Reinkarnation - eine urchristliche Lehre

- 68 - fanatiker, durch den Patriarchen Theophilus, in Brand gesteckt.140 Damit wurde wertvolles Kulturgut unwiederbringlich zerstört und die historische Forschung sehr erschwert. Die Gelehrsamkeit des Origenes auf theologischem Gebiet veranlaßte den damaligen Bischof von Alexandria, Demetrius, diesen Sachkenner auf Missionsreisen zu schicken, insbesondere wenn es darum ging, Meinungsstreitigkeiten unter Theologen zu widerlegen. Auch vertraute er ihm die Leitung der Katechetenschule in Alexandria an, also ein kirchliches Lehramt. Der Ruhm von Origenes Sachkenntnis drang so weit, daß selbst der Statthalter von Arabien (215 n. Chr.) und die Kaiserin Julia Mammaea (219 n. Chr.) von Origenes persönlich in der christlichen Lehre unterwiesen zu werden wünschten. Origenes wurde immer mehr zu dem meistbeachteten Kirchenvertreter der damaligen Zeit, dessen Kenntnisse und Glaubenslehren nahezu 20 Jahre akzeptiert, ja gerühmt wurden und unwidersprochen blieben. "Origenes wollte orthodoxer Christ sein, was sich schon daraus ergibt, daß er auf die Lehrverkündigung der Kirche großen Wert legte und daß er einen Irrtum in der Lehre für schlimmer hielt als eine sittliche Verfehlung",141 urteilt die heutige Patristik. Trotzdem blieben diesem begeisterten christlichen Lehrer die menschlichen Enttäuschungen nicht erspart. Als ihn in Caesarea in Palästina die dortigen Bischöfe nach längerer Lehrtätigkeit und aufgrund seiner steigenden Bekanntheit und Beliebtheit zum Presbyter (Priester) weihten,142 sah der Bischof Demetrius in seiner Heimatstadt Alexandria, einst sein Freund und Förderer, darin einen Eingriff in seine Rechte und veranlaßte, daß Origenes auf zwei ägyptischen Synoden in seiner Abwesenheit die Priesterwürde aberkannt und er selbst gebannt wurde (231 n. Chr.). "Origenes wurde ausgerechnet von dem Bischof zum ersten Mal der Irrlehre bezichtigt, der einst den Grundstein seines theologischen Rufes gelegt hatte. Die wahren Motive waren jedoch gekränkte Eitelkeit und Neid des Demetrius auf den Schüler, der seinen Vorgesetzten weit übertroffen hatte."143 "Der 'Fall Origenes' ist das erste berühmte Beispiel eines Konfliktes zwischen der freien, nicht amtlichen Vollmacht eines unabhängigen Lehrers mit der Autorität der über ihm stehenden kirchlichen Behörde ."144 War also der Kampf um die Wahrheit auch schon hier letzten Endes ein Kampf um die Macht des kirchlichen hierarchischen Systems? Bestimmte der geweihte Amtsträger oder der theologische Sachkenner über die Wahrheit einer Lehre? Wurde Origenes noch zu Lebzeiten von einem Sachkenner gleichen Ranges geistig widerlegt, ja hatte er überhaupt die Chance zu argumentieren? Das Machtgebaren der kirchlichen Amtsträger machte eine faire geistige Auseinandersetzung unmöglich. Geistig führende Theologen vertraten auch nach Origenes Tod seine Lehre, doch die Anhänger der Kirchenhierarchie erregten gegen ihn eine so erbitterte Stimmung, daß sogar das Lesen der origenistischen Schriften im 3. Jahrhundert teilweise als Häresie betrachtet wurde.145 140 Tschudin, a.a.O., S. 103 141 Altaner/Stuiber, a.a.0., S. 198 142 Eusebius, VI, 2, 3 a.a.O., S. 297 143 Kettler, "Origenes", a.a.O., S. 1693f. 144 Campenhausen, Griechische Kirchenväter, a.a.O., S. 55 145 Hergenröther, a.a.O., S. 1074

RkJQdWJsaXNoZXIy MjI1MzY3