gewesen, einen schwächeren Menschen zu sekkieren (quälen, Anmerkung Hrsg.) – habe ich das getan? Warum hast du dich nie gewehrt? Ich weiß ja, dass du ein Haserl bist, aber Haserln haben doch auch Zähne oder? Es geschieht jetzt so viel, und ich fühle mich nicht gut. Es geht um dieses Buch, mein Lebensbuch – ich soll es endlich aufschlagen – UND ICH WILL NICHT. Was vorbei ist, ist vorbei und vergessen – er sagt NEIN – das ist nur auf der Erde so, bei den Menschen – nicht hier. Hier ist jedes Wort aufgespeichert, jedes, das einmal gesagt worden ist – von MIR. Das ist ganz großer MIST, denn ich weiß, dass ich viele Worte gesagt habe, die ich nicht hätte sagen sollen – aber er sagt, was geschehen ist, ist geschehen – endgültig. Meine geschiedene Frau weiß so viel von all den Worten und sie ist noch immer böse auf mich. Jetzt soll ich auch sie um Entschuldigung bitten. Aber, bitte, soll sie sich doch zuerst entschuldigen, sie hat doch immer das erste und das letzte Wort. Wieso ich – ich war an dem Ganzen doch nicht schuld. Er sagt – oh ja – aber er lügt! Jetzt ist er böse, nein traurig, weil ich doch ganz genau weiß, dass hier keiner lügen darf. Naja. Ich will auf jeden Fall nicht um Verzeihung bitten – auf KEINEN FALL. Mit diesen letzten Sätzen wandte sich Karl ganz von mir ab und schwieg eine Weile tief beleidigt und tief verletzt. Er war unsicher geworden, das bewiesen die Nachfragen, seine Haltung und die Schwingungstendenz seiner Gefühle. Es steckte so viel Energie in seinen Sätzen, dass ich kaum mit dem Schreiben nachkam. Karls Gefühlswelt war total aufgewühlt und zerrissen. Er hatte begriffen, dass da mit seiner Lebenseinstellung einiges nicht in Ordnung war und dass sein „Macho-Gehabe“ wohl nichts mehr zählen würde. So gesehen hatte er in den letzten Tagen – irdisch gesehen – einiges dazulernen müssen und ich spürte ganz deutlich seinen Widerwillen. Maria bestätigte mir nun auch seine – ganz auf den Mann aufgebaute – „Selbstverständlichkeit des Verletzen-Dürfens“ und des „Frauen-Missachtens“. Für ihn hatte nur er gezählt und es war ihm wichtig, ein gutes und geruhsames Leben zu haben – mit einer Frau an seiner Seite, die mit all seinem Gehabe einverstanden war. Ja, er war ein „Herrschertyp“, ein „ganzer Mann“ gewesen, er war es und – allem Anschein nach – war er es noch immer. Maria erklärte ihm in aller Ruhe, er müsse sie nicht um Verzeihung bitten, sie hätte ihm sein Fehlverhalten längst verziehen. Sie liebe ihn doch, und Liebe verzeiht alles. Auch stellte sie ihm einige Fragen. Seine Antwort war folgende:
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