Das Buch der Geister

- 168 - zu unbedeutend, als daß jedes Wesen vor Seinen Augen irgendwelche Wichtigkeit haben könnte? Antwort: Gott beschäftigt sich mit allen Wesen, die er geschaffen hat, so klein sie auch sein mögen. Nichts ist Seiner Güte zu gering. Frage: (1070) Hat Gott es nötig, sich mit jeder unserer Handlungen zu beschäftigen, um uns zu belohnen oder zu bestrafen? Sind nicht die meisten unserer Handlungen zu unbedeutend für Ihn? Antwort: Gott hat Seine Gesetze, die alle eure Handlungen ordnen. Wenn ihr sie verletzt, ist dies euer Fehler. Begeht ein Mensch eine Ausschreitung, erläßt Gott nicht einen Urteilsspruch gegen ihn, sondern Er zog eine Grenze: Krankheiten oder oft der Tod sind die Folgen der Ausschreitungen. Das ist die Strafe, sie ist die Folge der Gesetzesübertretung. Und so ist es mit allem. Frage: (1071) Haben die Freuden und Strafen nach dem Tode auch etwas Stoffliches an sich? Antwort: Sie können nicht stofflich sein, weil die Seele nicht Stoff ist, das sagt uns die gesunde Vernunft. Diese Freuden und Strafen haben nichts Fleischliches an sich und doch sind sie tausendmal lebhafter als die irdischen, weil der Geist, wenn er einmal befreit ist, eindrucksfähiger ist. Der Stoff stumpft dessen Gefühle nicht mehr ab. Frage: (1072) Warum macht sich der Mensch von den zukünftigen Strafen und Freuden eine oft so rohe und abgeschmackte Vorstellung? Antwort: Eure Sprache ist zu unvollständig, um das, was außer euch ist, richtig auszudrücken. Da bedurfte es der Gleichnisse und diese Bilder und Figuren nehmt ihr für Wirklichkeiten. Je weiter der Mensch aber in der Erkenntnis fortschreitet, desto besser begreift sein Denken die Dinge, die seine Sprache nicht ausdrücken kann. Frage: (1073) Worin besteht die Glückseligkeit der guten Geister? Antwort: Alle Dinge zu erkennen, keinen Haß noch Neid oder Ehrgeiz, noch irgend eine andere Leidenschaft zu haben, die das Unglück der Menschen bilden. Die sie einigende Liebe ist für sie die Quelle höchster Glückseligkeit. Sie empfinden weder die Bedürfnisse noch die Leiden und Ängste des stofflichen Lebens. Sie sind glücklich in der Ausübung des Guten. Die reinen Geister genießen allein die höchste Seligkeit, aber auch alle anderen sind nicht unselig. Zwischen Bösen und Vollkommenen gibt es eine unendliche Zahl von Stufen, auf denen die Freuden im Verhältnis zu ihrem sittlichen Zustand stehen. Frage: (1074) Ihr setzt die Abwesenheit der stofflichen Bedürfnisse unter die Zahl der Bedingun- gen für die Seligkeit der Geister. Ist nicht die Befriedigung dieser Bedürfnisse für den Menschen eine Quelle von vielen Freuden? Antwort: Ja, der Freuden des Tieres, und wenn du diese Bedürfnisse nicht befriedigen kannst, so ist dir das eine Folter. Frage: (1075) Was soll man darunter verstehen, daß die reinen Geister in Gottes Schoß vereinigt sind und Ihm Lobgesänge darbringen? Antwort: Das ist eine sinnbildliche Darstellung, die ihre Erkenntnis von den Vollkommenheiten Gottes ausmalen soll, die man aber genau so wenig wie manche andere buchstäblich nehmen darf. Alles in der Natur, vom Sandkorn an, besingt, d. h. verkündet ja Gottes Güte, Macht und Weisheit. Glaube nur nicht, daß die Geister die ganze Ewigkeit hindurch in Beschaulichkeit aufgehen, es wäre eine einförmige Seligkeit. Frage: (1076) Worin bestehen die Leiden der niedrigeren Geister? Antwort: Sie sind so mannigfach wie deren Ursachen und der Stufe ihrer Niedrigkeit gerade so

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