- 7 - Alle anderen Wahrheiten sind bloß Ergänzungen zu dieser Grundwahrheit und helfende Richtlinien zu ihrer Ausführung im Leben des einzelnen. Und nun komme ich zum letzten, nicht minder wichtigen Grunde, weshalb das Christentum auf die heutige Menschheit keinen Eifluß mehr auszuüben scheint. • Das Volk sieht bei seinen geistlichen Führern nicht die praktische Befolgung dessen, was das Christentum lehrt, und was sie selbst predigen. Das gilt von den Geistlichen a l l e r christlichen Religionen. Es gibt Ausnahmen. Aber sie sind verhältnismäßig selten. Wo sind die Geistlichen, die ihr neben Christus stellen könntet, ohne daß sie zu erröten brauchten? Wieviele sind es, die Leid, Armut und Not mit ihren Brüdern und Schwestern tragen? Ihre Gemeindemitglieder sind doch ihre Brüder und Schwestern. Dienen sie diesen, wie es die Weisung Christi ist, oder ist es nicht vielmehr ein Herrschen und Ausnutzen? Tun sie etwas umsonst? Lassen manche sich nicht sogar das Beten bezahlen? Und ihr sonstiger Lebenswandel! Doch darüber will ich jetzt nichts sagen. Über diesen Punkt möchte ich mit dir einmal allein sprechen." Bei diesen Worten wandte er sich zu mir und fuhr fort: "Du willst morgen zu deinen Angehörigen reisen. Diese Reise ist nicht eilig. Bleibe morgen noch hier und komme morgen abend um 19.30 Uhr wieder hierher. Alsdann reden wir beide allein miteinander. Sage also diesem Jungen, aus dem ich spreche, sobald er zu sich kommt, er möge morgen abend um 19.30 Uhr hier sein." Dann machte er Schluß, indem er in einer fremden Sprache betete und die Hände zum Segen erhob mit den Worten: "Seid gesegnet im Namen Gottes! – Grüß Gott!" Nach diesem Gruß fiel der Junge vornüber wie am Anfang der Sitzung, öffnete seine Augen und sah sich verwundert um. Es war ihm unverständlich, daß es schon so spät sei. Von dem vorgefallenen wußte er nichts. Er sagte, es sei ihm so, als habe er lange und gut geschlafen. Er fühlte sich sehr frisch und wohl. Als ich ihm sagte, er möge am anderen Abend um 19.30 Uhr wieder hier sein, erklärte er mir, das sei ihm nicht möglich. Sie hätten morgen eine dringende Arbeit fertigzustellen, und es werde sicher 21.00 Uhr werden, bis er zu Hause sein könne. Das sei gestern bereits von seinem Lehrherrn so angeordnet worden. Trotzdem nahm ich mir vor, meine Reise zu verschieben und am kommenden Abend zu der mir angegebenen Zeit wieder hinzugehen. Als ich nach Schluß der Sitzung zu meiner Wohnung ging, war es mir, als erwachte ich aus einem schweren Traum. Der Mond ergoß seinen Silberschein über die Dächer und die Sterne schauten so ruhig in die klare Nacht. In mir aber schlugen die Flammen meiner Gedanken bergeshoch empor. Ich fühlte, daß dieses Feuer schon die Balken umzüngelte, auf denen mein bisheriges Glaubensgebäude ruhte. Wer sprach die Wahrheit? Die Religion, deren Priester ich war, oder die STIMME aus diesem Jungen?
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