Zeilen aus dem Jenseits

erzählen. Sie beginnt zu strahlen, Freude mischt sich mit den zahllosen Tränen und bringt einen winzigen Schimmer an Glanz in ihr Gesicht. Das ist also die Geschichte von Pauli: Als winziges „Katzen-Baby-Bündel“ hat sie ihn von der Straße aufgelesen und an ihr Herz genommen. Sein Name stand in seinen großen, grünen Augen. Laut schnurrend nannte er sich sozusagen selbst „Pauli“. In den folgenden Wochen und Monaten wurde aus dem braunen Fellbündel ein liebenswerter, anschmiegsamer, getigerter Kater. Aristokratisch-edle Schönheit hatte er nicht zu bieten, sein charmantes Wesen aber übertraf alles, was er zu geben hatte. Wenn Petra traurig war, weil in ihrem Leben einiges nicht so geschah, wie es sein sollte, lag er auf ihrem Kopfpolster und schnurrte ihr seine «Liebes-Melodie» ins Ohr. Erst wenn sie wieder ein wenig Fröhlichkeit zeigte, hörte er damit auf und widmete sich wiederum seinem eigenen Katzenleben. Wenn Petra lustig war, spielte er ihr großartige Kunststücke mit der Fellmaus vor, oder er tobte mit dem Papierknäuel herum, das sie an einem langen Gummiband an der Türschnalle befestigt hatte. Ganz gleich, mit welchen Gefühlen Petra von der Arbeit nach Hause kam, Pauli wusste ganz genau, wie es um sie stand. Er war ihr „Superheld“ und sie seine „Zauberfee!“ Aber das war die Vergangenheit – in der Gegenwart gibt es keinen Pauli mehr! Die Zukunft erscheint Petra leer und unendlich einsam. Wie automatisch beginnt sie wieder in ihrer Handtasche zu kramen und – ja, da ist ja der Umschlag mit Paulis Fotos. Ich atme erleichtert auf, die Situation zeigt eine positive Wende. Während sie mit begeisternden Worten über das Leben mit ihrem Katzenliebling erzählt, habe ich in Gedanken meine bereits vor vielen Jahre verstorbene Mutter gerufen und sie gleichzeitig gebeten, mir hilfreich zur Seite zu stehen, auch wenn es keine Fotos von Pauli geben sollte. Seit einigen Minuten steht die Seele meiner irdischen Mutter schon hinter Petra und hüllt sie in tiefer Liebe ein. Wer konnte das besser als diese Frau, durch deren Hände während ihres Erdenlebens unzählige Katzen betreut wurden, betreut in hingebungsvoller Liebe und Zuversicht. Petra beginnt wieder zu schluchzen, sie will einfach nur wissen, wo ihr Pauli jetzt ist…ob es ihn noch gibt und wenn ja, wie es ihm geht. Ich setzemich an meinen Tisch und beginne das aufzuschreiben, was mir meine Mutter, nein, was mir die Seele Lieselo diktiert:

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