Kapitel 3-5: Der Geisterverkehr im nachapostolischen Zeitalter und in der jetzigen Zeit

- 14 - Als Gottliebin, die wiederum jenes Weib mit dem toten Kind auf den Armen sah, an Blumhardt die Frage richtete, ob sie ihm den Namen nennen solle, lehnte dies Blumhardt entschieden ab. Am folgenden Tag wurde Blumhardt mitgeteilt, Gottliebin liege in tiefer Ohnmacht und sei dem Tode nahe. Er eilte hin und fand sie ganz starr auf dem Bette liegen, die äußere Haut an Kopf und Armen glühend und zitternd, sonst dem Anschein nach am Ersticken. Die Stube war gedrängt voll Menschen, und ein Arzt von einem Nachbarorte, der eben im Dorfe war, versuchte sie zum Leben zu bringen, ging jedoch kopfschüttelnd und ratlos weg. Nach einer halben Stunde erwachte sie. Blumhardt vernahm von ihr, daß sie wieder die Gestalt des Weibes mit dem toten Kinde gesehen habe, aber sofort bewußtlos umgefallen sei. Nun brachte er das Mädchen aus dem Hause weg und ließ es bei einer zuverlässigen Familie Wohnung nehmen. Dort durfte niemand, nicht einmal ihre Geschwister, sie besuchen. Seine inneren Empfindungen schildert Blumhardt mit folgenden Worten: "Ein besonderes Grauen hatte ich vor Erscheinungen des Somnambulismus, die so häufig ein ärgerliches Aufsehen erregen und so wenig Gutes bisher gestiftet haben. Und da immerhin ein geheimnisvolles und gefährliches Feld sich hier eröffnete, so konnte ich nicht umhin, in meinen einsamen Gebeten die Sache dem Herrn zu empfehlen, ihn bittend, doch ja vor allen Torheiten und Verirrungen, in welche man verwickelt werden könnte, mich und andere zu bewahren. Tiefbekümmert waren wir, daß der Teufel noch so viel Macht haben sollte und daß solche von niemand erkannte Satansnetze über die Menschheit sollten ausgebreitet sein. Unser herzliches Mitleid betraf nicht bloß die arme Person, deren Jammer wir vor uns sahen, sondern wir jammerten und seufzten vor Gott über die Millionen, die von Gott abgewichen, in die heimlichen Bande der Zauberei verstrickt werden. Wir beteten, daß Gott doch wenigstens in diesem Falle uns Sieg geben und Satan unter unsere Füße treten wolle." Aber auch in der anderen Wohnung, in der sich jetzt Gottliebin befand, begann die Sache von neuem. Gottliebin verfiel, sobald man etwas an Gepolter und Schlägen vernahm, sofort in heftige Zuckungen. Diese wurden immer stärker und andauernder. Eines Tages, als die Krämpfe so heftig wurden, daß die Bettstelle auseinanderging, sagte der anwesende Arzt Dr. Späth unter Tränen: "Man sollte meinen, es sei gar kein Seelsorger im Orte, daß man die Kranke so liegen läßt. D a s i s t n i c h t s N a t ü r l i c h e s . " Blumhardt ließ sich diese Worte des Arztes zu Herzen gehen und besuchte Gottliebin häufiger. Als er einmal mit Dr. Späth zusammen bei ihr war, zitterte ihr ganzer Leib, jeder Muskel am Kopf und an den Armen war in glühender Bewegung, wiewohl sie sonst starr und steif dalag. Dabei floß häufig Schaum aus ihrem Munde. So lag sie schon mehrere Stunden da. Der Arzt, der noch nie etwas Ähnliches erlebt hatte, schien ratlos zu sein. Da erwachte sie plötzlich, konnte sich aufrichten, Wasser trinken, und kaum konnte man glauben, daß sie die nämliche Person sei. Mit jedem Tag wurde es Blumhardt klarer, daß hier etwas Dämonisches im Spiele sei. Wie auf eine innere Eingebung hin trat er nun eines Tages bei einer solchen Gelegenheit auf die Kranke zu, faltete ihre vom Starrkrampf befallenen Hände mit Gewalt zum Gebete, rief ihr in ihrem bewußtlosen Zustande ihren Namen laut ins Ohr und sprach: "Lege die Hände zusammen und bete: Herr Jesu, hilf mir! Wir haben lange genug gesehen, was der Teufel tut; nun wollen wir auch sehen, was Jesus vermag." Nach wenigen Augenblicken erwachte sie, sprach betend die Worte nach, und alle Krämpfe hörten auf, zum großen Erstaunen der Anwesenden. Das war für Blumhardt, wie er selbst bekennt, der Wendepunkt seines Lebens. Darauf hatte die Kranke mehrere Stunden Ruhe. Dann aber wiederholten sich die Krämpfe in noch viel schlimmerer Weise. Wiederum ließ Blumhardt sie die Bitte aussprechen: Her Jesu, hilf mir! Und wieder ließen die Krämpfe augenblicklich nach.

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