Zeilen aus dem Jenseits

als die Probleme, für die ich sie anfänglich gehalten habe. Hilfe von „oben“? Selbstverständlich sind alle dieser Meinung – ich auch. Ulli und Mathias besorgen ein kleines Kreuz aus Holz und schreiben die Namen der Urgroßeltern darauf. Ebenso gibt es zwei kleine, weiße Zettel, auf denen die Namen Aloys und Teresa stehen. Dann besorgt Ulli noch eine Laterne, in der sie bereits eine Kerze gestellt hat. An einem noch warmen Herbsttag gehen wir gemeinsam mit Susanna an das Grab ihrer Eltern und ihres Sohnes. Susanna hält eine ergreifende Grabrede im Sinn des kirchlichen Glaubens. Ulli und Mathias heben zwei kleine Gruben aus, legen die Namenszettel hinein und bedecken sie sanft und liebevoll mit Erde. Dann verankern sie das kleine Holzkreuz neben Susannas Grabstein und zünden die Kerze in der Laterne an. Gemeinsam sprechen wir noch ein Gebet. Es ist uns ganz feierlich zumute über die Ernsthaftigkeit des Geschehens. Ich schicke ein Stoßgebet nach „oben“: „Bitte, lasst es jetzt genug sein und gebt den beiden Seelen die Sicherheit, dass ihr GOTT nun mit ihnen zufrieden ist.“ Einige Wochen sind vergangen. Ich habe das Gefühl, dass es meinen beiden Schützlingen jetzt endlich wieder gut geht. Aber, was ist, wenn doch nicht? Ulli will es ebenso ganz genau wissen, deshalb nehme ich eines Tages wieder Platz in meinem Lehnsessel und gehe neuerlich auf die mentale Suche nach Aloys und Teresa. Es fällt mir sehr leicht, die beiden auf ihrer neuen Ebene zu entdecken. Ein klares Bild zeigt sich nun, ein kleines Dorf entsteht vor meinen inneren Augen, ein nettes Häuschen mit weißen Mauern und kleinen Fenstern wird erkennbar. In einem gepflegten Garten blühen Blumen, der Tag ist hell und freundlich. Dann zeigt sich mir eine kleine Stube, Sonnenlicht fällt durch ein weit geöffnetes Fenster. Teresa sitzt auf einem Stuhl und bestickt mit bunten Fäden ein Kleidungsstück. Sie hat mich noch nicht gesehen und ist ganz in ihrer Arbeit vertieft. Aloys nickt mir freundlich zu, er hat mich sichtlich schon erwartet. Auch er ist beschäftigt. Auf dem Tisch neben Teresa liegt Werkzeug ordentlich aufgereiht und sortiert. Um welche Art Werkzeug es sich handelt kann ich nicht ersehen. Aloys trägt eine für mich altmodische Arbeitshose und ein dazugehöriges Hemd. Ich kenne diese Kleidung von alten Fotos her und weiß, dass es sich um die Zwischenkriegszeit handelt. Auf einem Stuhl neben dem Tisch liegen eine alte Fidel und ein Geigenbogen. Auch steht eine nicht mehr ganz neue Ziehharmonika in einer Ecke des Zimmers. Das kleine blondlockige Kind in dem weißen Kleidchen sitzt auf einem Schemel neben Teresa und beobachtet fasziniert deren Stickarbeit. Mich streift nur ein kurzer Blick aus seltsam irisierenden blauen Kinderaugen. Wer ist nur dieses kleine Mädchen mit

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