Das Buch der Medien

- 115 - Wird ein Geist zum ersten Male angerufen, so ist es nötig, die Fragen mit Bestimmtheit zu stellen. In den gestellten Fragen muß man die gebietende Art vermeiden, die ihn veranlassen würde, sich zu entfernen. Die Fragen müssen je nach dem Geiste liebevoll und ehrerbietig sein und auf jeden Fall vom Wohlwollen des Anrufenden künden. Man ist oft überrascht über die Schnelligkeit, mit der sich der angerufene Geist einfindet, selbst beim ersten Male. Man könnte annehmen, er wurde benachrichtigt, und dies ist auch der Fall, wenn man sich vorher mit seiner Anrufung beschäftigt. Diese Vorausbeschäftigung ist eine Art vorbereitender Anrufung, und da wir unsere Schutzgeister immer um uns haben, die sich mit unseren Gedanken vereinigen, so bereiten sie schon die Wege vor. Der Geist, den man rufen will, ist schon gegenwärtig. Im entgegengesetzten Falle ist es der Schutzgeist des Mediums, oder jener des Wortführers im Zirkel, oder ein Familiengeist, der ihn suchen geht, und dazu braucht er kaum Zeit. Kann der gerufene Geist nicht gleich kommen, so kündigt der Bote, ein uns günstig gestimmter, helfender Geistfreund, einen Aufschub an. Er kann fünf Minuten, eine Viertel- oder eine ganze Stunde und sogar mehrere Tage dauern. Ist er angekommen, so sagt er: "Er ist da!" und dann kann das Fragen beginnen. Der Bote ist nicht immer ein notwendiger Vermittler, der Ruf des Anrufenden kann vom Geiste unmittelbar gehört werden. Wenn wir sagten, daß man die Anrufung im Namen Gottes machen sollte, so verstehen wir darunter, daß unsere Ermahnung ernsthaft und nicht leichtfertig zu betrachten ist. Wer darin eine bloße Formel sehen würde, für den wäre es besser, sich derselben zu enthalten. Die Anrufungen bieten den Medien oft mehr Schwierigkeiten als die spontanen Kundgebungen, besonders wenn es sich um eine genaue Beantwortung von Fragen handelt, die bestimmt gefaßt sein sollten. Dazu benötigt man spezielle Medien, die zugleich lenksam und verläßlich sind, und wir wissen, daß dieselben sehr selten sind. Wie wir beobachteten, stellen sich die fluidischen Beziehungen nicht immer augenblicklich mit dem ersten besten Geiste ein. Es ist daher nützlich, daß sich die Medien nicht früher auf Anrufungen in Einzelheiten verlegen, als bis sie von der Entwicklung ihrer Fähigkeit und von der Natur der sie unterstützenden Geister überzeugt sind. Medien, die von minder guten Jenseitigen umgeben sind, können bei fortgesetzten Anrufungen nicht ständig Erfolg haben: Die Medien werden gewöhnlich mehr aus Privatinteressen als für allgemeine Interessen zu Kundgebungen und Geisterzitationen gesucht. Dies läßt sich durch das natürliche Begehren erklären, sich mit jenen Wesen zu besprechen, die uns einstmals teuer waren. Wir glauben, den Medien an dieser Stelle einige wichtige Ermahnungen geben zu müssen. Zuerst ist diesem Begehren nur mit Zurückhaltung Folge zu leisten bei Personen, von deren Aufrichtigkeit man nicht völlig überzeugt ist. Zweitens sich dazu unter keinem Vorwande herzugeben, wenn sie sehen, daß es nur zur Befriedigung der Neugierde ist. Jede müßige Frage oder solche, die den Rahmen derjenigen, die man allgemein an Geister stellen kann, überschreiten würde, ist abzulehnen. • Die Fragen müssen mit Deutlichkeit, Bestimmtheit und ohne Hintergedanken gestellt werden, wenn man entsprechende Antworten erhalten will. Man muß daher alle jene verwerfen, die einen heuchlerischen Charakter an sich tragen. Geister lieben es nicht, auf die Probe gestellt zu werden. Der Fragesteller muß frei und offen zu Werke gehen. Wenn er sich nicht deutlich erklären will, soll er sich lieber der Frage enthalten. Auch soll man Geisterzitationen nur mit großer Vorsicht vornehmen, wenn die Personen, auf deren Wunsch es geschieht, nicht zu den Anwesenden zählen. Sie allein können die Antworten kontrollieren, über die Identität urteilen, Aufklärungen veranlassen und, wenn nötig, Zwischenfragen stellen. Ihre Anwesenheit ist ein Band, das den Geist anzieht, der oft nicht sehr dazu aufgelegt ist, sich fremden Menschen, für die er wenig Sympathie empfindet, kundzugeben. Kurz, das Medium muß alles vermeiden, was es in einen "Lebensberater" verwandeln würde, denn dies ist in den Augen vieler Menschen gleichbedeutend mit einem Wahrsager. Man kann alle Geister rufen, gleich welcher Sphäre sie angehören, die guten wie die bösen, jene, die das Leben erst vor kurzem verlassen haben als auch die, die in den ältesten Zeiten lebten, unsere Eltern, Freunde wie auch jene, die uns fremd und gleichgültig sind. Aber damit ist nicht gesagt, daß sie auch immer auf unseren Ruf hin erscheinen können oder wollen. Unabhängig von ihrem Willen oder von der Erlaubnis, die ihnen von einer höheren Macht verweigert werden kann, können sie durch Gründe verhindert sein, die zu erfahren uns nicht immer gestattet ist. Damit wollen wir sagen, daß es

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