Der Stern von Bethlehem

- 23 - B : Oh, was sehe ich denn da auf dem Klavier! Fantasiestücke von Schumann? - Auf diesem Instrument müßte sich das doch anhören lassen. G : Los, ran! Sie können es doch. - Ich weiß, daß Sie trainieren. B : Wonach üben Sie? G : Kassette - Rubinstein. Hier haben Sie "Aufschwung" und "In der Nacht". B : Sie bleiben ewig der Romantiker! G : Bei Schumann ja, beim Stern von Bethlehem bin ich Realist. B : Eine Frage noch – und bitte nicht böse sein: Wenn Sie den Menschen als Schöpfung GOTTES sehen, wie vereinbart sich diese Auffassung mit Ihrer kürzlich publizierten großzügigen medizinischen Auslegung der Schwangerschaftsunterbrechung? - Die befruchtete Eizelle besitzt doch eine besondere INFORMATION. Ich verstehe etwas von Programmierung und habe vor einem guten Informator Respekt und Hochachtung. G : Keinesfalls bin ich Ihnen böse. Sie denken mit und sind immer für Überraschungen gut. Das ist es, was ich an Ihnen mag. Ich hole noch rasch eine Flasche, dann können wir darüber diskutieren. B : Bitte das nächste Mal. - Neben dem Gaumen bedeutet mir der Führerschein auch noch etwas. Außerdem ist es schon spät. Ich muß fahren. - Doch zurück zu meiner Frage: Sie waren doch auch einige Jahre geburtshilflich tätig. Nun bin ich auf Ihre Antwort neugierig. G : Die befruchtete Eizelle ist nicht weniger oder mehr INFORMIERT, als sie es vor der Befruchtung auch war. Respekt gebührt ihr - sowohl als auch. Man kann das Wunder der INFORMATION nicht steigern. Auch Spermien sind ebenso wundervoll informiert und programmiert. Alle Verhütungsmaßregeln sind mehr oder weniger Kompromisse. Doch bei der Schwangerschaftsunterbrechung vergessen Sie bitte nicht den grauen Alltag, die Prosa des Sex nämlich: Ehelicher Zwang, Suff, Vergewaltigung, Krankheit usw. Aber darauf nimmt der Samenfaden keine Rücksicht. In vielen Fällen wäre eine Verweigerung der Hilfe lieblos, ja, unmenschlich gewesen. B : Wie das Gesetz es befahl. G : Was soll das? Sparta liegt weit zurück. - Also dann, gute Heimfahrt! Der Gastgeber schaute den kleiner werdenden Rücklichtern der schweren Limousine noch eine Weile nach. Er fühlte, daß er in diesem Kollegen einen wichtigen Mitstreiter gefunden hatte, um das vorherrschende seelisch-geistige Vakuum in seinem Umfeld zu verändern. * * * * * * *

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