Das Buch der Medien

- 90 - Frage: Wenn ein Mensch sonst nicht schreiben kann, könnte er als Medium schreiben? Antwort: Ja, aber es ist verständlich, daß es dann noch mehr materielle Hindernisse zu überwinden gibt, da die Hand nicht gewohnt ist, Buchstaben zu bilden. Ebenso verhält es sich bei zeichnenden Medien, die sonst nicht zeichnen können. Frage: Könnte ein wenig intelligentes Medium Mitteilungen einer höheren Art übertragen? Antwort: Ja, aus dem gleichen Grunde, wie ein Medium in einer Sprache schreiben kann, die es gar nicht kennt. Die Medialität ist von der Intelligenz ebenso wie von den moralischen Eigenschaften unabhängig, und in Ermangelung eines besseren Werkzeuges kann sich der Geist desjenigen bedienen, das er gerade zur Hand hat. Es ist natürlich, daß er für Kommunikationen von bestimmter Art das Medium vorzieht, das ihm die wenigsten materiellen Schwierigkeiten bietet. Frage: Woher kommt die Fähigkeit gewisser Medien, in Versen zu schreiben, obwohl sie von der Poesie nichts verstehen? Antwort: Die Poesie ist eine wirkliche Sprache. Sie können in Versen schreiben, wie sie in einer ihnen fremden Sprache schreiben können. Außerdem können sie in einer früheren Existenz Dichter gewesen sein. Erworbene Kenntnisse sind für den Geist nie verloren, da er in allen Sachen zur Vollkommenheit emporsteigen muß. Dann gibt ihnen das, was sie gewußt haben, jene Leichtigkeit der Darstellung, die sie im gewöhnlichen Zustande nicht haben. Frage: Verhält es sich auch bei jenen so, die eine besondere Befähigung für das Zeichnen und die Musik haben? Antwort: Ja, denn die Musik und die bildliche Darstellung sind auch Ausdrucksweisen des Gedankens. Frage: Hängt der Ausdruck des Gedankens durch Poesie, Zeichnung und Musik einzig und allein von der speziellen Befähigung des Mediums oder jener des Geistes ab? Antwort: Oft vom Medium, zuweilen vom Geiste. Die höheren Geister besitzen alle Geschicklichkeiten, niedere haben nur beschränkte Kenntnisse. Frage: Warum hat der Mensch, der überlegenes Talent in einer Existenz hatte, es nicht mehr in einer folgenden? Antwort: Nicht immer verhält es sich so, denn oft vervollständigt er in einer Existenz das, was er in einer vorhergehenden begonnen hat. Aber es kann auch sein, daß eine vorwiegende Fähigkeit eine gewisse Zeit hindurch schlummert, damit sich eine andere freier entwickeln kann. Es bleibt ein verborgener Keim vorhanden, der sich später wiederfinden wird und von dem immer einige Spuren oder zumindest eine unbestimmte Andeutung vorhanden bleiben. Der fremde Geist versteht also ohne Zweifel alle Sprachen, weil diese der Ausdruck des universellen Gedankens sind. Um aber diesen Gedanken wiederzugeben, ist ein Instrument nötig, und dieses ist das Medium. Die Seele des Mediums, die den Gedanken empfängt, kann ihn nur durch die Organe seines Körpers übertragen. Nun können diese Organe für eine unbekannte Sprache nicht jene Biegsamkeit haben, die sie für eine ihnen geläufige Sprache besitzen. • Für Fragen von hoher Tragweite braucht man ein ausgebildetes Medium, das dem Geiste kein mechanisches Hindernis entgegenstellt. Hier noch eine Bemerkung von Wichtigkeit in bezug auf fremde Sprachen: Die Versuche dieser Art werden meist aus Neugierde und als Experimente gemacht. Aber nichts ist guten Geistern mehr zuwider, als die Proben, denen man sie zu unterziehen versucht. Höhere Geister geben sich dafür nie her und entfernen sich, wenn man diesen Weg beschreitet. So sehr sie die nützlichen und ernsten Sitzungen lieben, so sehr widerstrebt es ihnen, sich mit zwecklosen und unnützen Dingen zu beschäf-tigen.

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