Zeilen aus dem Jenseits

irgendwie im Stich gelassen habe, und ich weiß, wie sehr du gelitten hast, und ich weiß, dass dieses „Glücksgefühl“ nicht für alle Erdenzeit anhalten wird, aber ich weiß auch, dass du dir dieses „Hochgefühl“ bitter, sehr bitter verdient hast, weil du so sehr gelitten hast. Es ist unsere eigene Unzulänglichkeit als Menschen, die uns immer wieder Möglichkeiten vorgibt, Möglichkeiten, die es überhaupt nicht gibt, es sei denn, wir erschaffen sie selbst. Du bist ein anständiger Mensch, eine gute, moralische Frau, aber vergiss nicht, dass ich keinerlei Rechte an dir habe, nie gehabt habe und – demzufolge – sie auch nie und nie mehr einsetzen werde. Ich bin eifersüchtig, ja, aber nur, weil ich nicht bei dir als „Mann“ sein konnte, nicht auf den anderen Mann, der jetzt so kurz deine Nähe streifte. Mein Freund – du weißt schon – er hat mir alle meine Leben aufgelistet und mir gezeigt, was Eifersucht alles anrichten kann. Glaube mir, ich bin geheilt, und du solltest dich auch mit diesem Thema ganz objektiv auseinandersetzen. Ich liebe dich immer noch, es ist eine tiefe, ewige Liebe, von Sexualität frei und auch von Emotionen. Meine Liebe zu dir ist die ganze tief menschlich-irdische, jedoch sauber und rein. Nicht, dass unsere Liebe „lasterhaft“ war, nein, nur so eine Art von Eisengerüst, aus dem es kein Entrinnen gab. Nun ist sie glänzend und mild, jedoch tief und fest – auf wen sollte ich eifersüchtig sein? Auf eine neue Art von Kerker? Glaube mir, Kind, du bist schon recht, so wie du bist, und ich gönne dir alles Glück der Erde – bis du bei mir bist! In tiefer Liebe, dein Karl Ich wollte keine Fragen an Maria stellen, ich wollte auch nicht in ihre Seele dringen. Das, was ich herausfand, war deutlich genug zu erkennen: Sie hatte im Urlaub eine Art „Flirt“ und gleichzeitig dadurch ein schlechtes Gewissen ihrem Karl gegenüber. Für sie war die Situation unklar – Karls Botschaft jedoch war klar und deutlich: Er hatte keinerlei Rechte an ihren Entscheidungen und gab Maria somit frei. Sie sollte ihr Erdenleben in Ruhe und Glück weiterhin verbringen – das war sein Wunsch und sein Wille. Marias frohe Augen sagten mir alles. Sie war glücklich über Karls „Worte“ und begann, langsam ihr eigenes Leben wieder aufzunehmen. Ein Leben ohne Karls Gegenwart, ein Leben mit Aufgaben und vielerlei Interessen. Sie wollte auch nicht mehr länger zu Hause sitzen und sich in der Vergangenheit verlieren. Schließlich waren da noch Freunde und Familienangehörige – viele Monate, ja, ein ganzes Jahr lang hatte sie auf alles und auf jeden verzichtet und beinahe auf sich vergessen. Der Alltag

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