Das große Warum

124 Zwei ernstgemeinte Fragen Vor ein paar Tagen fragte mich eine Freundin am Telefon: „Wie kann ich vollkommen werden? Und wie kann ich näher zu Gott kommen?“ Sie fragte das ganz im Ernst. Der Hintergrund dieser beiden Fragen ist wohl der: Ihr Leben ist im Moment so schwer, so dass immer wieder der Wunsch in ihr hochkommt, sie möchte sterben, aber sie möchte bitte nicht noch einmal geboren werden müssen. Wir mussten unser Gespräch unterbrechen und die Antwort auf später verschieben. Das gab mir Zeit zum Überlegen. Ich konnte mir wohl vorstellen, warum sie die Frage nach der Vollkommenheit gestellt hatte. Sie hatte in ihrer Not gedacht: Wenn ich vollkommen werde, dann muss ich nicht noch einmal ein so elend schweres Erdenleben mitmachen. „Wie werde ich vollkommen?“ Was antworte ich ihr darauf? Was würdest du darauf antworten? Ich habe nachgedacht. Die Frage geht ja eigentlich uns alle an, auch wenn wir im Moment vielleicht nicht in einer so schweren Krise stecken wie meine Freundin. Ich meine: Wenn wir vollkommen werden wollen, dann müssen wir bei unseren Gedanken anfangen. Denn von unseren Gedanken hängt alles andere ab: Unser Reden, unser Tun und Unterlassen und irgendwann auch unsere Gefühle. Auch unser ganzer Umgang mit uns selbst und mit unseren Mitmenschen hängt davon ab. Zuerst sind die Gedanken da, später folgen die Gefühle. Das ist ein wirklich großes Thema. Ein Beispiel: Wenn ich bei mir selbst anfange – ich ertappe mich manchmal dabei, dass ich mir über andere Menschen Gedanken mache. Und wenn ich ehrlich bin: Ganz schnell bin ich auch beim Bewerten oder manchmal sogar beim Beurteilen und Kritisieren. Solche Gedanken können sich völlig unkontrolliert länger hinziehen, während ich meinen Haushalt mache. Warum tue ich das? Bilde ich mir etwa ein, ich wüsste dieses oder jenes besser? So ein Quatsch! Solche Gedanken sind nichts als geistige Umweltverschmutzung!

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