Das Buch der Medien

- 93 - Der moralische Einfluß des Mediums Abhandlung eines Geistes über moralischen Einfluß Frage: Steht die Entwicklung der Medialität im Verhältnis zur moralischen Entwicklung des Mediums? Antwort: Nein, seine eigentliche Fähigkeit hängt von seinem Organismus ab, nicht von der Moral. Anders verhält es sich mit dem Gebrauch, der je nach den Eigenschaften des Mediums mehr oder weniger gut sein kann. Frage: Es wurde immer behauptet, die Medialität sei eine Gabe Gottes, eine Gunst, eine Gnade. Warum wurde sie da nicht vorzugsweise guten Menschen verliehen? Warum sieht man unwürdige Menschen, die damit Mißbrauch treiben, in einem sehr hohen Grade begabt? Antwort: Alle Anlagen sind Gnaden, weil es eben Menschen gibt, denen sie fehlen. Ebensogut könntet ihr fragen, warum Gott Übeltätern ein gutes Gesicht, Dieben die Geschicklichkeit und Bösen die Beredsamkeit gegeben hat, die sich ihrer doch nur dazu bedienen, um schlechte Dinge zu tun und zu sagen. Genauso verhält es sich mit der Medialität. Unwürdige sind damit begabt, weil sie dieselbe mehr als andere zu ihrer Besserung benötigen. Glaubt ihr, daß Gott den Schuldigen die Heilmittel versagt? Frage: Werden jene Medien, die von ihrer Befähigung schlechten Gebrauch machen, die üblen Folgen davon tragen müssen? Antwort: Wenn sie dieselben schlecht anwenden, werden sie doppelte Strafe erhalten, weil sie ein Mittel, sich aufzuklären, nicht benutzen. Wer deutlich sieht und dennoch stolpert, ist mehr zu tadeln als ein Blinder, der in einen Graben fällt. Frage: Es gibt Medien, die spontan und fast beständig Mitteilungen über den gleichen Gegenstand, über gewisse moralische Fragen, über besondere, näher bezeichnete Fehler erhalten. Geschieht dies zu einem besonderen Zwecke? Antwort: Ja. Der Zweck besteht darin, es über einen oft wiederholten Gegenstand aufzuklären, oder um es von bestimmten Fehlern zu bessern. Deshalb reden die Geister zu dem einen ohne Unterlaß vom Stolze, zu dem andern von der Nächstenliebe. Die Übersättigung soll ihnen endlich die Augen öffnen. Es gibt kein Medium, das seine Anlagen nicht mißbraucht, sei es aus Ehrgeiz oder Interesse. Sie werden durch Hochmut, Leichtsinn usw. kompromittiert. Daher die gleichbleibenden Ermahnungen, die sie meist nicht auf sich beziehen. Anmerkung: Die Geister verbinden oft mit ihren Verweisen sehr viel Schonung. Sie geben sie auf indirekte Art, um jenem, dem sie gelten, mehr Verdienst in der Anwendung zu lassen. Aber Verblendung und Stolz sind bei manchen Medien so groß, daß sie sich in dem vor Augen gestellten Bilde selbst nicht wiedererkennen. Frage: Wirkt das Medium bei den Belehrungen, die ihm diktiert werden, nicht als ein passives Werkzeug mit, um zur Belehrung anderer zu dienen? Antwort: Oft sind diese Ermahnungen und Ratschläge nicht für das Medium persönlich diktiert worden, sondern für andere, an die wir uns nur vermittelst dieses Mediums wenden können, das aber seinen eigenen Teil daran nehmen soll. Glaubt nicht, daß die mediale Fähigkeit besteht, um eine oder zwei Personen zu bessern. Das Ziel ist viel größer, es handelt sich um die Menschheit! Frage: Da die moralischen Eigenschaften des Mediums die unvollkommenen Geister fernhalten, wie kommt es da, daß ein mit guten Eigenschaften begabtes Medium falsche oder grobe Antworten erhält? Antwort: Kennt ihr alle Falten seiner Seele? Ohne gerade lasterhaft zu sein, ist ein Medium manchmal leichtsinnig und frivol, zuweilen hat es direkt eine Lehre nötig, um auf der Hut zu sein.

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