Zeilen aus dem Jenseits

Manchmal frage ich mich, ob es immer eine gute Lösung ist, sich für Fragen oder Probleme mit den „Toten“ in Verbindung zu setzen. Es ist ja nicht immer so, dass die Lebenden durch derartige Unternehmungen nur Positives erleben. Doch dann denke ich an meine verstorbene Mutter, mit der ich – nach ihrem Tod – eine wunderbare Beziehung aufbauen konnte. Das, was sie mir im Leben nicht gegeben hat, durfte ich nach ihrem Heimgang erfahren. Sie hat mir meine Fähigkeiten aufgetan, sie war meine Lehrerin, sie hat mir diese Welt von „DRÜBEN“ aufgezeigt. Gemeinsam mit ihr habe ich diese Welt erforscht und durch sie gelernt, wie man mit diesem Wissen umzugehen hat. Sie war als Mensch schon meine beste Freundin, nach ihrem Tod wurde sie meine wundervolle Kameradin. Durch ihre mentale Gegenwart ist ihr schmerzhafter Verlust für mich erträglich geworden. Ja, ich behaupte heute, ihr körperlicher Tod war für mich und mein folgendes Erdenleben das Beste, das mir widerfahren ist. Ich verdanke ihr, dass sie ein ganzes irdisches Leben hindurch meine mentalen Fähigkeiten nicht nur respektiert, sondern auch gefördert hat. Sie war diejenige, die mich immer ernst genommen hat. Speziell dann, wenn Sätze wie „die ist ja nicht normal“ oder „was die nicht schon wieder weiß“ im Raum gestanden sind, waren ihre Worte: „Ich weiß, du bist etwas Besonderes!“ Dann hat sie mir von ihren Wahrträumen erzählt und mir Mut gemacht, trotz allem mit beiden Beinen im Leben zu stehen. „Steck den Kopf in die Wolken, aber die Füße bleiben am Boden. So gehts und du wirst es schaffen!“ Und sie hatte Recht, das ist mir heute bewusst. Aus diesem Grund ist es für die lebenden Hinterbliebenen eine gute Möglichkeit, mit ihren Verstorbenen Kontakt aufzunehmen. Sei es, um Abschied zu nehmen, sei es um zu erfahren, ob ohnehin alles „so gelaufen ist“, wie es sein sollte. Und – vor allem – ob es ihnen da „DRÜBEN“ gut gehe. Also ermahne ich mich, diese Arbeit ist gut so, wie sie ist. Ich werde auch weiterhin die Vermittlerin von der einen Welt in die andere sein. Solange mich diese beiden Welten brauchen. Ich sehe Gerlinde an, sie ist noch ein wenig verwirrt. Die Mitteilung, noch einen Bruder zu haben, kann sie nicht so leicht verwinden. Jedoch ist sie eine vernünftige Frau und wird diese Information so nehmen, wie sie ist. Ein kleiner Ausschnitt aus dem Leben ihres Vaters, den sie nicht richtig kennenlernen konnte. Sie spürt das Vertrauen, das ihr Vater in sie setzt. Er hat ihr sein Geheimnis anvertraut. Ein Geheimnis, das er über viele, viele Jahre mit sich tragen musste. Seine Tochter wird es in der Weise hüten, wie er es in seinen Worten durchblicken ließ. Die Liebe eines Kindes zu seinem Vater macht auch das möglich.

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