Zeilen aus dem Jenseits

Teresa – Ullis Urgroßeltern? Im Raum ist es beinahe unheimlich still. Ich höre meinen eigenen Atem und mit einem Mal eine kurze, klare Meldung aus der anderen Welt in meinen Gedanken. Ich verstehe und höre die Worte ganz deutlich: „Die beiden Gesuchten können doch weder lesen noch schreiben – sie verstehen einfach nicht, was du von ihnen willst!“ Wie befreit lege ich den Kugelschreiber weg, schiebe erleichtert den Schreibblock zur Seite und stehe auf. „Du, Ulli, ich habe schon Kontakt und versuche über ein Gespräch sie zu erreichen. Ich weiß jetzt, wo ich sie finden kann. Halte mir bitte, so fest wie nur möglich, die Daumen!“ Ulli ist einverstanden, denn es ist ihr völlig gleichgültig, wie ich es mache, wichtig ist nur, dass sie endlich Auskunft und Gewissheit über diesen Teil ihrer Familie erhält. Sie hat absolutes Vertrauen in meine Fähigkeiten, sie ist sich meiner Sache völlig sicher. Ich nicht unbedingt, denn das Geschehen fühlt sich doch etwas eigenartig für mich an. Langsam wechsle ich meinen Schreibtischplatz mit dem wesentlich bequemeren Lehnsessel. Meine anfängliche Nervosität ist einer gewissen Ruhe gewichen. Die Sicherheit über meine Tätigkeit ist wieder fest in mir verankert. Irgendwie spüre ich, fühle ich, dass alle Vorbehalte meinerseits nichtig geworden sind. Ullis Urgroßeltern sind noch da, sie sind erreichbar, es gibt sie noch irgendwo da „oben“. Entspannt lehne ich mich in meinem Lehnsessel zurück, schließe meine Augen und gehe auf die Suche nach Aloys und Teresa Horvath, die seit dem Jahre 1943 verschollen sind. Die keinerlei Nachricht für die Nachwelt hinterlassen haben. Zwei Menschen, spurlos verschwunden, so als ob es sie nie gegeben hätte. Teresa und Aloys, Roma-Zugehörige und Ullis Urgroßeltern. Teresa und Aloys, wo seid ihr bloß abgeblieben? Wo kann ich euch erreichen? Wie kann ich euch finden? Was ist mit euch geschehen? Meine Gedanken, meine Empfindungen, meine Fragen wandern weit hinaus in eine mir unbekannte und doch so vertraute Welt. Wolkenartige Gebilde ziehen an mir vorüber und ziehen mich gleichzeitig immer tiefer in sie hinein. Leichte, nebelartige Schleier legen sich über meine inneren Augen – ich habe sie weit geöffnet. Meine körperlichen Augen halte ich fest geschlossen, ich atme ruhig

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