Der große Ruf an unsere Zeit

- 2 - Aufgabe der Parapsychologie Die heutige Parapsychologie hat vorläufig mit dem Spiritismus wenig zu tun. Sie hat es sich in den Kopf gesetzt, nach der deduktiven1 Methode mühsam alles das zu untersuchen, was der Spiritismus nach der induktiven Methode schon längst gefunden hat und als gesicherten Bestand seiner Wissenschaft betrachtet. - Aber es braucht Zeit. Wer die neuesten Forschungen und Spekulationen etwa eines Prof. Rhine von der Duke University, USA, kennt, wird den Eindruck gewinnen, daß die Scheidewand zwischen Spiritismus und Parapsychologie eine sehr dünne geworden ist. Es werden Spukfälle untersucht. Der Mediumismus wird nicht mehr wie früher als Hysterie oder Geisteskrankheit betrachtet, die Telepathie und Telekinese nicht mehr als Täuschung und Betrug, sondern als wissenschaftliche Tatsachen. • Die Aufgabe der Parapsychologie ist es, dort weiterzumachen, wo alte spiritistische Forscher wir Zoellner, Crookes, Bozzano, Dr. du Prel usw. aufgehört haben. Den eigentlichen Spiritualisten interessieren diese Dinge aber im Grunde nicht mehr. Das Standardwerk von Dr. Emil Mattiesen, "Das persönliche Überleben des Todes" (Berlin 1936-39), gilt ihm als Endstein der wissenschaftlichen, paraphysischen und parapsychologischen Forschung des Übersinnlichen. Während einst die "tanzenden Tische" und die "Materialisationen" als Sensationen galten und die Gemüter für und wider erhitzten, sind sie heute in die stillen Stuben sachlicher Untersuchung verschwunden. Sie haben nur noch eine Berechtigung in den Händen erfahrener Forscher, der Neugierige und Laie sollte seine Hände davon lassen. Die größte Überraschung für jeden Neuling wird stets sein, daß die physikalischen Phänomene des Spiritismus, also die Telekinese (Fernbewegung von Gegenständen), die Apporte, die Levitation, die Materialisationen usw., so unbegreiflich und wunderbar sie scheinen, für sich allein noch nicht die Unabhängigkeit und Unsterblichkeit und das Fortleben nach dem Tode beweisen. Sie können samt und sonders auch animistisch erklärt werden. Der eigentliche Beweis kam erst durch die mentalen Beobachtungen.2 Das heißt folgendes: Die "Geister" sind nicht stumme Schemen und leblose Beobachtungsobjekte, sondern lebende, intelligente Wesen wie wir. Sie können über sich, über die Welt, in der sie leben, wie auch über philosophische und religiöse Fragen vernünftige Mitteilungen machen. Sie können damit also zunächst ihre eigene Identität nachweisen, indem sie Dinge mitteilen, von denen weder 1 Deduktiv: Vom Allgemeinen auf das Einzelne schließend. Induktiv: Der Schluß vom Einzelnen auf das Allgemeine. Die induktive Methode geht so vor, daß zunächst viel gut beglaubigtes Beobachtungs- und Erfahrungsmaterial gesammelt wird, und danach sucht man die übergeordneten Gesetzmäßigkeiten, die diese Erscheinungen widerspruchslos erklären. Die deduktive Methode hingegen sucht zunächst durch Experimente einfache, allgemein gültige Gesetze, und versucht dann, diese auf die vielfältigen Erscheinungen anzuwenden. Es ist die Tragik der britischen S.P.R. (Gesellschaft für Psychische Forschung), daß sie ungeheures Material angesammelt, es aber bis heute nicht verstanden oder gewollt hat, durch Induktion den wissenschaftlichen Beweis für oder gegen die spiritistische Deutungshypothese zu finden. Einzelne ihrer Präsidenten wie Myers, Sir Conan Doyle, Sir Oliver Lodge haben es versucht, sind aber nicht damit durchgedrungen. Den lückenlosen wissenschaftlichen Beweis für den Spiritismus nach der induktiven Methode hat nach meiner Überzeugung Dr. Emil Mattiesen in seinem Standardwerk "Das persönliche Überleben des Todes. Eine Darstellung der Erfahrungsbeweise" (Berlin, 1936-1939) erbracht. 2 In der Parapsychologie wird mit zwei Deutungshypothesen gearbeitet, der animistischen und der spiritistischen: Während animistischerseits alle Phänomene, die auf ein nachtodliches Weiterleben hinweisen, auf das Unbewußte im Medium oder anderen Beteiligten zurückgeführt werden, zieht die spiritistische Hypothese ein Überleben des körperlichen Todes als Denkmöglichkeit in Betracht und hält dies für beweisbar.

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