Reinkarnation - eine urchristliche Lehre

- 16 - Im Gegensatz zur Theologie der späteren Kirche hat Clemens von Alexandria sehr genau erkannt, daß dieses Feuer nicht materiell, sondern geistig aufzufassen ist: "Wir behaupten, daß das Feuer nicht den Leib (das Fleisch) reinige, sondern die Seelen der Sünder, nicht ein allverzehrendes und gewöhnliches Feuer, sondern ein vernünftiges ist, das durch die Seele hindurchdringt, die durch das Feuer geht."20 Zur Dauer der Höllenstrafe stellt die Kirche fest: ". . . Jene (= die in schwerer Sünde verstorbenen) werden zusammen mit dem Teufel eine ewige Strafe erhalten." (DS 801 vom IV. Laterankonzil 1215 unter Innozenz III.). Ebenso erklärt schon das Symbolum "Quicumque" (ca. 400 n. Chr.): "Die Gutes getan haben, werden ins Ewige Leben eingehen, die aber Schlechtes, in das Ewige Feuer." (DS 76). Das Konzil von Trient (1547) verhängt im Canon 25 über die Leugner der ewigen Höllenstrafe den Bannfluch (DS 1575). Die ewige Dauer der Höllenstrafe belegt der Dogmenkommentar (Ott S. 573) mit insgesamt 14 Schriftstellen. Eine Untersuchung dieser Belege ergibt folgendes Bild: • Von den 14 Stellen ist eine nachweislich falsch (Judith 16, 21), • eine für unsere Frage nichtssagend (Weisheit 4, 19), • eine überlieferungstechnisch unsicher (Mk. 9, 46), da sie im griechischen Vergleichstext bei Nestle-Aland fehlt. Es bleiben 11 Stellen übrig. In diesen erscheint für den Begriff "ewig" • zweimal das Wort "asbestos" (Mt. 3, 12 und Mk. 9, 43), • neunmal das Wort "aionios" bzw. das Substantiv "aion" (Daniel 12, 2; Mt. 18, 8; 25, 41; Judas 7; Mt. 25, 46; 2. Thess. 1, 9; Offenbarung 14, 11; 19, 3; 20,10). "Asbestos" bedeutet laut Lexikon "unauslöschlich, unvergänglich" aber auch "unermeßlich". In den angegebenen Stellen ergeben alle drei Bedeutungen einen Sinn, die Verfasser konnten aber ohne weiteres nicht ein unvergängliches Feuer, sondern ein "unermeßliches Feuer" gemeint haben. Ebenso können die Begriffe "aionios" und das dazugehörige Substantiv "aion" auf verschiedene Arten übersetzt werden. Das Wörterbuch gibt dafür an: "Zeit(dauer), Zeit(raum), Weltzeit, Lebenszeit, Menschenalter, Ewigkeit." Es besteht folglich kein Zwang, von einer Höllenstrafe zu künden, die eine Ewigkeit dauert, sie kann genau so gut auch nur eine "Weltzeit, Lebenszeit oder ein Menschenalter" lang andauern. Zum Begriff "aion" heißt es im Begriffslexikon zum Neuen Testament, a.a.O., S. 1459: "lange Zeit, Zeitdauer, womit sowohl eine genau begrenzte als auch eine unbegrenzte Zeit gemeint sein kann." 20 Clemens von Alexandria, Teppiche VII, 34, 4 zitiert nach Müller, a.a.O., S. 178

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