Zeilen aus dem Jenseits

einige wichtige Fragen erhalten – das genügt ihr. Was nicht geht, geht nicht und es ist eben so, wie es ist. Ende September 2009. Obwohl Linda das Thema „Mutter“ bereits beendet zu haben glaubt, sitzt sie nun doch noch einmal vor mir. Sie will einfach wissen, warum ihre Mutter absolut keine eigenen Kinder wollte. Linda hätte so gerne Kinder in die Welt gesetzt, es war ihr größter Wunsch. Doch nach einigen Fehlgeburten musste sie mit bitterer Enttäuschung erkennen, dass dieser Wunsch nie in Erfüllung gehen würde. Ihre Mutter hatte ein Kind – ein gesundes Kind – geboren und notgedrungen auch aufgezogen. Warum wollte sie dieses Kind nicht? Warum musste Linda ein ganzes Leben unter der Lieblosigkeit ihrer Mutter leiden? Wieder meldet sich Lindas Mutter sehr schnell zu Wort: Hallo Linda! Nein, du hast nicht recht. Ich wollte im Prinzip überhaupt keine Kinder, auch dich nicht. Aber wenn, dann einen Sohn. Aber überhaupt, ich wollte keine Kinder! Ich wollte mein Leben für mich, es war anstrengend genug in dieser Zeit. Und – ich hatte so viel Angst. Das habe ich erst jetzt begriffen, dass hinter meiner Art die Angst gestanden ist. Die Angst, alles zu verlieren. Alle hatten damals Angst, jeder hat vor irgendetwas Angst gehabt. Ich auch, und das musst du verstehen. Du musst das einfach verstehen, auch wenn du es nicht verstehen kannst. Du hast ja auch so viele Ängste. Du hast Angst davor, dass du alleine bist, du fürchtest dich vor deinen körperlichen Zuständen und ich glaube, du hast Angst vor dem Sterben. Das ist berechtigt, weil man nicht weiß, wie es ist, und das stimmt. Ich entschuldige mich nicht, weil ich keine gute Mutter war. Ich war so, aber du solltest mir verzeihen, denn du weißt nicht, wie man als Mutter reagieren muss. Mutter sein ist eine endlos lange Geschichte, man hört nie auf damit. Wo bleibt da das Leben, die eigene Persönlichkeit. Ich habe alles getan, was ich tun konnte, ich war nicht perfekt, das gebe ich zu. Was ich will, ist leicht zu sagen: Versuch mich als den Menschen zu sehen, der ich war und nicht unbedingt nur als deine Mutter. Bitte hör auf mit mir zu hadern. Ich gebe zu, ich habe als Mutter viel falsch gemacht. Aber ich war auch ein Mensch – habe ich nur Schlechtes getan? Du

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