Das Buch der Medien

- 108 - ganzen Menge anderer Zeichen beurteilen können, welche Schreiber unterrichtet oder unwissend, schlecht erzogen oder gebildet, leichtsinnig oder empfindsam sind. Ebenso ist es mit den Geistern. Man muß sie als Korrespondenten betrachten, die man noch nie gesehen hat, und soll sich fragen, was man von einem Menschen halten würde, der solche Sachen sagen oder schreiben würde. • Man kann es als Regel ohne Ausnahme betrachten, daß die Sprache der Geister immer dem Grade ihrer Reinheit angemessen ist. Die wahrhaft erhabenen Geister sagen nicht nur Gutes, sie sagen es auch in Worten, die jede Gemeinheit absolut ausschließen. Immer verrät die Sprache ihren Ursprung, sei es durch die mitgeteilten Gedanken oder sei es durch die Form. Und selbst dann, wenn uns ein Geist über seine angemaßte Erhabenheit täuschen wollte, genügt es, einige Zeit mit ihm zu verkehren, um ihn abschätzen zu können. Güte und Wohlwollen gehören auch noch zu den wesentlichen Eigenschaften reiner Geister. Sie hegen keinen Haß, weder gegen Menschen noch gegen Geister, sie bedauern die Schwachen, tadeln die Fehler, aber stets mit Mäßigung und ohne Erbitterung. • Da die wahrhaft guten Geister nur Gutes sagen und Gutes wollen kann man daraus schließen, daß jeder Mangel an Güte und Wohlwollen in der Rede eines Geistes von keinem guten kommen kann. Intelligenz ist weit davon entfernt, ein sicheres Zeichen der Erhabenheit zu sein, denn Intelligenz und Moral gehen nicht immer im gleichen Schritt. Ein Geist kann gut und wohlwollend sein, doch nur beschränkte Kenntnisse haben, während ein intelligenter und aufgeklärter Geist im Moralischen sehr weit zurück sein kann. Allgemein glaubt man, wenn man den Geist eines Menschen um etwas befragt, der auf dieser Erde besondere Fachkenntnisse hatte, daß dieser viel sicherer die Wahrheit sagen werde. Das ist zwar ein logischer Schluß, aber es ist nicht immer wahr. Die Erfahrung lehrt, daß alle Menschen, also auch die Gelehrten, die unsere Erde erst vor kurzem verlassen haben, noch unter dem Einfluß der Vorurteile des irdischen Lebens stehen, denn sie können sich nicht sogleich davon frei machen. Es kann also durchaus sein, daß sie unter dem Einfluß der irdischen Gedankengänge weniger klar sehen, als sie meinen. • Wenn man alle Mitteilungen einer strengen Prüfung unterzieht, die Gedanken und Ausdrücke prüft und zergliedert, dabei alles verwirft, was gegen die Logik und den gesunden Sinn verstößt, was den Charakter des Geistes verleugnet, der sich vermeintlicherweise manifestiert, entmutigt man die trügerischen Geister, die sich endlich in der Überzeugung zurückziehen, daß sie nicht täuschen können. Dieses Mittel ist das einzige wirksame und unfehlbare, denn es gibt keine schlechte Kundgebung, die einer strengen Kritik standhalten könnte. Gute Geister fühlen sich dadurch nie beleidigt, raten eine solche Prüfung sogar selbst an, da sie nichts zu fürchten haben. Nur die schlechten können dabei alles verlieren und stoßen sich daran. Der Heilige Ludwig gab in diesem Sinne folgenden Rat: "So sehr das Vertrauen gerechtfertigt erscheint, das euch die Geister einflößen, so können wir die Ermahnung nicht oft genug wiederholen, alle Mitteilungen, die ihr bekommt, abzuwägen und reiflich zu überlegen. Unterwerft alles der strengsten Kontrolle der Vernunft, und sobald euch ein Punkt verdächtig, zweifelhaft oder dunkel erscheint, verlangt die nötigen Aufklärungen, um euch entscheiden zu können."

RkJQdWJsaXNoZXIy MjI1MzY3