Zeilen aus dem Jenseits

auch, auch sie, die da schreibt. In diesen Kokon muss man ein Loch fressen, um hinausschauen zu können. Aber – um Löcher zu fressen muss man um das Bestehen von Löchern wissen. Ich hab es nicht gewusst, du hast es irgendwann gelernt und sie kann und weiß es. Aber, glaube mir, ein gelebtes Leben ist ein gelebtes Leben, und nichts und niemand kann etwas daran ändern. Es ist so, weil es so war – so sagt natürlich mein Freund, dem ich viel zu verdanken habe. Ich bin jetzt sehr viel bei dir und darf auch einiges für dich tun. Und, um auch ein wenig „nachzuholen“, durfte ich ein wenig Liebesschwingung bringen – das ist die Sache mit den Kindern. Hier wird von „oben“ Regie geführt – glaube mir, auch das stimmt. Wenn die Menschen nicht alles mit Hass und Gier blockieren, können die „guten Geister“ ihres Amtes walten – und jetzt, wo ich „tot“ bin, ist der Hass endlich zum Stillstand gekommen. Und ich genieße auch ein wenig die Zuneigung, die dir entgegengebracht wird. Du bist ein sehr liebenswerter Mensch von der Seele her, vielleicht ein wenig zu weich und empfindsam, aber liebenswert. Und diese Gefühle kommen jetzt ungehindert zu dir, weil ich nicht mehr dazwischenstehe. Es ist recht interessant, wie Hass funktioniert. Es ist die grausamste menschliche Erfahrung seit Bestehen dieser Erde. Warum sprichst du eigentlich nicht mit mir, wo ich doch so oft neben dir stehe? Ich möchte so gerne mit dir reden, aber du musst in lauten Worten reden, sonst kann ich nichts hören. Bitte, rede mit mir und höre genau in dich hinein. Ich gebe dir Antwort aus dem Herzen und du hörst sie im Kopf. Lass dich nicht irritieren, du bist weder verrückt noch spinnst du – vertrau dir und hab den Mut. Unser Freund sagt, jetzt ist die Zeit reif – reden geht schneller als schreiben. Bitte, versuche es, es wäre so wichtig für uns beide. Ich liebe dich doch und ich möchte länger mit dir sein, aber, das Schweigen ist recht schwer für mich. BITTE VERSUCHE ES. In treuer Liebe und Ergebenheit, dein Karl Marias Reaktionen auf Karls Briefe waren recht unterschiedlich. Einerseits war sie glücklich über seinen Lernerfolg – er baute sichtlich sein Wissen Schritt für Schritt auf und teilte es ihr in froher Stimmung mit. Andererseits – sie wusste, wo er war, und trotzdem wollte sie ihn unbedingt an ihrer Seite wissen. Er sollte zwar „DRÜBEN“ bleiben, aber dennoch „bei ihr“ sein. Sie rang und kämpfte mit sich, sie bemühte sich – es gelang ihr persönlich nicht, alleine mit ihm Kontakt

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