Zeilen aus dem Jenseits

Sachen „Pullover“. Für dieses Hobby nimmt sie sich jede Menge Zeit. Der Vater ist mit dabei, sie spürt ihn, sie weiß, dass er „da“ ist. Ihr Ehemann akzeptiert diese Geschehnisse, er lässt sie das tun, was für sie gegenwärtig wichtig ist. Auch er leidet unter der angespannten Situation mit Gerlindes Mutter. Die Tatsache, dass Gerlinde den Zustand ihrer Mutter zu verstehen versucht, ist aber nicht die Lösung des Problems. Die Mutter ist weiterhin starrsinnig und kämpft verbissen um ihre „vermeintlichen Rechte“. „Es ist aussichtslos“, sagt Gerlinde, ich sage gar nichts. Zu oft höre ich dergleichen und bin dankbar dafür, es selbst nicht erleben zu müssen. Wieder sucht Gerlinde Hilfe bei ihrem Vater. Wieder erklärt dieser, aus welcher Ursache die Situation überhaupt entstanden ist. Tröstende, liebevolle Worte fließen aus meiner Feder. Es sind Worte der Überzeugung. Was Gerlinde will und braucht ist jedoch eine praktische Unterstützung. Die kann ihr der Vater nicht geben, sie weiß das, hofft jedoch immer stärker auf eine Art „Wunder aus dem Himmel“. Eines beginnt sie jedoch zu begreifen: Diese Situation wird einmal ein Ende haben, sie wird somit nicht ewig dauern. Das Wörtchen „ewig“ ist auf irgendeine Art in ihrem Verstand eingeprägt. Ihre große Verzweiflung beruht auf der Tatsache, dass sie die Situation mit ihrer Mutter ohne Ende sieht. „Soll das bis ans Lebensende so weitergehen?“ Ich kann sie beruhigen. Jeder Mensch muss einmal seinem eigenen Tod in die Augen sehen, niemand lebt „ewig“. Gerlinde muss umdenken, dann wird aus der Hoffnungslosigkeit ihrer Lage Zuversicht. Es wird und muss ein Ende haben. „Ich kann das alles nicht mehr ertragen“, sagt sie zu mir. Und dann bricht die Geschichte ihres Lebens aus ihr heraus. Ich höre zu, mehr kann ich nicht für sie tun. Bevor ich jedoch ihre Worte zu Papier bringe, will ich noch etwas dazu sagen. Es gibt viele Arten von Mütter auf dieser Welt: Das sind die liebevollen, verständnisvollen, zufriedenen. Es gibt auch Mütter, die für ihre Kinder zu heldenhaften Kämpferinnen werden und es gibt die Frauen, die Kinder zur Welt bringen und ihnen keine guten Mütter sind. Gerlindes Mutter gehört zur letzteren Art. Sie hat Gerlinde beinahe ein ganzes Leben mit Druck und Drohungen gezwungen, alles das zu tun, was sie als „Ältere“ besser zu wissen glaubte. Unglaubliche Erpressungsversuche sind ihr gelungen und es war ihr augenscheinlich völlig gleichgültig, wie sehr sie ihr Kind damit verletzt hat. Gerlinde war zu naiv, zu gutgläubig und unerfahren, um dieses „Spiel“ zu durchschauen. Sie folgte ihrer Mutter aufs Wort und verzichtete sogar auf

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