FREMDE bei den Vereinten Nationen

- 4 - 2.0 FREMDER besucht wieder die Vereinten Nationen Der nachfolgende Artikel ist dem "Parade-Magazin" vom 25. Dezember 1960 entnommen, einer Sonntagsbeilage, die in zahllosen Tageszeitungen in den USA erscheint. "Während der kürzlichen Zusammenkunft der obersten politischen Führer der Welt bei den "Vereinten Nationen", wurde berichtet, daß ein eindrucksvoller FREMDER, von dem man annahm, er sei der Sprecher für irgendeine Friedensgruppe, in die Wandelhalle der Delegierten geschlüpft sei und allen, die ihm zuhören wollten, Frieden predigte. Der Washingtoner Korrespondent von "Parade", Jack Anderson, hatte diesen Vorfall in eine Weihnachtsgeschichte eingebaut, deren Botschaft so alt ist wie das Weihnachtsgeschehen, das wir alljährlich feierlich begehen, und so neu wie die heutigen Zeitungsüberschriften. Die Wandelhalle der Delegierten in den Räumen der UN war wie elektrisiert von gespannter Besorgnis. Die Abrüstungsdebatte an diesem Morgen war stürmisch gewesen. Das Verhalten des Russen (Chruschtschow) hatte die versammelten Staatsmänner erschreckt und schockiert. Sogar Hitler und Mussolini in ihren schlimmsten Zeiten hatten mit ihren Bajonetten nicht derartig gerasselt, wie dieser Mann mit seinen Raketen. Mit fuchtelnden Händen und schreiender Stimme hatte er einen neuen Tiefstand brutaler Diplomatie gezeigt. Wieder einmal hatte die Welt den bekannten Ruf gehört: 'Macht geht vor Recht!' Oben im Presseraum trugen klappernde Schreibmaschinen und Fernschreiber seine Botschaft der Gewalt und Angst zu allen Ländern des Erdballs. In der hohen geräumigen Wandelhalle der Delegierten, die auf den East River hinausging, drängten sich die Diplomaten in Gruppen zusammen und besprachen das Unheilvolle seines Verhaltens. Aus seiner Schwülstigkeit und Angriffslustigkeit war die offensichtliche Warnung gekommen: "Wer nicht mit uns ist, ist gegen uns." So entschieden sich die Nationen für diese Seiten, einige aus Angst, einige aus Ärger und andere aus Unkenntnis. In diesem Augenblick trat der FREMDE ein. Einige Minuten blieb er unbeachtet mit Ausnahme eines aufmerksamen Aufsichtsbeamten, dessen Blick angezogen wurde von etwas, das ein trügerisches Licht von dem großen Wandfenster sein konnte, das jetzt in der Wintersonne glänzte. Der FREMDE schien einen Glanz um sich zu haben, aber der Wächter hatte das eigentümliche Gefühl, daß er einen anderen Ursprung hatte als das glitzernde Sonnenlicht. Der FREMDE war groß, hielt sich sehr aufrecht, würdig, ohne steif oder hochmütig zu erscheinen. Er war einfach gekleidet, er trug einen nicht teuren aber tadellosen Straßenanzug. Sein Kopf jedoch war es, der am meisten auffiel. Er hatte dichtes, kastanienbraunes Haar, in der Mitte gescheitelt, das in Wellen bis auf seine Schultern fiel. Dazu paßte ein kurzer gespaltener Bart. Seine Haut war sonnengebräunt. Seine blauen Augen hatten einen durchdringenden, gebieterischen und doch merkwürdig sanften Blick. Der Kontrollbeamte vom Dienst war daran gewöhnt, Menschen aller Beschreibungen zu sehen, wie sie aus aller Herren Länder versammelt waren. Er hielt den FREMDEN für den Vertreter irgendeiner Friedensorganisation, vielleicht war er ein bißchen verdreht, aber harmlos. Diskret schob er sich an ihn heran, um sein Beglaubigungsschreiben zu prüfen. Der FREMDE hatte sich zu einer Gruppe Asiaten gesellt und mischte sich in ihre Unterhaltung. Seine Stimme war tief, beinahe melodisch und doch irgendwie durchdringend. Zu seinem größten Erstaunen merkte der Wächter, daß er jedes Wort, das gesprochen wurde, verstehen konnte. Es war genauso wie die Sofortübersetzungen während der UN-Debatten, aber ohne Kopfhörer. 'Bevor es Frieden auf Erden geben kann', sagte der FREMDE, 'muß es guten Willen unter den Menschen geben. Die LIEBE, die in einem einzelnen Herzen brennt, gibt eine Glut von sich. Die Glut aus vielen Herzen könnte solch ein helles LICHT hervorbringen, daß es alle DUNKELHEIT aus der Welt verbannen würde.' Von einer Gruppe zur anderen schritt der FREMDE und verbreitete seine Botschaft. Der von Ehrfurcht ergriffene Aufsichtsbeamte vom Dienst folgte ihm, angezogen von der 'magnetischen' Persönlichkeit und dem Sprachenwunder. Andere schienen es auch zu merken, daß die Worte des FREMDEN von Menschen verschiedener Zunge verstanden wurden. Aber sie schüttelten den Gedanken ab, als ob sie ihren Ohren nicht trauten. Während er so plädierte, begegnete er einigem Zynismus, aber er verlor nie die Geduld. Die meiste Zeit war sein Gesicht ernst, sogar etwas traurig. Aber, wenn er lächelte, war es ein unendlich liebreiches Lächeln.

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