LIESL und GUSTL Ich lerne Liesl kennen Irgendwann, zwischen Weihnachten und Ostern, sollte ich einen Vortrag über meine Tätigkeit als Therapeutin halten. Große Lust dazu hatte ich nicht, denn eigenartigerweise bin ich sprachlich eher zurückhaltend, wenn ich mich unter mir unbekannte Menschen begeben soll. Ich hatte aber zugesagt und musste in den für mich „sauren Apfel“ beißen. Immer und immer wieder passiert mir dieselbe Situation: Ich gehe eher unwillig in die diversen Verabredungen und komme froh und glücklich heraus. Das ist so! Das ist eine Tatsache und geschieht im gleichen Verlauf auch heute noch. Ich ging also zu diesem Treffen und hielt meinen Vortrag. Alles war in bester Ordnung, die Menschen nahmen mich interessiert und sehr entgegenkommend auf. Der Abend begann nett und lustig zu werden. Es wurde gegessen, getrunken, gelacht und bald bildeten sich kleine Gesprächsgruppen. Ich jedoch fühlte mich irgendwie als „Außenseiter“, suchte nach einer entsprechenden Gesprächspartnerin und fand sie sehr schnell unter all den vielen für mich fremden Frauen. Sie hieß Liesl und war sehr froh, als ich mich zu ihr setzte. Seltsamerweise nahm sie an den Gesprächen nicht teil, sondern dachte über ganz andere Dinge nach. Das erkannte ich an ihrer Aura. Sie wollte etwas ganz Bestimmtes wissen und war wirklich sehr erstaunt, als ich ihr genau das auf den Kopf zusagte. Sie hatte sich so sehr einen Kontakt mit einem „Medium“ gewünscht – und da war ich! Behutsam stellte ich ihr einige Fragen, äußerst vorsichtig kamen ihre Antworten. Und sehr bald war unser Gespräch ein „Fachgespräch“. Überzeugt war Liesl von meinen medialen Fähigkeiten in dem Augenblick, als ich ihr einiges aus ihrer gegenwärtigen Familiensituation berichten konnte: Woher ich das wohl wusste? Manche meiner Klienten sind wie ein „offenes Buch“ für mich. Sie erlauben es mir, in ihnen zu lesen, und in Büchern gelesen habe ich durch mein ganzes bisheriges Leben mit Freude und großem Interesse. Das Lesen in den menschlichen Seelen allerdings, das ist nicht nur spannend und begeisternd, es ist großartig und ganz, ganz besonders wertvoll. Für mich als „Leserin“ und für die „Gelesenen“ als Lebenshilfe, als Hilfe zur Selbsthilfe! Um es kurz zu machen: Diese Fähigkeit war eines Tages plötzlich, aus heiterem Himmel sozusagen, für mich vorhanden. Es hat allerdings einige Jahre gedauert, bis ich
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