Das Buch der Geister

- 150 - Frage: (277) Trifft der Geist seine Wahl unmittelbar nach dem Tode? Antwort: Nein, viele glauben an die Ewigkeit derQualen. Frage: (278) Was leitet den Geist bei der Wahl der Prüfungen, denen er sich unterziehen will? Antwort: Er wählt solche, die ihm ihrer Natur nach Sühne sein können und die seinen Fortschritt beschleunigen. Die einen können sich ein Leben voller Not und Entbehrungen auferlegen, um es mutig zu ertragen, andere sich durch Versuchungen des Reichtums oder der Macht prüfen lassen, andere wieder im Kampfe mit dem Laster bestehen. Frage: (279) Wenn gewisse Geister die Berührung mit dem Laster als Prüfung wählen, so gibt es wohl auch welche darunter, die diese Wahl in einer ihrer Neigung entsprechenden Umge- bung wünschen, um sich den sinnlichen Gelüsten hingeben zu können? Antwort: Diese gibt es, das ist gewiß, aber bei ihnen ist der Sinn für Moral noch wenig entwickelt. Die Prüfung kommt von selbst und sie dauert dann länger. Früher oder später sehen sie dann ein, daß die Befriedigung roher Begierden beklagenswerte Folgen hat, die ewig zu währen scheinen. Gott beläßt sie in diesem Zustand, damit sie ihren Fehltritt einsehen. Frage: (280) Scheint es nicht natürlich, die am wenigsten schmerzlichen Prüfungen zu wählen? Antwort: Für euch wohl, aber nicht für den Geist. Ist er vom Stoff befreit, schwinden alle Illusionen und er denkt anders. Anmerkung: Auf Erden steht der Mensch unter dem Einfluß fleischlicher Gedanken und erblickt in jenen Prüfungen nur die schmerzliche Seite. Darum scheint es ihm natürlich, solche Prüfungen zu wählen, die von seinem Gesichtspunkte aus sich mit sinnlichen Genüssen vereinigen lassen. Im Geisterleben aber vergleicht er jene flüchtigen und groben Genüsse mit der unveränderlichen Glückseligkeit, die er ahnt. Was liegt ihm dann noch an einigen vorübergehenden Leiden? Die Lehre von der freien Wahl unserer Existenzen und unserer Prüfung erscheint nicht mehr außerordentlich, wenn man erwägt, daß die Geister, einmal vom Stoffe befreit, die Dinge anders ansehen als wir. Nach jeder Existenz sehen sie den Schritt, den sie vorwärts getan haben und erkennen, was ihnen noch an Reinheit fehlt. Darum unterziehen sie sich freiwillig allen Wechselfällen des leiblichen Lebens und verlangen von selbst diejenigen, welche am schnellsten zum Ziele führen. Haben wir auf Erden nicht auch täglich Beispiele solchen Wählens vor Augen? Der Mensch, der einen großen Teil seines Lebens sich ohne Rast und Ruh abarbeitet, um zu Wohlstand zu gelangen, was ist es weiter als eine Aufgabe, die er sich selbst auferlegte im Hinblick auf eine bessere Zukunft? Alle Geister sagen aus, daß sie im herumwandernden Zustande nur suchen, forschen und beobachten, um ihre Wahl zu treffen. Besitzen wir nicht ein Abbild davon in unserem leib- lichen Leben? Jeder Weg, den wir einschlagen, ist eine Gestaltung, ein Abschnitt unseres Lebens. Denken wir nicht jeden Tag, was wir morgen tun werden? Was sind die verschie- denen leiblichen Existenzen für den Geist anderes, als die Gestaltungen, Abschnitte, Tage seines spirituellen Lebens, das sein eigentliches und regelmäßiges Leben ist, während sein leibliches nur ein vorübergehendes sein kann? Frage: (281) Könnte der Geist seine Wahl auch während seines leiblichen Zustandes treffen? Antwort: Sein Wunsch kann hier einigen Einfluß haben. Ist er aber Geist, sieht er die Dinge ganz anders an. Erst der Geist entscheidet sich, er kann es aber schon in diesem stofflichen Leben tun in jenen häufigen Augenblicken, wo er unabhängig von seinem Leibe ist. Frage: (282) Viele Leute wünschen sich Reichtümer und hohe Stellungen. Das geschieht doch sicher nicht zur Sühne und um der Prüfungen willen? Antwort: Natürlich, es ist der Stoff, der diese Dinge begehrt, um sie zu genießen. Der Geist aber

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