hoch. Was denkt sie sich, was ich jetzt tun soll? Das war kein Gruß, keine Bitte, das war eine klare Aufforderung, einfach nur eine Feststellung. Es muss aber eine äußerst dringende Situation sein, sonst wären die Sätze mit den Forderungen nicht so schnell in meinen Verstand gedrungen. Was solls, jetzt gibt es nur mehr ein Weitermachen! Mit lauter Stimme frage ich die Seele hinter mir, warum ausgerechnet ich ihre Wünsche weiterleiten soll. Weil du die Einzige bist, auf die ich mich immer verlassen konnte! Wieder Schweigen, eine kurze Pause. Ein posthumes Kompliment – ein posthumes „Dankeschön“ – nein, ich fühle mich wieder einmal in die totale Verantwortung genommen. Eine Erinnerung an unsere gemeinsame Vergangenheit im Leben, ein beengendes Gefühl, eine mir sehr gut bekannte Situation erwecken meinen inneren Zorn. Schon wieder ich, warum ausgerechnet immer ich? Hat das denn nie ein Ende? Da fällt mir plötzlich ein, dass mein Zorn gegen eine Tote gerichtet ist. Kann man mit Verstorbenen streiten? Ich komme mir mit einem Mal richtig blöd vor. Zu Diskussionen war meine Großmutter als Mensch nie bereit. Nun, was soll diese Szene, reden wir eben miteinander. Und siehe da, die zornigen Gefühle weichen zurück, meine Gedanken werden wieder klarer. Und da sind sie auch schon, die weiteren Wünsche aus der anderen Welt. Ich erfahre genau, wo sich meine Großmutter inkarnieren wird, sie zeigt mir die von ihr erwählte Familie auf und nennt mir den ungefähren Tag ihrer menschlichen Geburt. Meine Aufgabe wird es sein, all das an die betreffenden Eltern weiterzugeben, denen planmäßig in einigen Monaten Zuwachs ins Haus stehen wird. Das Gute daran ist, dass mir diese Menschen bekannt sind, das weniger Gute: Wie bringe ich das alles dem zukünftigen Elternpaar bei? All diese Voraussetzungen sind nicht in Worten und Sätzen in meinen Verstand eingedrungen, sie kamen in Bildern und sind vor meinen Augen wie ein Film gelaufen. Deutlich und verständlich, ich kenne mich also aus. Ich beschließe somit für mich, die Wünsche meiner Großmutter weiterzuleiten, auch wenn sich die Situation als nicht so ganz einfach erweist. Aber ich bin es gewohnt, als „eigenartig“ dazustehen und werde dies also tun. Worauf ich mich nämlich
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