daher bestimmte Fragen über das, was ihr getan habt, und zu welchem Zwecke ihr bei dieser oder jener Gelegenheit so oder so gehandelt habt. Und ob ihr etwas getan habt, was ihr tadeln würdet, hätte es ein anderer an euch getan, und auch, ob ihr etwas getan habt, was ihr nicht eingestehen dürftet. Und schließlich stellt euch auch noch die Frage: Wenn es Gott gefiele, euch in diesem Augenblick abzurufen, hättet ihr dann bei der Rückkehr in die Welt der Geister, wo nichts verborgen bleibt, jemandes Blick zu scheuen? Prüfet, was ihr gegenüber Gott, dann gegen- über euren Nächsten, schließlich gegenüber euch selber möget getan haben. Die Antworten werden ein Ruhepunkt für euer Gewissen sein, oder es ist ein Hinweis darin für ein Übel,

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