Zeilen aus dem Jenseits

Leben gegenübergestanden bist – ahnungslos naiv und dennoch mit einer gewissen Portion Schadenfreude (Frechheit?) ausgestattet. Das hat dir das Leben erleichtert, auch wenn so manches hätte einfacher sein können. Aber so ist das im Leben eben – wenn man älter ist, erkennt man seine „Dummheiten“, es ist aber meist keine Gelegenheit mehr, sie zu korrigieren. Und jetzt hast du es nochmals mit deinem Tornister zu tun – die starre, steife Mutter, der alte, eigensinnige Mann – du musst das nicht mitmachen. Du hast gute Gründe, es doch mitzumachen. Also, beiß deine Zähne zusammen. Es gibt Situationen, die man einfach nicht rückgängig machen kann … Das Ende dieses Briefes wird hier nicht weiter ausgeführt, denn er wird sehr persönlich. Alles will Gerlinde nicht preisgeben. Ein großer Teil ihres „Tornisters“ bleibt ihr als Eigentum! Ein wunderschönes „altes Wienerlied“ beginnt mit den Worten: Jeder trägt sein Binkerl … so manches Mal wächst sich dieses „Binkerl“ zu einem riesengroßen, prall und schwer gefüllten Rucksack aus, ein ins Unermessliche wachsender Tornister. So beschreibt Gerlindes Vater das Schicksal, das jeder Mensch zu „ertragen“ hat. Zu diesen Worten braucht es keine langen Erklärungen. Gerlinde weiß sofort, worum es in Wahrheit geht. In diesem Brief liegt ihre Vergangenheit klar vor ihren Augen. Sie versteht den Sinn in all den Briefen ihres Vaters von Mal zu Mal besser. Sie fühlt sich von Mal zu Mal wohler in „ihrer Haut“, weil sie sich sicher und geborgen weiß. Ich freue mich mit ihr, denn Gerlindes Schicksal ist mir nicht gleichgültig. Ich bin Gerlinde unendlich dankbar, dass sie den Mut hat, ihr Leben so vor Fremden auszubreiten. Wir alle lernen daraus, wie man sein Schicksal handhaben kann. Auch wenn es erst im gesetzten Alter geschieht. Es ist nie zu spät, einen Neuanfang zu wagen! Es ist auch eine wunderbare Möglichkeit, andere daran teilhaben zu lassen. Liebe kleine Linde! Nein, es gibt nichts Neues. Leider ist deine Mutter nicht bereit, diesen letzten Rest ihres mühselig gewordenen Lebens aufzugeben und ihren Körper zu

RkJQdWJsaXNoZXIy MjI1MzY3