Das große Warum

47 Landschaft nannte er diese jenseitige Gegend, in der er sich befand, die „blaue Insel“. Er war dort zusammen mit den anderen Verunglückten, wo sie sich von dem Schock des plötzlichen Todes erholen sollten. Es wäre schön dort. Sie könnten spazieren gehen, lesen, Sport treiben, zusammensitzen und sich unterhalten usw. Er schrieb unter anderem auch, dass er nun nicht etwa alles wüsste, weil er jetzt im Jenseits wäre. Er wäre weiter dabei zu lernen und sich um mehr Verständnis zu bemühen. Und wenn er sich eine Tür geöffnet hätte, eine Tür des Verstehens, dann sähe er schon wieder eine andere Tür, die er gerne öffnen würde. Unsere Entwicklung würde immer weiter gehen. Er schrieb auch, wenn Angehörige auf der Erde das Bedürfnis hätten, ihren verstorbenen Lieben im Jenseits etwas mitzuteilen, so wäre das ganz leicht möglich. Die Seelen im Jenseits wären viel sensibler als wir Erdenmenschen. Wenn man von der Erde aus deutliche Gedanken an sie richten würde, so würden diese Gedanken mit großer Wahrscheinlichkeit bei ihnen ankommen. Ich finde, das ist ein guter Hinweis für Angehörige mit Schuldgefühlen. Du erinnerst dich: “Ich konnte mich noch nicht einmal von meinem Mann verabschieden.“ Auch wenn in einer menschlichen Beziehung noch etwas zu bereinigen wäre, wenn etwas Ungesagtes noch gesagt werden sollte, wäre das doch eine sehr gute Möglichkeit. Man könnte also sagen oder denken: „Lieber Herbert, es tut mir so unendlich leid, dass ich dich in deinen schwersten Stunden so allein lassen musste. Du kannst mir glauben, auch ich habe furchtbar unter unserer Trennung gelitten. Ich möchte dir auch ganz herzlich danken für die gute Zeit, die wir miteinander hatten. Du hast es mit mir nicht immer leicht gehabt, mit meiner Rechthaberei. Verzeih mir bitte! Hast du dich denn jetzt schon ein bisschen erholt? Ich wünsche mir so sehr, dass es dir jetzt gut geht …“ Man könnte auch einen Brief an den Verstorbenen schreiben und offen in die Wohnung legen. Auch das wäre eine Möglichkeit, Unausgesprochenes zu sagen, damit nach einer Zeit Frieden einkehren kann. Lieber Leser, wie T. W. Stead an späterer Stelle seiner Tochter Estelle mitteilte: Im Jenseits zu sein bedeutet nicht, gleich „im höchsten Himmel“ zu sein. In der anderen Welt gibt es viele Ebenen. Es gibt solche, in denen es so ähnlich ist wie auf der Erde. Darüber aber existieren Ebenen und „Sphären“, die so unendlich schön sind, wie wir uns das gar nicht vorstellen können.

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