Als ich hier angekommen und aufgewacht bin, war niemand da, auch ich im Prinzip nicht. Es war alles grau in grau, ich war nur eine leere Hülle. Eine endlos lange Zeit ist vergangen, die Zeit, die ich gebraucht habe, um zu verstehen. Dann auf einmal, mit einem Mal, begann ich zu verstehen: Ich verstand meine gegenwärtige Gegenwart. Da begann ich nach Hilfe zu rufen, nach Hilfe zu schreien. Ich schrie aus voller Kehle, ich schrie endlos lange, ich schrie eine Ewigkeit um Hilfe – es hat mich keiner gehört, da war niemand. Das, was tatsächlich da war, war rund um mich: Endlose Traurigkeit und absolute Lähmung, das war alles, was war. Aber irgendwann, auf einmal, plötzlich habe ich in dem grauen Grau ein Licht gesehen, einen kleinwinzigen Funken, schmal nur, kaum erkennbar und doch sehr deutlich. Da rief mich mit einem Male eine Stimme und sagte, ich solle kommen, zu ihr kommen! Da bin ich hingegangen. Es war irgendwie seltsam, unwirklich, und die Stimme hat wieder zu mir gesprochen: Sie sagte, ich solle hinschauen. Da habe ich tatsächlich hingeschaut und die Stimme sagte erneut zu mir, ich solle mit ihr mitkommen und da bin ich mitgegangen. Einfach mit der Stimme mitgegangen! Einen langen, einen endlos langen Weg. Am Ende dieses Weges habe ich dann endlich sehen können und ich habe dich gesehen und mit einem Mal gewusst, was eigentlich geschehen war, und dass ich etwas getan habe, das ich niemals wieder werde gutmachen können. Und ich wollte doch nur endlich Frieden haben, Ruhe und Frieden und keine Angst mehr! Aber die Stimme hat zu mir gesagt: „Sieh ihr Leid! Geh hin zu ihr in all ihrem Schmerz und sieh sie dir an!“ Ich bin zu dir hingegangen, bin bei dir gewesen, und habe all dein Leid, deinen Schmerz gespürt, gefühlt und miterlebt. Es hat mir schier das Herz zerrissen, meine Seele hat vor Pein laut aufgeschrien. Und plötzlich habe ich wieder klar und deutlich denken können und ich habe alles auf einmal erkannt. Und da habe ich bereut, habe meine Tat aus ganzem Herzen und aus ganzer Seele bereut, tief bereut. Mit einem Mal war mir bewusst, dass du meine Ruhelosigkeit, meine Angst und meine Verzweiflung mitübernommen hast – das ist die nackte Wahrheit, so sieht sie aus! Aber das habe ich doch nie, niemals und zu keinem Augenblick gewollt – das nie und nimmer! „Trotzdem hast du es getan, wieder und immer wieder hast du es getan!“ Die Stimme hörte einfach nicht auf zu reden: „Weil du ein Feigling bist, ein grenzenloser Feigling!“ Da habe ich es mit einem Mal begriffen und die mir unbekannte Stimme erkannt: Es war meine Stimme, meine eigene Stimme! Ich war es, der da gesprochen hatte, ich war es, ich hatte MIR MEINE WAHRHEIT gesagt, und das war entsetzlicher als die Tat, die ich dir angetan habe. Nun weiß ich es endlich ganz genau: Ich bin ein grenzenloser Feigling, ein nicht zu kontrollierender
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