Das Buch der Geister

- 169 - angemessen, wie die Freuden dem Grade der Erhöhung. Sie lassen sich in folgende Worte fassen: Neid gegen alles, was ihnen am Glücke mangelt, Ohnmacht es zu erlangen, Anschauung des Glückes, welches nicht erreichbar ist, Reue, Eifersucht, Verzweiflung über das, was sie am Glücke hindert, Gewissensbisse, unbeschreibliche sittliche Angst. Sie sehnen sich nach allen Genüssen und können keinen davon befriedigen. Und das foltert sie. Frage: (1077) Ist der Einfluß der Geister aufeinander immer ein guter? Antwort: Immer gut von seiten der guten Geister, das versteht sich von selbst. Die verderbten Geister hingegen suchen die empfänglichen vom Wege des Guten und der Reue abzubringen. Frage: (1078) So befreit uns der Tod also nicht von der Versuchung? Antwort: Nein, aber die Einwirkungen der Bösen sind gegenüber anderen Geistern geringer als gegen Menschen, weil sie dort nicht die stofflichen Leidenschaften auf ihrer Seite haben. Frage: (1079) Wie fangen es die bösen Geister an, gute zu versuchen, da ihnen deren Leidenschaf- ten doch nicht mehr beistehen können? Antwort: Wenn die Leidenschaften auch stofflich nicht mehr vorhanden sind, so stecken sie doch noch in den Gedanken der zurückgebliebenen Geister. Die Bösen unterhalten nun diese Gedanken, indem sie ihre Opfer zu den Orten locken, wo ihnen der Anblick dieser Leiden- schaften wird und sie erregt. Frage: (1080) Was sind die größten Qualen, die böse Geister leiden können? Antwort: Es ist unmöglich, die moralischen Foltern zu beschreiben, die die Strafe gewisser Verbrechen sind. Selbst der, der sie erleidet, hätte Mühe, euch davon eine Vorstellung zu geben. Die schrecklichste von allen ist gewiß der Gedanke, unwiderbringlich verdammt zu sein. Frage: (1081) Woher stammt die Lehre von dem "ewigen Feuer"? Antwort: Ein Bild wie so manches andere, das für Wirklichkeit genommen wird. Frage: (1082) Kann aber die Furcht davor nicht gute Folgen haben? Antwort: So siehe doch, wie viele sie zurückhält, selbst unter denen, die sie lehren. Frage: (1083) Erkennen die niedrigen Geister das Glück der Gerechten? Antwort: Ja, und das ist ihre Strafe und ihre Qual, denn sie wissen, daß sie sich durch eigene Fehler desselben beraubten. Darum strebt der vom Stoff befreite Geist nach einer neuen Existenz, weil jede solche die Dauer der Strafe abkürzen kann, wenn sie gut angewandt wird. Frage: (1084) Ist der Anblick der leidenden Geister nicht eine Ursache des Schmerzes für die guten Geister? Antwort: Es ist für sie kein Schmerz, weil sie wissen, daß das Übel ein Ende nehmen wird. Sie helfen den anderen bei ihrer Besserung und reichen ihnen die Hand. Das ist ihre Beschäf- tigung und ihre Freude. Frage: (1085) Man kann dies von fremden Geistern verstehen. Aber trübt nicht der Anblick von Leid und Kummer bei zurückgelassenen Lieben auf Erden das Glück? Antwort: Wenn sie diese Leiden nicht sähen, so wären sie euch fremd nach dem Tode. Sie sehen aber eure Trübsale von einem anderen Gesichtspunkte aus, sie wissen, daß dieselben euer Fortschritt sind, wenn ihr sie mit Ergebung tragt. Frage: (1086) Da die Geister sich gegenseitig ihre Gedanken nicht verbergen können, würde daraus folgen, daß der Schuldige in beständiger Gegenwart seines Opfers wäre?

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