Zeilen aus dem Jenseits

Gerlindes Mutter hat die Einverständnis-Erklärung zurückgezogen. Sie will nicht ins Pflegeheim, sie will unbedingt nach Hause. Zurzeit liegt sie im Krankenhaus, da der selbständige Aufenthalt in ihrer Wohnung aus gesundheitlichen Gründen unmöglich geworden ist. „Fort ist die Gelegenheit, Mutter in Sicherheit zu wissen. Was um Gottes Willen soll ich denn noch tun?“ Ich beruhige sie und versichere ihr, dass niemand ihre Mutter nach Hause schicken würde, da sie zurzeit ja im Spital liegt. Dort ist sie in Sicherheit und von dort aus wird jetzt entschieden, wie es weitergehen würde. Jetzt bekommt Gerlinde die Hilfe und Unterstützung, um die sie so sehr gebeten hat. Die Mutter bleibt im Spital, wo sie die beste Betreuung bekommt und wider Erwarten sich auch wohlfühlt. Dass Gerlinde die Welt jetzt nicht mehr versteht, verstehe ich sehr gut. So viele Anstrengungen, so viel „Theater“ um die Pflege-Situation und dann die Tatsache, dass der mehrwöchige Spitalsaufenthalt der Mutter gefällt, ja, dass sie diesen beinahe „genießt“ – wer kann das denn noch verstehen oder gar verkraften. Und nun–mit einem Mal–willigt die Mutter nochmals ein, einen Platz einer Pflegeinstitution anzunehmen. Ein „Wunder“ bewirkt aus der geistigen Welt? Oder vielleicht doch nur eine ganz normale Situation aus dem Leben eines alt gewordenen Menschen? Ganz gleich, mit welcher Betrachtungsweise diese Tatsache angesehen wird – für Gerlinde und mich ist es ein „Wunder aus der geistigen Welt“. Gerlinde fühlt sich hin- und hergerissen, denn mit einem Mal hat sich auch ihr Bruder in die ohnehin schon angespannte Situation eingemischt. Er fühlt sich auf einmal „verpflichtet“, etwas für seine Mutter zu tun. Das Problem – sein Problem – ist, dass er außerhalb der Stadt wohnt und ihm ein Pflegeplatz für die Mutter in seiner Nähe als beste Lösung erscheint. Die Handhabung, damit diese Lösung auch eintritt, überlässt er allerdings seiner Schwester. Er will augenscheinlich nichts tun, findet sich aber im Recht. Dass Gerlinde beim Gelingen seiner Forderung eine beschwerliche und weite Anreise zur Besuchszeit hätte, ist ihm gleichgültig. Er ist immer so gewesen, das ist seine Art. Gerlinde ist richtiggehend wütend auf die Forderungen des Bruders. Meine liebe kleine Linde! Es tut mir so leid, dass du jetzt so unglücklich und verzweifelt bist. Die Situation

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