Ob ihre Eltern Frieden mit Vater Karl geschlossen haben, wissen wir alle noch nicht. Aber Ullis Vater beschäftigt sich mehr denn je mit dieser Thematik, denn er „verschlingt“ förmlich ein Buch nach dem anderen. Praktisch für Ulli, denn sie hat jetzt immer ein passendes Geschenk bereit. Sie ist selbst der Meinung, man könne gar nicht genug Bücher lesen. Mich freut das ungemein, denn diese Ansicht ist genau das, was für mich so wichtig ist: Menschen auf eine andere Sichtweise hinzuweisen und, wenn es irgendwie möglich ist, ihre Neugier dahingehend zu wecken. Eines Tages ist Ulli wieder bei mir, diesmal ohne Mathias, und bittet mich um eine neuerliche Botschaft ihres Großvaters. Ich schau sie verschmitzt an, drücke ihr einen Schreiber in die Hand, rücke einen Sessel zurecht, lege den Schreibblock vor sie hin und sage lachend zu ihr: „Da, setz dich nieder und schreib doch selbst. Du kannst das, ich weiß das, also, tu es.“ Ulli ist nicht einmal sehr überrascht, sie hat wohl Derartiges schon längst von mir erwartet. Widerspruchslos setzt sie sich, nimmt den Schreiber fest in die Hand, rückt sich den Schreibblock zurecht und fragt, nun doch etwas unsicher geworden: „Und, was soll ich jetzt tun?“ Ich weise sie an, sich ganz in sich zu versenken, sie soll sich einfach nur in sich hineindenken, und das zu Papier bringen, was sie in sich fühlt. Ganz gleich, was da kommt, auch wenn es nur einzelne Worte sind. „Höre auf die Stimme in dir, genauso wie in den Meditationen. Du machst das immer sehr gut und du weißt, dass du diese Fähigkeiten hast. Setz dich einfach auch mit deinem Seelenteil Paula in Verbindung. Lass alles andere weg, du bist jetzt deine eigene Großmutter.“ Ulli nickt mir zu, mit diesem Vorschlag kann sie sich einverstanden erklären. Nach einem kurzen Moment schließt sie ihre Augen, ihr Gesichtsausdruck verändert sich und mit einem Mal beginnt sie zu schreiben: Mein Liebes! Wo warst du so lange? Ich warte immer auf dich. Was soll ich dir von damals erzählen? Du warst ja dabei! Denke doch nach! Ich will nicht mehr an die Schmach denken, das Elend, das uns umgab. Ich konnte nicht ausbrechen. Es war ein Teufelskreis. Ich liebte unsere Kinder, aber sie waren besser ohne uns dran. Ich habe sie in Gedanken immer begleitet, aber sie wollten von mir nichts
RkJQdWJsaXNoZXIy MjI1MzY3