Reinkarnation - eine urchristliche Lehre

- 41 - Die Kirche muß die Einmaligkeit des Erdenlebens, die einmalige Chance eines jeden Menschen lehren, so lange sie aber die Präexistenz und Apokatastasis leugnet, weil Wiederholungen nicht nur sinnlos, sondern wegen der Theorie der Neuschöpfung jeder Seele auch unmöglich wären. Konsequenterweise wird die Kirche auch das Karmagesetz, das Gesetz von Ursache und Wirkung, leugnen, das die Ungerechtigkeiten der menschlichen Geschicke von einer höheren Warte aus erklärt und aus diesem Grund die Notwendigkeit der Chancengleichheit für alle für überflüssig halten. "Die Gerechtigkeit Gottes fordert aber keineswegs die Gleichheit der Chancen für alle. Er ist der Herr und Schöpfer, der mit den Seinigen tun kann, was er will. (Vergl. Mt. 20, 1-16). Hat er jedem gegeben, was recht ist und ihm zusteht, so kann er unbeschadet seiner Gerechtigkeit bevorzugen, wen er will. "51 Der heftige Widerspruch der christlichen Kirchen gegen die Gültigkeit des Karmagesetzes liegt ausschließlich in dem Zwang, dann vor aller Welt offen ihre früheren Irrtümer zugeben zu müssen. Der evangelische Theologe Reinhard Hummel spricht das freimütig aus: "Der Widerspruch gegen die Karmalehre ist vor allem da unerläßlich, wo sie zum konkurrierenden Heilsweg wird . . ."52 Wer dem Karmagesetz eine "automatisch funktionierende Vergeltungskausalität der Taten"53 mit gleichzeitigem Antasten der Souveränität und Verborgenheit göttlichen Wirkens anlastet, wie Hummel das tut, übersieht, daß die Wirkung des Karmagesetzes ausschließlich zum Zweck hat, die geistige Fortentwicklung zu beschleunigen. In der Physik ist uns diese Gesetzmäßigkeit bekannt als "Aktion und Reaktion". Mit Recht sagt K. O. Schmidt, "daß wir die Fesseln, die uns an Körperlichkeit, Vergänglichkeit und Geld schmieden, in früheren Daseinsformen selbst geschaffen haben und auf unserem weiteren Weg zur Höhe selbst lösen müssen und können."54 Im folgenden Abschnitt, wird bewiesen, daß die Aussage des Geistes, die Wiederverkörperungslehre der Seele sei christliche Lehre und noch teilweise in der Heiligen Schrift zu finden, der Wahrheit entspricht. Die Fundstellen unterstützen die Behauptung der Präexistenz der Seele, der Reinkarnation, des Karmagesetzes und der Apokatastasis, wenn auch die Lehre heute nicht mehr in zusammenhängender Darstellung darin zu finden ist. Ob die uns heute vorliegenden Bibeltexte in allem authentisch sind, muß ernsthaft bezweifelt werden. Die Ori-ginaltexte der Evangelien waren schon im 3. Jahrhundert nicht mehr vollständig vorhanden. "Auch im ersten Jahrhundert finden wir keine sicheren Spuren, daß die Urschriften noch vorhanden waren." (Kammeier, a.a.O., S. 46) Die ältesten Abschriften der Bibeltexte als Grundlage unseres Neuen Testaments stammen aus dem 4. Jahrhundert. Dazu sagt Nestle: "Es muß im IV. Jahrhundert noch zahlreiche Handschriften gegeben haben, die einen ganz anderen Text boten als die uns erhaltenen. Das zeigen Zitate bei den Vätern und die Übersetzungen. Daraus ist zu schließen, daß gegen Ende des IV. Jahrhunderts noch eine Textrevision stattfand, die sich 51 Brugger, a.a.O., S. 259 52 Hummel, a.a.O., S. 77 53 Hummel, a. a. O., S. 69 54 Schmidt K. O., a.a.O., S. 64

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