Das Buch der Geister

- 39 - Frage: (143) Ist die Trennung der Seele vom Leibe schmerzhaft? Antwort: Nein, der Leib leidet zu Lebzeiten oft mehr als im Augenblick des Todes. Die Seele kommt dabei nicht in Betracht. Die Leiden, die man oft im Augenblick des Todes erduldet, sind für den Geist, der das Ende seiner Verbannung herankommen sieht, ein erhebendes Glücks- gefühl. Anmerkung: Beim natürlichen Tode aus Altersschwäche, infolge Erschöpfung der Organe, verläßt der Mensch das Leben, ohne es überhaupt zu merken. Er gleicht einer Lampe, die aus Mangel an Öl verlöscht. Frage: (144) Wie vollzieht sich die Trennung von Seele und Leib? Antwort: Da die Bande, die sie zurückhielten, zerrissen sind, macht die Seele sich los. Es gibt keine scharfe Grenzlinie zwischen Leben und Tod. Ohne Hast und allmählich macht die Seele sich los, nicht wie ein gefangener Vogel, dem man plötzlich die Freiheit gibt. Der Geist befreit sich allmählich von seinen Banden und diese lösen sich und brechen nicht. Anmerkung: Während des Lebens hängt der Geist mit dem Leibe durch seine halbstoffliche Hülle zusammen. Der Tod zerstört nur den Leib, nicht jene Hülle. Im Augenblick des Todes vollzieht sich die Ablösung des Perisprits nicht sofort, sondern allmählich. Bei einem Geiste kann man sagen, der Augenblick des Todes ist auch der seiner Befreiung. Andere hingegen, die materiell und sinnlich waren, trennen sich langsamer, es kann Tage, Wochen, sogar Monate dauern. Es steht dies im Verhältnis des Übergewichtes des Geistes über den Stoff während des Lebens. War die Bindung eng, ist die Trennung schwer. Frage: (145) Kann die endgültige Trennung der Seele und des Leibes vor dem vollständigen Aufhören des organischen Lebens erfolgen? Antwort: Im Todeskampf hat die Seele zuweilen den Leib schon verlassen, es ist nur noch das organ- ische Leben übrig. Der Mensch hat kein Bewußtsein mehr von sich selbst, doch bleibt ihm noch ein Hauch des Lebens. Der Leib wird durch das Herz in Bewegung gehalten. Er lebt, solange sein Herz das Blut durch die Adern treibt, auch ohne Seele. Frage: (146) Hat die Seele im Augenblick des Todes zuweilen eine innere Erhebung oder Ekstase, die sie die Welt vorausahnen läßt, in die sie heimgeht? Antwort: Oft fühlt sie die Bande sich lösen, die sie an den Leib fesseln. Dann macht sie alle Anstren- gungen, sie ganz zu brechen. Vom Stoff schon halb gelöst, entrollt sich vor ihr die Zukunft und sie genießt im voraus den Zustand eines Geistes. Frage: (147) Vermag uns das Bild von Raupe, Puppe und Schmetterling eine Vorstellung vom Erdenleben, vom Grabe und schließlich von unserem neuen Dasein zu geben? Antwort: Eine Vorstellung im Kleinen. Das Bild ist gut, aber man darf es nicht buchstäblich nehmen, wie ihr das meist tut. Frage: (148) Was für ein Gefühl hat die Seele in dem Augenblick, wo sie sich in der Geisterwelt wiedererkennt? Antwort: Es ist verschieden. Hast du absichtlich Böses getan, fühlst du dich im ersten Moment ganz beschämt. Beim Gerechten ist es anders: die Seele ist wie von einer großen Last erleichtert, denn sie hat keinen forschenden Blick zu fürchten. Frage: (149) Findet der Geist die, die er auf Erden kannte und die ihm vorausgingen, unmittelbar wieder? Antwort: Ja, je nach der Liebe, die sie sich entgegenbrachten. Oft kommen sie zu seinem Empfang beim Eintritt in die Geisterwelt und helfen, die Wickelbänder des Stoffes von ihm loslösen. Viele hatte er während des Erdenlebens aus den Augen verloren. Er sieht sie, sieht die

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