Reinkarnation - eine urchristliche Lehre

- 5 - I. Das Welt- und Menschenbild der christlichen Kirchen 1. Der Ursprung des Menschen In Anlehnung an den Satz im Glaubensbekenntnis von Nicaea (325 n. Chr.) "Wir glauben an den einen Gott, den allmächtigen Vater, den Schöpfer von allem Sichtbaren und Unsichtbaren . . ." (DS 125)119 lehrt das IV. Laterankonzil (1215): Wir glauben und bekennen, daß Gott . . . "Schöpfer aller sichtbaren und unsichtbaren Dinge, der geistigen und der körperlichen ist, der . . . beide Schöpfungen aus dem Nichts geschaffen hat, die geistige und köperliche, die engelhafte und weltliche und dann die menschliche, gleichsam aus Geist und Körper zusammen-gesetzt hat . ." (DS 800) Nach diesem Dogma wurde "die Seele des ersten Menschen von Gott unmittelbar aus nichts erschaffen. Bezüglich des Leibes läßt sich die unmittelbare Bildung desselben aus organischem Stoff durch Gott nicht mit Sicherheit behaupten." (Ott, S. 114)10 Dieses Dogma vom Ursprung des Menschen gründet die Kirche auf zwei Stellen aus dem Alten Testament: Gen. 1, 27: "So schuf Gott den Menschen nach seinem Abbild, nach Gottes Bild schuf er ihn, als Mann und Frau erschuf er sie." und Gen. 2, 7: "Da bildete Gott, der Herr, den Menschen aus dem Staub der Ackerscholle und blies in seine Nase den Odem des Lebens; so ward der Mensch zu einem lebendigen Wesen." Für die Erschaffung des weiblichen Wesens, Eva, zieht der Dogmenkommentar von Ludwig Ott, der im folgenden als Grundlage der Dogmendiskussion herangezogen wurde und von der Kirche genehmigt ist, neben zwei alttestamentlichen Stellen (Gen. 2, 21ff. und 2, 22: "Rippentheorie") vor allem das Zeugnis der Tradition heran: "Die Väter lehren übereinstimmend, daß Gott den ganzen Menschen, nach Leib und Seele, unmittelbar erschaffen hat. In der Schöpfungsweise Evas sehen sie die wesentliche Gleichstellung der Frau mit dem Manne (!), die göttliche Einsetzung der Ehe und den Ursprung der Kirche und der Sakramente aus der Seitenwunde Christi, des zweiten Adams, versinnbildlicht." (Ott, S. 115) Daß die Berufung auf den biblischen Schöpfungsbericht nicht immer sinnvoll ist, zeigt auch die folgende Diskrepanz zwischen Naturwissenschaft und Glaube: Entgegen einer wissenschaftlichen Theorie "wonach die verschiedenen Rassen sich von mehreren getrennten Stämmen herleiten (Polygenismus)", lehrt die Kirche, daß die ersten Menschen, Adam und Eva, die Stammeltern des ganzen Menschengeschlechts sind (Monogenismus). "Die Lehre von der Einheit des Menschengeschlechtes ist zwar nicht Dogma, aber die notwendige Voraussetzung für die Dogmen von der Erbsünde und der Erlösung. Nach einer Entscheidung der Bibelkommission11 ist die Einheit des Menschengeschlechtes zu den Tatsachen zu rechnen, die die Grundlagen der christlichen Religion berühren und deswegen im buchstäblichen, geschichtlichen Sinn aufzufassen sind." (DS 3514) (Ott, S. 115f.) 9 DS wird im ff. als Abkürzung verwendet für Denzinger-Schönmetzer (a.a.O.); die jeweilige Nummernangabe entspricht dem dort niedergeschriebenen Dogmensatz der Kirche. 10 Ott, wird im ff. verwendet als Abkürzung für Ott, Ludwig: Grundriß der katholischen Dogmatik, a.a.O.; dieses präzise, allgemein verständliche Werk, das in 10. Auflage erschienen ist, bietet die Grundlage zur Untersuchung der kirchlichen Lehre 11 Bibelkommission vom 30.6.1909 (DS 3512-3519), deren "Entscheidung nicht unfehlbar ist, aber als Norm kirchlicher Lehre gewertet werden muß" (Neuner-Roos, a.a.O., S. 90.)

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