Das Buch der Geister

- 164 - unterhalten, die vor uns die Erde verließen. Durch die Anrufung ziehen wir sie näher zu uns, sie befinden sich an unserer Seite, hören uns und antworten auch. Es ist keine Scheidewand mehr zwischen ihnen und uns. Sie unterstützen uns mit ihrem Rat, bezeugen uns ihre Liebe und freuen sich, daß wir uns ihrer erinnern. Und für uns ist es eine Befriedigung, sie glücklich zu wissen, von ihnen selbst die Einzelheiten ihrer neuen Existenz zu erfahren, und uns die Gewißheit zu verschaffen, uns einst, wenn die Reihe an uns kommt, wieder mit ihnen vereinigen zu können. Frage: (1039) Wie berührt der untröstliche Schmerz der Überlebenden die betreffenden Geister? Antwort: Der Geist ist dankbar für das Andenken und die Klagen derer, die er liebte, aber ein nicht endenwollender, völlig vernunftwidriger Schmerz berührt ihn peinlich, weil er darin einen Mangel an Gottvertrauen und Glauben an die Zukunft erblickt, folglich auch ein Hindernis des Fortschreitens, wenn nicht gar der Wiedervereinigung. Frage: (1040) Sind Enttäuschungen durch die Undankbarkeit und die Gebrechlichkeit der Freundschaftsbande für den seelenvollen Menschen nicht Quellen des Herzeleids? Antwort: Ja, aber wir lehren euch die undankbaren und untreuen Freunde beklagen: sie werden unglücklicher sein als ihr. Der Undank ist eine Prüfung für eure Beständigkeit im Gutestun, er wird euch in Rechnung gebracht werden und die, die euch verkannten, werden umso stärker bestraft werden, je größer ihr Undank gewesen ist. Frage: (1041) Sind die durch Undank entstandenen Enttäuschungen nicht dazu angetan, das Herz zu verhärten und fühllos zu machen? Antwort: Das wäre unrecht, denn der Mensch, der ein Herz hat, wie du sagst, wird immer vom Guten, das er stiftet, beglückt. Er weiß, wenn man sich in diesem Leben nicht daran erin- nert, wird es in einem anderen Leben sein. Frage: (1042) Wäre der Mensch nicht glücklicher, wenn er weniger gefühlvoll wäre? Antwort: Ja, wenn er das Glück des Selbstsüchtigen vorzieht schon. Ein trauriges Glück! Die undankbaren Freunde, die ihn verlassen haben, in denen er sich täuschte, waren seiner Freundschaft nicht würdig, daher gingen sie. Er wird sie nicht mehr vermissen. Frage: (1043) Da die gleichgestimmten Geister sich zur Vereinigung angetrieben fühlen, wie kommt es, daß unter den inkarnierten Geistern diese Neigung oft nur auf einer Seite ist, und auch die reinste Liebe oft mit Gleichgültigkeit oder Abneigung erwidert wird? Wie kann sich ferner die Neigung zweier Wesen zueinander in Abneigung und zuweilen sogar Haß verwandeln? Antwort: Es gibt zwei Arten von Neigungen, die der Seele und die des Leibes, und oft nimmt man die eine für die andere und verwechselt sie. Die Neigung der Seele, wenn sie rein und sympathisch ist, ist dauerhaft, die des Leibes ist vergänglich. Daher kommt es, daß oft die, welche sich mit ewiger Liebe zu lieben wähnten, sich hassen, wenn der Wahn schwindet. Frage: (1044) Ist der Mangel an Sympathie zwischen Wesen, die miteinander zu leben bestimmt sind, nicht ebenso eine Quelle bitterer Schmerzen, da sie ein ganzes Dasein vergiften können? Antwort: Sehr bitter allerdings! Aber es ist ein Unglück, dessen erste Ursache meist ihr selbst seid. In erster Linie haben hier eure Gesetze Unrecht. Meinst du etwa, Gott verpflichtet dich, bei einem Menschen zu bleiben, der dir nicht gefällt? Sucht ihr bei solchen Verbindungen noch Befriedigung eures Hochmuts oder Ehrgeizes, erleidet ihr die Folgen eigener Vorurteile. Frage: (1045) Gibt es in diesem Falle nicht immer ein unschuldiges Opfer? Antwort: Ja, aber dann ist es für dies Opfer eine strenge Sühne. Die Verantwortlichkeit für sein

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