Das Buch der Geister

- 150 - du hast den Willen, dich ihr auszusetzen. Es liegt ein Mittel zum Fortschritt darin und Gott hat es zugelassen. Frage: (271) Wenn der Geist die Wahl zwischen den Arten der Prüfungen hat, folgt daraus, daß alle Trübsal des Lebens von uns vorausgesehen und vorausgewählt wird? Antwort: Das Wort "alle" ist nicht der rechte Ausdruck, denn man kann nicht sagen, daß von euch alles vorausgesehen wird, was sich auf eurer Welt ereignet. Ihr wähltet die Art der Prüfung, die Einzelheiten sind Folge eurer Lage und oft auch eurer eigenen Handlungen. Wollte der Geist unter Übeltätern geboren sein, so wußte er, was für Versuchungen er sich aussetzte, aber er kannte nicht jede Handlung, die er begehen würde. Sie sind die Folgen seiner Wahlfreiheit. Der Geist weiß, schlägt er diesen oder jenen Weg ein, hat er diese oder jene Art von Kämpfen zu bestehen. Er kennt die Natur der Wechselfälle, auf die er stoßen wird, aber nicht die Ereignisse, daraus sie bestehen werden. Diese entstehen aus den Umständen und der Gewalt der Tatsachen. Nur die großen Ereignisse, die auf sein Schicksal Einfluß üben, sieht er voraus. Schlägst du eine ausgefahrene Straße ein, so weißt du, daß du leicht fallen kannst. Du weißt aber nicht, wo du fallen wirst, möglicherweise fällst du überhaupt nicht, wenn du dich gut in Acht nimmst. Fällt dir auf der Straße ein Ziegel auf den Kopf, glaube nicht, daß es so geschrieben stand. Frage: (272) Wie kommt ein Geist dazu, sich die Geburt unter schlechten Menschen zu erwählen? Antwort: Er muß wohl in eine Umgebung gesendet werden, wo er jene Prüfung bestehen kann, die er verlangte. Eine Analogie zwischen Umgebung und Prüfung muß vorhanden sein. Frage: (273) Gäbe es auf Erden keine schlechten Menschen, so könnte der Geist also nicht die zu seinen Prüfungen notwendige Umgebung finden? Antwort: Sollte er sich darüber beklagen? Dies ist ja auf höheren Ebenen so, wo das Böse keinen Zutritt findet. Frage: (274) Muß der Geist zur Erreichung der Vollendung alle Arten von Versuchung als Prüfung durchmachen? Antwort: Gewiß nicht. Ihr wißt ja, daß es Geister gibt, die gleich von Anbeginn einen Weg einschla- gen, der sie von vielen Prüfungen befreit. Wer sich aber auf den schlechten Weg begibt, trägt dann auch alle Gefahren dieses Weges. Ein Geist kann Reichtum verlangen und er wird ihm gewährt. Je nach seinem Charakter wird er dann geizig oder verschwenderisch, eigennützig oder großmütig werden. Vielleicht wird er sich allen Genüssen der Sinnlichkeit hingeben, aber es ist nicht gesagt, daß er die Reihenfolge dieser Neigungen durchmachen muß. Frage: (275) Wie kann ein Geist, bei seiner Entstehung einfach, unwissend und unerfahren, sich mit Bewußtsein eine Existenz wählen und dann für diese Wahl verantwortlich sein? Antwort: Gott hilft seiner Unerfahrenheit aus, indem er ihm den einzuschlagenden Weg weist, wie du dies mit einem Kinde tust, das die Wiege verläßt. Je mehr aber sein freier Wille sich entwickelt, desto mehr darf er frei wählen, und hier ist es dann, wo er zuweilen auf Abwe- ge gerät, wenn er nicht dem Rat der guten Geister folgt. Und das kann man den Fall des Menschen nennen. Frage: (276) Hängt die Wahl der leiblichen Existenz des Geistes, wenn er seinen freien Willen hat, immer nur von diesem ab, oder kann ihm diese Existenz vom Willen Gottes als Sühne auf- erlegt worden sein? Antwort: Gott beschleunigt die Sühne nicht. Er kann jedoch einem Geiste eine bestimmte Existenz auferlegen, wenn dieser wegen seiner niederen Stufe oder seines bösen Willens wegen nicht zu begreifen fähig ist, was ihm am heilsamsten wäre, oder wenn er sieht, daß diese Existenz zu Reinigung und Fortschritt beiträgt und zugleich Sühne ist.

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